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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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unsere kleine Marie über den Winter gebracht«, antwortete sie. »Am Tag ihrer Geburt hatte ich kaum Hoffnung für sie.«
    Cædmon nickte. Viele Kinder waren gestorben, in manchen Familien gar zwei oder drei. »Ich weiß, ich sollte glücklicher sein. Trotzdem. Ich kann immer noch nicht richtig fassen, wie es zu all dem kommen konnte. Daß wir so mir nichts, dir nichts ins Elend geraten konnten.« Er sprach bedächtig und leise, aber er hatte Mühe, seinen Zorn zu beherrschen. »Ist das wirklich alles, was es mir eingebracht hat, zwanzig Jahre meines Lebens William, diesem gottverfluchten Bastard, zu schenken?«
    Aliesa legte den Arm um seine Taille und folgte seinem Blick, sah auf die Wiesen und die Felder mit der fetten, schwarzen Erde hinaus und weiter bis zum Fluß. »Was sonst hättest du tun können? Du hast immer gesagt, daß jeder, der dazu in der Lage ist, seinen Beitrag zur Verständigung zwischen Engländern und Normannen leisten muß. Das hast du, mehr als jeder andere. Und der König hat dir auf die einzige Art gedankt, die er versteht. Du hältst mehr Land in East Anglia, als irgendeiner deiner Vorfahren je hatte.«
    »Das ist wahr. Aber wem er viel gibt, von dem nimmt er auch viel. Er hat uns in den letzten Jahren so ausgepreßt, daß wir keinerlei Rücklagen hatten.« Er hob seufzend die Hände und ließ sich auf die Truhe unter dem Fenster sinken. »Wahrscheinlich habe ich alles falsch gemacht. Etienne hatte recht. Ich hätte Sheriff von Norfolk werden können. Dann stünde ich anders da, das kannst du mir glauben. Lucien und Beatrice und ihre Kinder haben jedenfalls den Gürtel nicht enger schnallen müssen.«
    Aliesa setzte sich neben ihn und nahm kopfschüttelnd seine Hand. »Was für einen Unsinn du redest, Cædmon. Du hast das Amt nicht gewollt, weil du nicht der verlängerte Arm des Königs sein wolltest. Die Entscheidung ist heute noch genauso richtig wie eh und je. Und ich bin sicher, wenn der König es dir heute anböte, würdest du ablehnen.«Er dachte darüber nach und nickte langsam. »Solange William König ist, ja, vermutlich.«
    Sie hob die Schultern. »Also? Was quält dich?«
    Er sah verlegen auf seine Schuhspitzen hinab. »Dein Bruder hat mir ein paar häßliche, aber leider wahre Dinge gesagt, als ich letzten Monat bei ihm war. Daß du nie in eine solche Lage geraten wärest, wenn du keinen Engländer geheiratet hättest. Daß du unter deinem Stand geheiratet hast. Und daß Etienne dir mehr zu bieten gehabt hat.«
    Sie lachte leise, legte die Arme um seinen Hals und sah ihn an. Die graugrünen Augen leuchteten, schienen beinah zu sprühen von einer Heiterkeit, die er nicht so recht verstand, und dann drückte sie die Lippen auf sein Ohr und flüsterte: »Aber ich wollte dich .«
Rouen, Juli 1087
    Der Hof der großen Burg glich einem Ameisenhaufen, in den ein mutwilliges Kind einen Stock gestoßen hatte. Es wimmelte von Soldaten, Pferden und Karren, und alle schienen ziellos umherzulaufen.
    »Grundgütiger Himmel, welch ein unnormannisches Durcheinander«, murmelte Cædmon verwundert und saß ab.
    Seine Housecarls folgten seinem Beispiel und sahen sich neugierig um. Der eine oder andere hatte staunend den Mund geöffnet. Sie alle waren zum erstenmal in der Normandie und hatten nie zuvor eine so gewaltige Burg gesehen.
    Cædmon tippte Odric auf die Schulter und wies nach links. »Dort hinten ist der Pferdestall. Ihr werdet vermutlich keinen Platz für die Tiere mehr finden, aber vielleicht jemanden, der euch sagen kann, wo ihr sie hinbringen könnt. Bleibt zusammen und fangt keinen Streit mit den normannischen Söldnern an. Nach der Vesper treffen wir uns hinter der Kapelle, und ich werde euch hoffentlich sagen können, wo ihr die müden Häupter betten könnt.«
    Odric nahm ihm Frisons Zügel aus der Rechten. »In Ordnung, Thane.« Cædmon wandte sich ab, kämpfte sich durch das Gewühl zum Eingang des Turms und stieg die Treppe zur Halle hinauf. Auch hier ging es zu wie auf dem Jahrmarkt, aber einer der ersten Menschen, den Cædmon entdeckte, war sein Bruder.
    »Eadwig!«
    Eadwig sah stirnrunzelnd auf und strahlte, als er ihn erkannte. »Willkommen in der schönen Normandie, Thane.«
    »Heißen Dank, aber ich wäre viel lieber zu Hause geblieben.«
    Eadwig grinste und klopfte ihm die Schulter. »Wer wär’ das nicht. Doch wir können den König ja schlecht nur mit diesen normannischen Schlappschwänzen in den Krieg ziehen lassen, oder?«
    Sie setzten sich auf eine Bank, wo gerade

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