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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Falkenhorst gethan hatte.
    Die Jagd in der Umgebung des Thales und der Fischfang im Bache und zwischen den Uferfelsen, den sie mittels einfacher, aus Nägeln hergestellter Angelhaken betrieb, ferner eßbare Schotenfrüchte und Beeren, die ihr verschiedene Büsche lieferten, und endlich mehrere in den drei auf den Schiffbruch folgenden Tagen aus Land geworfene Kisten mit Conserven nebst einigen Fäßchen mit Wein gestatteten der jungen Engländerin eine willkommene Abwechslung in ihrer Nahrung, die anfänglich aus Wurzeln und Muschelthieren bestanden hatte.
    Wie lange lebte nun Jenny Montrose in dieser Weise auf dem Rauchenden Felsen, bis endlich der Tag ihrer Erlösung kam?
    Zuerst hatte sie gar nicht daran gedacht, weder die Tage, noch die Wochen zu zählen. Dadurch aber, daß sie sich an gewisse Vorkomnisse erinnerte und für diese die dazwischen vergangene Zeit berechnete, gelang es ihr, die seit dem Untergange des »Dorcas« verstrichenen Monate annähernd genau zu bestimmen. Ihrer Ansicht nach hatte ihr Aufenthalt hier gegen zweiundeinhalb Jahre gedauert, und damit mochte sie wohl recht haben.
    So viele Wochen lang, in der Regenzeit wie in der heißen Jahreszeit, war kein Tag vergangen, ohne daß das junge Mädchen den weiten Horizont überblickt hatte, doch niemals hob sich ein Segel von dem Himmel dahinter ab. Vom höchsten Punkte der Insel aus und bei heiterer Witterung glaubte sie jedoch im Osten Land zu erkennen. Doch wie hätte sie dahingelangen können, und welches Land mochte es wohl sein?
    Herrschte hier innerhalb der Tropenzone auch niemals eine strengere Kälte, so hatte Jenny doch in der Regenzeit recht schwer zu leiden. Sie mußte sich dann in der gleich am ersten Tage entdeckten Höhle aufhalten und konnte niemals jagen oder fischen gehen, so daß ihr zuweilen ein empfindlicher Nahrungsmangel drohte. Zum Glück konnte sie mit Eiern, die sich zahlreich zwischen nahen Felsenspalten fanden, mit Muscheln, die sie dicht am Fuße der Höhle einsammelte, und mit mancherlei für diese Zeit aufbewahrten Früchten wenigstens ihr Leben fristen.
    Kurz, jedenfalls waren schon mehr als zwei Jahre verstrichen, als ihr – gleich einer Eingebung des Himmels – der Gedanke kam, am Fuße eines Albatros, den sie gefangen hatte, ein Stück Leinen mit der Mittheilung ihrer Existenz auf dem Rauchenden Felsen zu befestigen. Die Lage dieses Felsens auch nur anzudeuten, war sie freilich nicht imstande. Sobald sie den Vogel freigelassen hatte, flog dieser in der Richtung nach Nordosten davon, kehrte wahrscheinlich aber niemals nach dem Rauchenden Felsen zurück.
    Mehrere Tage vergingen, ohne daß er wieder erschien. Die schwache Hoffnung, die das junge Mädchen auf diesen Versuch gesetzt hatte, war allmählich erloschen. Dennoch wollte sie nicht verzweifeln. Wurde die ersehnte Hilfe ihr nicht auf diesem Wege zu theil, so würde sie schon auf einem anderen kommen.
    So lautete der eingehende Bericht, den Jenny der Familie Zermatt erstattete. Wiederholt lockte sie dabei den Anderen Thränen aus den Augen, denn es war unmöglich, ihr ohne tiefe Rührung zuzuhören, und immer wieder küßte Betsie die ihr neugeschenkte Tochter, um ihre feuchten Augen zu verbergen.
    Nun war noch von Fritz zu hören, wie er den Rauchenden Felsen gefunden hatte.
    Wie der Leser schon weiß, war Fritz beim Verlassen der Perlenbucht in seinem Kajak der Schaluppe zuerst vorausgefahren und hatte seinem Vater dann einen Zettel eingehändigt, mit dem er ihm mittheilte, daß er sich zur Aufsuchung der jungen Engländerin aufmachen wolle. Nachdem die beiden Fahrzeuge das Bogengewölbe passirt hatten, folgte er nicht weiter der Küste im Osten, sondern schlug die entgegengesetzte Richtung ein.
    Der Küstenstrich war mit Rissen übersäet und wurde von gewaltigen Felsmassen eingerahmt. Hinter diesen zeigten sich ebenso prächtige Bäume, wie die bei Waldegg oder bei Eberfurt. Zahlreiche Wasserläufe ergossen sich im Grunde kleiner Einbuchtungen. Diese nordwestliche Küste glich im übrigen aber nicht der, die sich zwischen der Rettungs-und der Nautilusbucht hin ausdehnte.
    Die am ersten Tage sehr starke Wärme nöthigte Fritz, einmal anzulegen und im Schatten Erquickung zu suchen. Er mußte dabei auch nicht geringe Vorsicht beobachten, denn mehrere Flußpferde, die sich an den Mündungen der Wasserläufe tummelten, hätten seinen Kajak gar zu leicht zerstören können.
    Sobald er nahe dem Saume eines dichten Gehölzes ans Land gegangen war, zog er deshalb

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