Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
beispielsweise gebeten, ihm ein paar Bücher über Okkultismus
herauszusuchen. Sie hatte sogar ein bis zwei Dissertationen ermittelt, die er in der Bibliothek
lesen konnte, wenn er wollte. Außerdem hatte sie eine Liste einschlägiger Titel zusammengestellt,
die sie ihm gab, als sie sich an diesem Abend im Pub trafen.
Im Bridge of Sighs war, wie in den meisten Pubs in der Innenstadt, um diese Zeit nicht viel los.
Es war mitten in der Woche und der Abend war noch nicht weit genug fortgeschritten. Die
Einen-Drink-nach-Feierabend-Gäste hatten bereits die Jacketts über den Arm geworfen und waren
gegangen, während die zu neuem Leben erwachten Nachtschwärmer noch den Bus von ihren
Wohnsiedlungen in die Innenstadt kriegen mussten. Nell und Holmes saßen an einem Ecktisch, weit
genug entfernt von den Videospielgeräten, aber ein wenig zu nahe an einem der Lautsprecher der
Stereoanlage. Als Holmes an die Theke ging, um für sich ein weiteres Halfpint und für Nell ein
Glas Orangensaft mit Perrier zu holen, fragte er, ob man die Musik nicht leiser stellen
könnte.
»Tut mir Leid, kann ich nicht. Den Gästen gefällt das.«
»Wir sind die Gäste«, beharrte Holmes.
»Dann müssen Sie mit dem Manager reden.«
»Okay.«
»Er ist noch nicht da.«
Holmes warf der jungen Frau hinter der Theke einen giftigen Blick zu, bevor er zu seinem Tisch
zurückging. Was er dort sah, ließ ihn kurz innehalten. Nell hatte seine Aktenmappe geöffnet und
betrachtete das Foto von Tracy.
»Wer ist das?«, fragte Nell und schloss die Mappe.
»Hat mit einem Fall zu tun, an dem ich gerade arbeite«, sagte er eisig.
»Wer hat dir erlaubt, meine Aktenmappe zu öffnen?«
»Regel Nummer sieben, Brian, keine Geheimnisse.«
»Trotzdem...«
»Ganz hübsch, nicht wahr?«
»Was? Ich hab sie mir wirklich noch nicht...«
»Ich hab sie schon häufiger an der Uni gesehen.«
Jetzt war sein Interesse geweckt. »Tatsächlich?«
»Mmm. In der Cafeteria der Bibliothek. Ich kann mich deshalb an sie erinnern, weil sie älter
aussah als die anderen Studenten, mit denen sie zusammen war.«
»Sie ist also Studentin?«
»Nicht unbedingt. In die Cafeteria kommt jeder rein. Nur für die Bibliothek selbst muss man einen
Studentenausweis haben, aber ich kann mich nicht erinnern, sie je dort gesehen zu haben. Nur in
der Cafeteria. Was hat sie denn angestellt?«
»Nichts, soweit ich weiß.«
»Weshalb hast du dann ein Nacktfoto von ihr in deiner Aktenmappe?«
»Hängt mit einem Auftrag zusammen, den ich von Inspector Rebus bekommen habe.«
»Du sammelst für ihn also unanständige Fotos?«
Jetzt lächelte sie, und er lächelte ebenfalls. Sein Lächeln erstarb, als Rebus und McCall das Pub
betraten und über irgendeinen Scherz lachten, während sie zur Theke gingen. Holmes wollte nicht,
dass Rebus und Nell sich begegneten. Er bemühte sich sehr, sein Polizeileben hinter sich zu
lassen, wenn er sich abends mit ihr traf ­ abgesehen von solchen Gefälligkeiten wie die
Bücherliste über Okkultismus. Außerdem wollte er Nell als Trumpfkarte in der Hinterhand behalten,
damit er Rebus jederzeit eine fertige Bücherliste überreichen konnte, sollte er je so etwas
brauchen.
Und jetzt sah es so aus, als würde Rebus ihm alles versauen. Und es gab noch einen weiteren
Grund, weshalb er nicht wollte, dass Rebus an ihren Tisch geschlendert kam. Er hatte Angst, dass
Rebus ihn Schuhsohle nennen würde.
Er hielt den Blick auf den Tisch gerichtet, als Rebus sich mit einer einzigen Drehung des Kopfes
in der Bar umsah, und war erleichtert, als die beiden höheren Beamten mit ihren Drinks zu dem
Pool-Tisch hinübergingen, wo sie sich darüber zu streiten anfingen, wer die beiden
Fünfundzwanzig-Pence-Münzen für das Spiel spendieren sollte.
»Was ist los?«
Nell starrte ihn an. Dazu musste sie den Kopf fast auf den Tisch legen, weil er den Blick immer
noch gesenkt hatte.
»Nichts«, sagte er. Jetzt drehte er sich ganz zu ihr um, so dass für den übrigen Raum nur die
Silhouette seines Hinterkopfes zu sehen war.
»Hast du Hunger?«
»Eigentlich schon.«
»Ich auch.«
»Ich dachte, du hättest schon gegessen.«
»Aber nicht genug. Komm, ich lade dich zum Inder ein.«
»Lass mich erst austrinken.« Das tat sie in drei Schlucken. Dann gingen sie zusammen hinaus, und
die Tür fiel leise hinter ihnen zu.
»Kopf oder Zahl?«, fragte Rebus McCall und warf eine Münze in die Luft.
»Zahl.«
Rebus betrachtete die Münze. »Zahl. Du fängst an.«
Während McCall sein Queue

Weitere Kostenlose Bücher