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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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ihn zu verschwenden.«
»Und im günstigsten Fall?«
»Im günstigsten Fall?« Neil starrte in die Finsternis hinein und versuchte, Rebus' Blick
aufzufangen. »Den gibt es nicht.«
»Vermutlich nicht«, sagte Rebus. »Aber sie müssen trotzdem benachrichtigt werden.«
»Ich weiß. Das war mir von Anfang an klar.«
»Warum haben Sie mich dann trotzdem verfolgt?«
»Weil Sie Ronnie jetzt näher sind als ich. Ich weiß nicht, warum Sie sich so sehr für ihn
interessieren, aber das tun Sie. Und das interessiert mich wiederum. Ich will, dass Sie
herausfinden, wer ihm das Gift verkauft hat.«
»Das habe ich auch vor, mein Junge, keine Sorge.«
»Und ich möchte Ihnen dabei helfen.«
»Das ist der erste Blödsinn, den Sie von sich gegeben haben. Gar nicht schlecht für einen
Constable. Ehrlich gesagt, Neil, Sie wären das Schlimmste, was ich mir antun könnte. Ich habe
alle Hilfe, die ich zurzeit brauche.«
»Von wegen zu viele Köche und so?«
»So was in der Richtung.« Rebus kam zu dem Schluss, dass die Beichte beendet war und es nicht
mehr viel zu sagen gab. Er löste sich vom Fenster, ging zur Tür und blieb direkt vor Neil stehen.
»Sie haben mir die Arbeit bereits schon schwerer gemacht als nötig. Sie riechen nicht nach Bulle,
sondern nach Fisch. Genau gesagt nach roten Heringen. Und wissen Sie, was das bedeutet?«
»Was?«
»Sie haben mich auf eine falsche Spur geführt, mein Junge.«
Von unten kam ein Geräusch. Diese knarrenden Dielen waren besser als jeder Infrarot-Alarm. Rebus
knipste die Taschenlampe aus.
»Bleiben Sie hier«, flüsterte er. Dann ging er bis zur obersten Treppenstufe. »Wer ist da?« Unter
ihm tauchte ein Schatten auf. Er schaltete die Taschenlampe an und leuchtete in Tony McCalls
blinzelndes Gesicht.
»Mein Gott, Tony.« Rebus begann, die Treppe hinunterzugehen.
»Hast du mich erschreckt.«
»Ich wusste, dass ich dich hier finden würde«, sagte McCall. »Ich wusste es einfach.« Seine
Stimme klang näselnd, und Rebus nahm an, dass McCall immer weiter getrunken hatte, seit sie sich
vor etwa drei Stunden getrennt hatten. Er blieb auf der Treppe stehen, dann drehte er sich um und
ging wieder hinauf.
»Wo gehst du denn nun schon wieder hin?«, rief McCall.
»Ich mach bloß die Tür zu«, sagte Rebus, schloss die Tür von Ronnies Zimmer und ließ Neil
drinnen. »Wir wollen doch nicht, dass die Geister sich erkälten, oder?«
McCall kicherte, während Rebus wieder die Treppe hinunterging.
»Dachte, wir genehmigen uns einen Schluck«, sagte er. »Und nicht dieses verdammte alkoholfreie
Zeug, das du heute Mittag geschlürft hast.«
»Gute Idee«, sagte Rebus und manövrierte McCall geschickt zur Haustür hinaus. »Das machen wir.«
Dann schloss er die Tür hinter sich ab. Ronnies Bruder würde schon eines der vielen Schlupflöcher
kennen, durch die man problemlos ins Haus kam und wieder hinaus. Schließlich schien die jeder zu
kennen.
Jeder.
»Wohin?«, fragte Rebus. »Ich hoffe, du bist nicht mit dem Auto hier.«
»Hab mich von einem Streifenwagen absetzen lassen.«
»Gut. Dann nehmen wir mein Auto.«
»Wir könnten runter nach Leith fahren.«
»Nein, lieber was Zentraleres. Es gibt ein paar gute Pubs in der Regent Road.«
»Am Galten Hill?« McCall war verblüfft. »Mein Gott, John, ich könnte mir aber was Netteres
vorstellen, um einen trinken zu gehen.«
»Ich nicht«, sagte Rebus. »Komm schon.«

Nell Stapleton war die Freundin von Holmes. Holmes hatte schon immer eine Vorliebe für große
Frauen gehabt, was er auf seine Mutter zurückführte, die einsfünfundsiebzig gewesen war. Nell war
noch fast zwei Zentimeter größer als Holmes' Mutter, trotzdem liebte er sie.
Nell war intelligenter als Holmes. Oder ihre Intelligenz lag auf unterschiedlichen Gebieten, wie
er es gern darstellte. An guten Tagen konnte Nell das kryptische Kreuzworträtsel im Guardian in weniger als einer Viertelstunde lösen. Aber sie hatte Probleme mit dem Rechnen
und konnte sich schlecht Namen merken ­ beides Stärken von Holmes. Die Leute fanden, dass sie ein
schönes Paar wären und offenbar wunderbar zueinander passten. Sie kamen auch gut miteinander aus,
da ihre Beziehung auf mehreren einfachen Regeln basierte: nicht von Heirat reden, kein Gedanke an
Kinder, keinerlei Andeutung, man könnte vielleicht zusammenziehen, und auf keinen Fall den
anderen betrügen.
Nell arbeitete als Bibliothekarin bei der Universität von Edinburgh, was Holmes sehr praktisch
fand. So hatte er sie heute

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