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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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fuhr Vanderhyde fort, »da ich
nicht mehr ausgehe und nur selten Gäste habe, und da ich meines Wissens nie gegen das Gesetz
verstoßen habe, schränkt das die möglichen Gründe für Ihren Besuch ganz erheblich ein. Möchten
Sie wirklich keinen Tee?«
»Lassen Sie sich nicht von mir hindern, sich selbst einen zu machen.«
Rebus hatte den fast leeren Becher auf dem Fußboden neben dem Sessel des alten Mannes entdeckt.
Er sah an seinem eigenen Sessel herunter.
Ein weiterer Becher stand auf dem dezent gemusterten Teppich.
Vorsichtig streckte er den Arm danach aus. Der Becher war unten noch leicht warm und die Stelle
auf dem Teppich, wo er gestanden hatte, ebenfalls.
»Nein«, sagte Vanderhyde. »Ich habe gerade erst einen getrunken. Ebenso wie mein Gast.«
»Ihr Gast?« Rebus klang überrascht. Der alte Mann lächelte und schüttelte nachsichtig mit dem
Kopf. Rebus fühlte sich ertappt, aber er wollte trotzdem weitermachen. »Haben Sie nicht gesagt,
Sie hätten nicht oft Besuch?«
»Ganz so habe ich es, glaub ich, nicht gesagt. Dennoch entspricht es durchaus der Wahrheit. Heute
ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Zwei Besucher.«
»Darf ich fragen, wer der andere Besucher war?«
»Darf ich fragen, Inspector, weshalb Sie hier sind?«
Jetzt war es an Rebus, nickend vor sich hin zu lächeln. Das Blut stieg dem alten Mann in die
Wangen. Rebus hatte es geschafft, ihn zu verärgern.
»Also?« Ungeduld schwang in Vanderhydes Stimme mit.
»Nun ja, Sir.« Rebus erhob sich bedächtig aus dem Sessel und begann, im Zimmer umherzugehen. »Ich
bin im Essay eines Studenten über das Okkulte auf Ihren Namen gestoßen. Überrascht Sie
das?«
Der alte Mann dachte darüber nach. »Es freut mich sogar ein wenig. Schließlich habe auch ich ein
Ego, dass gestreichelt werden will.«
»Aber es überrascht Sie nicht?« Vanderhyde zuckte die Achseln. »In dem Essay werden Sie im
Zusammenhang mit einer in Edinburgh ansässigen Gruppe erwähnt, einer Art Hexenzirkel, der in den
sechziger Jahren aktiv war.«
» Hexenzirkel ist ein ungenauer Begriff, aber das macht nichts.«
»Sie hatten also damit zu tun?«
»Die Tatsache streite ich nicht ab.«
»Nun ja, wenn wir schon von Tatsachen reden, dann muss man sagen, dass Sie eher der Guru dieser
Gruppe waren. Guru mag ein ungenauer Begriff sein.«
Vanderhyde lachte, ein krächzendes, unbehagliches Geräusch.
»Touché, Inspector. Ein Punkt für Sie. Fahren Sie fort.«
»Ihre Adresse herauszufinden war nicht schwierig. Es gibt nicht allzu viele Vanderhydes im
Telefonbuch.«
»Meine Verwandtschaft lebt größtenteils in London.«
»Der Grund für meinen Besuch, Mr. Vanderhyde, ist ein Mord, oder zumindest ein Fall, wo jemand an
dem Ort, wo der Tote gefunden wurde, am Beweismaterial herummanipuliert hat.«
»Interessant.« Vanderhyde legte die Hände zusammen und berührte mit den Fingerspitzen die Lippen.
Es fiel schwer zu glauben, dass dieser Mann blind war. Rebus' Herumgehen schien Vanderhyde
allerdings nicht zur Kenntnis zu nehmen.
»Als die Leiche entdeckt wurde, lag sie mit weit ausgebreiteten Armen da, die Beine
zusammen...«
»Nackt?«
»Nein, nicht ganz. Nur der Oberkörper. Zu beiden Seiten der Leiche brannte eine Kerze, und jemand
hatte auf eine Wand ein Pentagramm gemalt.«
»Sonst noch was?«
»Nein. Außer dass neben der Leiche ein Glas mit ein paar Spritzen stand.«
»Der Tod wurde durch eine Überdosis herbeigeführt?«
»Ja.«
»Hmm.« Vanderhyde erhob sich aus seinem Sessel und ging schnurstracks zum Bücherschrank. Er
öffnete ihn zwar nicht, stand aber so da, als würde er die Titel lesen. »Wenn wir es mit einem
Opfer zu tun haben, Inspector ­ ich nehme an, das ist Ihre Theorie?«
»Eine von vielen, Sir.«
»Also, wenn wir es mit einem Opfer zu tun haben, dann wäre die Todesart sehr ungewöhnlich.
Nein, nicht nur das, von so etwas habe ich noch nie gehört. Zunächst einmal würden nur sehr
wenige Satanisten überhaupt ein Menschenopfer in Betracht ziehen. Viele Psychopathen haben Morde
begangen und sie hinterher als Ritual gerechtfertigt, aber das ist wieder etwas anderes. Doch in
jedem Fall erfordert ein Menschenopfer ­ erfordert jedes Opfer ­ Blut. Bei manchen Riten rein
symbolisch, wie das Blut und der Leib Christi. Bei anderen aber ganz real. Ein Opfer ohne Blut? Das wäre etwas völlig Neues. Und jemandem eine Überdosis zu verabreichen... Nein,
Inspector, die plausiblere Erklärung ist ganz bestimmt, wie Sie bereits sagten, dass jemand

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