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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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bitteren Pulver, während er die Treppe hinunterging. Böser Fehler. Das entzog seinem Mund auch
noch das letzte Tröpfchen Speichel, und er konnte weder schlucken noch sprechen. Der Dienst
habende Sergeant trank gerade Tee aus einem Styroporbecher. Rebus riss ihm den Becher aus der
Hand und nahm einen großen Schluck von der lauwarmen Brühe. Dann verzog er das Gesicht.
»Wie viel Zucker hast du denn da rein getan, Jack?«
»Wenn ich gewusst hätte, dass du zum Tee kommst, John, hätte ich ihn genau so gemacht, wie du ihn
magst.«
Der Dienst habende Sergeant hatte immer eine schlagfertige Antwort parat, und Rebus fiel nie
etwas Passendes ein, mit dem er kontern konnte. Er gab den Becher zurück und ging hinaus. Er
merkte geradezu, wie der Zucker in ihm klebte.
Ich rühre keinen Tropfen mehr an, dachte er, als er seinen Wagen startete. Ich schwör's bei Gott,
höchstens ab und zu mal ein Glas Wein.
So viel muss erlaubt sein. Aber keine Besäufnisse mehr, und ich werde nie mehr Wein und Schnaps
durcheinander trinken. Okay? Also hilf mir, Gott, und befreie mich von diesem Kater. Ich hab doch
nur ein Glas Cognac getrunken, vielleicht zwei Gläser Bordeaux und ein Glas Chablis. Einen Gin
Tonic. Das ist doch kaum der Rede Wert, noch längst kein Fall für die Ausnüchterungszelle.
Auf den Straßen war es ruhig. Wenigstens eine Wohltat. Davon ging's ihm zwar nicht besser, aber
es war immerhin etwas. Auf diese Weise war er ziemlich schnell in Pilmuir, doch dann fiel ihm
ein, dass er ja nicht wusste, wo Charlie wohnte. Charlie, der Mensch, mit dem er reden musste, um
an die Adresse eines Hexenzirkels heranzukommen. Eines Zirkels, der weiße Magie praktizierte. Er
wollte die Hexereigeschichte noch einmal überprüfen. Außerdem wollte er Charlie noch einmal
überprüfen. Aber Charlie sollte nicht wissen, dass er überprüft wurde.
Die Sache mit der Hexerei machte ihm zu schaffen. Rebus glaubte an Gut und Böse, und er glaubte,
dass törichte Menschen sich vom Bösen angezogen fühlen konnten. Er wusste einiges über heidnische
Religionen, hatte Bücher darüber gelesen, die dicker und ernster waren, als ihnen gut tat. Er
hatte nichts dagegen, wenn Leute die Erde anbeteten oder was auch immer. Letztlich lief es alles
auf das Gleiche hinaus. Aber er hatte etwas dagegen, wenn Leute das Böse als Macht anbeteten, und
sogar noch mehr als das, als Wesen nämlich. Und besonders missfiel es ihm, wenn es die
Leute nur um des »Kicks« willen taten, ohne zu wissen oder darüber nachzudenken, worauf sie sich
da eigentlich einließen.
Leute wie Charlie. Ihm fiel wieder das Buch mit den Gemälden von Giger ein. Satan zwischen zwei
Waagschalen, rechts und links eine nackte Frau. Die Frauen wurden von riesigen Bohrern
penetriert. Satan war ein Bockskopf mit einer Maske...
Doch wo mochte Charlie jetzt sein? Er würde es herausfinden.
Anhalten und fragen. An Türen klopfen. Vorsichtig mit Strafe drohen, sollten Informationen
vorenthalten werden. Wenn nötig, würde er den großen bösen Polizisten spielen.
Doch dann stellte sich heraus, dass er nichts dergleichen tun musste.
Er stieß nämlich auf zwei Police Constables, die vor einem der mit Brettern verrammelten Häuser
herumstanden, nicht allzu weit von dem Haus entfernt, in dem Ronnie gestorben war. Einer der
Constables sprach in ein Funkgerät. Der andere schrieb in ein Notizbuch. Rebus hielt sein Auto an
und stieg aus. Dann fiel ihm etwas ein. Er beugte sich ins Auto zurück und zog seinen
Schlüsselbund aus dem Zündschloss. In dieser Gegend konnte man nicht vorsichtig genug sein. Er
schloss sogar noch die Fahrertür ab.
Einen der Constables kannte er. Es war Harry Todd, einer der beiden Männer, die Ronnie gefunden
hatten. Todd nahm Haltung an, als er Rebus sah, doch Rebus machte eine wegwerfende Handbewegung,
und Todd redete weiter in sein Funkgerät. Rebus wandte sich stattdessen an den anderen
Constable.
»Was ist hier los?« Der Constable hielt mit dem Schreiben inne und sah Rebus mit jenem
argwöhnischen, beinah feindseligen Blick an, den uniformierte Polizisten auf einmalige Weise
beherrschen. »Inspector Rebus«, erklärte Rebus. Er fragte sich, wo Todds irischer Kollege
O'Rourke sein mochte.
»Oh«, sagte der Constable. »Also...« Er steckte umständlich seinen Kugelschreiber weg. »Wir
wurden wegen einer häuslichen Auseinandersetzung gerufen. Eine riesige Schreierei. Doch als wir
hier ankamen, war der Mann bereits abgehauen. Die Frau

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