Das zweite Zeichen
sollten, und das hatten
sie getan... Mein Gott, John, du wirst ja schon wieder ganz morbide. Bloss weil sie mit einem
hohlköpfigen Diskjockey mit dem unglaublichen Namen Calum McCallum abgezogen ist. Davon ging doch
die Welt nicht unter. Es fielen keine Bomben. Kein Sirenengeheul erfüllte die Luft.
Nichts als... Ronnie, Tracy, Charlie, James und die anderen. Und jetzt Hyde. Rebus begriff
allmählich, was es hieß, völlig kaputt zu sein.
Er entspannte seine nackten Gliedmaßen in dem beinah kochend heißen Wasser und schloss die
Augen.
----
DONNERSTAG
Dieses freiwillige Gefängnis... mit seinem unergründlichen Einsiedler.
Völlig kaputt. Holmes gähnte wieder, konnte sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten.
Ausnahmsweise war er vor dem Wecker wach gewesen und kehrte gerade mit einer Tasse Nescafé ins
Bett zurück, als das Radio losplärrte. Furchtbar, jeden Morgen so geweckt zu werden.
Wenn er noch eine halbe Stunde Zeit hätte, würde er das verdammte Ding auf Radio Three oder einen
ähnlichen Sender umstellen. Nur wusste er, dass Radio Three ihn sofort wieder einschlummern
lassen würde, während die Stimme von Calum McCallum und die nervigen Platten, die er zwischen
Gejohle und Jingles und miesen Witzen spielte, ihn sofort senkrecht im Bett sitzen und mit den
Zähnen knirschen ließen.
Ein perfekter Start in den neuen Tag.
Heute Morgen hatte er diese dumme, selbstgefällige Stimme ausgetrickst. Er schaltete das Radio
aus.
»Hier«, sagte er. »Kaffee. Zeit aufzustehen.«
Nell hob den Kopf ein wenig vom Kissen und blinzelte ihn an.
»Ist es schon neun?«
»Noch nicht ganz.«
Sie kuschelte sich wieder ins Kissen und stöhnte leise.
»Gut. Weck mich noch mal, wenn's so weit ist.«
»Trink deinen Kaffee«, ermahnte er sie und berührte sie an der Schulter. Ihre Schulter war
verführerisch warm. Er gestattete sich ein wehmütiges Lächeln, dann drehte er sich um und verließ
das Schlafzimmer. Er war bereits zehn Schritte gegangen, da drehte er sich erneut um und ging
zurück. Nells Arme waren lang, gebräunt und einladend geöffnet.
Trotz des Frühstücks, das er ihr in die Zelle gebracht hatte, war Tracy stinksauer auf Rebus.
Besonders, als er ihr erklärte, dass sie jederzeit gehen könnte, wenn sie es wollte, dass sie
nicht unter Arrest stünde.
»Das nennt man Schutzhaft«, sagte er zu ihr. »Schutz vor den Männern, die dich verfolgt
haben. Schutz vor Charlie.«
»Charlie...« Bei diesem Namen beruhigte sie sich ein wenig und berührte ihr blaues Auge. »Aber
warum bist du denn nicht eher gekommen?«, beklagte sie sich. Rebus zuckte die Achseln.
»Viel zu tun«, sagte er.
Jetzt starrte er auf ihr Foto, während Brian Holmes auf der anderen Seite des Schreibtischs saß
und vorsichtig Kaffee aus einem angeschlagenen Becher trank. Rebus wusste nicht, ob er Holmes
dankbar sein oder ihn dafür hassen sollte, dass er das hier in sein Büro gebracht hatte, es
einfach vor ihn auf den Schreibtisch gelegt hatte. Ohne ein Wort zu sagen. Keinen guten Morgen,
kein Hallo, wie geht's. Bloß dies. Dieses Foto, diese Nacktaufnahme. Von Tracy.
Rebus hatte die ganze Zeit darauf gestarrt, während Holmes Bericht erstattete. Holmes hatte
gestern hart gearbeitet, und er hatte ein Ergebnis erzielt. Warum also hatte er Rebus in der
Kneipe brüskiert? Wenn er dieses Foto gestern Abend gesehen hätte, würde es ihm nun nicht den
Morgen verderben, ihm nicht die Erinnerung an eine Nacht nehmen, in der er ausnahmsweise gut
geschlafen hatte. Rebus räusperte sich.
»Haben Sie irgendwas über sie herausgekriegt?«
»Nein, Sir«, sagte Holmes. »Ich hab nur das da.« Er deutete mit dem Kopf auf das Foto, sein Blick
war starr. Ich habe dir das da gegeben. Was willst du mehr von mir?
»Ich verstehe«, sagte Rebus mit ruhiger Stimme. Er drehte das Foto um und las das kleine Etikett
auf der Rückseite. Hutton Studios. Eine Telefonnummer. »In Ordnung. Lassen Sie das bitte bei mir,
Brian, ich muss noch darüber nachdenken.«
»Okay«, sagte Holmes und dachte: er hat Brian zu mir gesagt! Er kann heute Morgen noch nicht
klar denken.
Rebus lehnte sich zurück und nippte an seinem eigenen Becher.
Kaffee mit Milch und ohne Zucker. Er war enttäuscht gewesen, als Holmes seinen Kaffee genauso
haben wollte. Dadurch hatten sie etwas gemein. Die gleiche Art, den Kaffee zu trinken.
»Wie läuft die Haussuche?«, fragte er beiläufig.
»Schlecht. Woher wissen Sie...?« Da fiel Holmes ein, dass die Liste der zum
Weitere Kostenlose Bücher