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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Wahrheit. Okay, ich werde Ihnen sagen, was ich weiß
­ und ich betone weiß, denn es gibt eine ganze Menge, das ich nur glaube, und das
ist in diesem Fall nicht ganz dasselbe.«
»Es liegt also ein Verbrechen vor?«
»Das werden Sie mir sagen, wenn Sie mir zugehört haben.« Und nun war es an Rebus, eine Art
»Bericht« abzugeben, die ganze Geschichte, während er sie erzählte, in seinem Kopf noch einmal zu
ordnen. Aber sie war zu bruchstückhaft, zu spekulativ. Er konnte sehen, wie Holmes mit den
einzelnen Versatzstücken kämpfte und versuchte, sich ein Gesamtbild zu machen. Gab es das in dem
Fall überhaupt, ein Gesamtbild?
»Sie sehen also«, resümierte Rebus, »wir haben da einen Junkie, voll gepumpt mit Gift, das er
sich selbst gespritzt hat. Irgendwer hat das Gift besorgt. Blutergüsse an seinem Körper und eine
mögliche Verbindung zu Hexerei. Wir haben eine verschwundene Kamera, einen Krawattenklipp, ein
paar Fotos und eine Freundin, die verfolgt wird. Verstehen Sie mein Problem?«
»Zu viele Ansatzpunkte.«
»Genau.«
»Und was machen wir jetzt?«
Dieses »wir« ließ Rebus aufhorchen. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, dass er in dieser Sache
nicht länger allein war, was auch immer diese Sache sein mochte. Der Gedanke heiterte ihn
ein wenig auf, auch wenn jetzt allmählich der Kater einsetzte, dieses unendlich langsame, dumpfe
Pochen in beiden Schläfen.
»Ich werde mich mit jemandem treffen, der mir etwas über Hexenzirkel erzählen kann«, sagte er.
Plötzlich war er sicher, wie die nächsten Schritte aussehen mussten. »Und Sie werden Huttons
Fotostudio einen Besuch abstatten.«
»Das klingt vernünftig.«
»Das sollte es verdammt noch mal auch«, sagte Rebus. »Ich bin derjenige mit Köpfchen, Brian. Und
Sie sind der mit den Schuhsohlen. Melden Sie sich später noch mal bei mir und berichten Sie, was
Sie erreicht haben. Und jetzt ziehen Sie Leine.«
Rebus hatte eigentlich nicht so unfreundlich sein wollen. Doch gegen Ende hatte der jüngere Mann
einen etwas zu vertraulichen, zu verschwörerischen Tonfall angenommen, so dass Rebus das
Bedürfnis gehabt hatte, die Grenzen neu abzustecken. Alles nur sein Fehler, wurde ihm klar, als
sich die Tür hinter Holmes schloss. Sein Fehler, weil er so geschwätzig und vertrauensselig
gewesen war, alles erzählt hatte, und weil er Holmes mit dem Vornamen angeredet hatte. Daran war
nur dieses verdammte Mittagessen schuld. Nennen Sie mich Finlay, nennen Sie mich James, nennen
Sie mich Tommy... Egal, es würde sich schon alles regeln. Am Anfang war alles gut gelaufen, dann
weniger gut. Es konnte immer noch schlimmer kommen, was Rebus im Übrigen ganz recht war. Er
mochte ein gewisses Maß an Feindseligkeit, an Konkurrenzkampf. Das waren klare Pluspunkte in
seinem Job.

Rebus war also doch ein Schweinehund.
Brian Holmes verließ zornigen Schrittes die Polizeiwache, die Hände in den Taschen zu Fäusten
geballt. Die Knöchel ganz rot. Sie sind der mit den Schuhsohlen. Das hatte ihn mit einem
Schlag auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht, als er gerade glaubte, sie würden sich so gut
verstehen. Beinah wie menschliche Wesen und nicht wie Polizisten.
Hättest es besser wissen müssen, Brian. Und was den Grund für diese ganze Mühe betraf... Da
lohnte es sich kaum, drüber nachzudenken. Es war alles so fadenscheinig, so typisch für Rebus.
Das war überhaupt keine Polizeiarbeit. Hier hatte er einen Inspector vor sich, der im Augenblick
nichts Richtiges zu tun hatte und sich die Zeit vertrieb, indem er ein bisschen Philip Marlowe
spielte. Dabei könnten sie doch beide ihre Zeit besser nutzen. Nun ja, Holmes zumindest. Er hatte
nicht irgendeine gemütliche Anti-Drogen-Kampagne vor sich. Und dass man ausgerechnet Rebus dazu
genommen hatte! Sein Bruder saß wegen Rauschgifthandel in Peterhead. War der größte Dealer in
Fife gewesen.
Das hätte Rebus' Karriere für immer und ewig beenden müssen, stattdessen hatte man ihn befördert.
Es war schon eine schlimme Welt.
Und er musste einem Fotografen einen Besuch abstatten. Vielleicht könnte er sich bei der
Gelegenheit gleich ein paar Passfotos machen lassen. Seine Sachen packen und nach Kanada,
Australien oder in die Staaten fliegen. Scheiß auf seine Wohnungssuche. Scheiß auf die Polizei.
Und Scheiß auf Detective Inspector Rebus mit seiner Hexenjagd.
Jetzt hatte er sich Luft gemacht.

In einer seiner chaotischen Schubladen fand Rebus ein paar Aspirin und zerkaute sie zu einem

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