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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Schock über
Selbstmord von Immobilienkönig. Nun ja, irgendwas in dieser Richtung. Jim Stevens hätte seinen
Spaß daran gehabt, aber Jim Stevens war in London und dort angeblich mit einer Frau verheiratet,
die halb so alt war wie er.
Rebus bewunderte solche gefährlichen Schritte. Für James Carew hingegen hatte er keinerlei
Bewunderung übrig. In zumindest einem Punkt hatte Watson allerdings Recht: Carew hatte alles, was
man sich wünschen konnte, und Rebus konnte sich nur schwer vorstellen, dass er Selbstmord
begangen hatte, bloß weil er von einem Polizeibeamten auf dem Calton Hill gesehen worden war.
Nein, das mochte vielleicht der Auslöser gewesen sein, aber es musste noch mehr dahinter
stecken.
Etwas, auf das es vielleicht hier in der Wohnung oder in den Geschäfträumen von Bowyer Carew auf
der George Street einen Hinweis gab.
James Carew besaß eine Menge Bücher. Bereits ein erster Blick zeigte, dass es größtenteils
anspruchsvolle Werke in teuren Ausgaben waren, aber sämtlich ungelesen. Ihre Rücken knackten, als
sie nun zum ersten Mal von Rebus geöffnet wurden. Ganz oben rechts im Regal standen einige Titel,
die ihn weitaus mehr interessierten. Bücher von Genet und Alexander Trocchi, eine Ausgabe von
Forsters Maurice und sogar Letzte Ausfahrt Brooklyn. Gedichte von Walt Whitman, der
Text der Torchlight Trilogy. Eine bunte Mischung hauptsächlich schwuler Literatur.
Dagegen war ja nichts zu sagen. Doch dass diese Bücher separat ganz oben im Regal standen, ließ
für Rebus erkennen, dass er es hier mit einem Mann zu tun hatte, der sich seiner selbst schämte.
Dabei gab es dafür doch keinen Grund, nicht in der heutigen Zeit...
Wem wollte er das denn weismachen? Durch Aids war Homosexualität wieder etwas anrüchiger worden,
und indem er aus seinen Neigungen ein Geheimnis machte, hatte Carew sich angreifbar gemacht und
war dadurch leicht zu erpressen gewesen.
Ja, Erpressung. Selbstmörder waren gelegentlich Erpressungsopfer, die keinen Ausweg mehr aus
ihrer Situation gesehen hatten. Vielleicht gab es ja einen Hinweis darauf, einen Brief, eine
Notiz oder Ähnliches.
Irgendwas. Bloß damit Rebus sich beweisen konnte, dass er nicht völlig paranoid war.
Dann fand er es.
In einer Schublade. Dazu noch in einer abgeschlossenen Schublade, aber Carews Schlüsselbund
steckte in seiner Hose. Er war im Schlafanzug gestorben, und seine übrigen Kleidungsstücke waren
nicht zusammen mit der Leiche abtransportiert worden. Rebus holte die Schlüssel aus dem
Schlafzimmer und ging wieder zum Schreibtisch im Wohnzimmer.
Ein prächtiger Schreibtisch, ganz bestimmt ein antikes Stück. Die Oberfläche war kaum groß genug,
um ein DIN-A4-Blatt und einen Ellbogen unterzubringen. Was einst ein nützliches Möbelstück
gewesen war, stand nun als Zierrat in der Wohnung eines reichen Mannes. Rebus zog die Schublade
vorsichtig auf und nahm einen in Leder gebundenen Tischkalender heraus. Eine Seite pro Tag, große
Seiten. Wohl kaum ein normaler Terminkalender, so wie das Ding weggeschlossen war. Eher eine Art
Tagebuch. Rebus schlug es gespannt auf ­ und war sogleich enttäuscht. Die Seiten waren zum
größten Teil unbeschrieben, nur ab und zu fanden sich ein bis zwei Zeilen in Bleistift.
Rebus fluchte.
Immer mit der Ruhe, John. Das ist besser als gar nichts. Er hielt bei einer Seite inne, auf der
etwas stand. Die Bleistifteintragung war schwach, aber deutlich geschrieben. »Jerry, 16.00.« Eine
simple Verabredung. Rebus blätterte zu dem Tag, an dem das Mittagessen in The Eyrie stattgefunden
hatte. Die Seite war leer. Gut. Das bedeutete, dass es hier keine Termine von Geschäftsessen
waren. Es waren überhaupt nur wenige Termine eingetragen. Rebus was sicher, dass Carews Kalender
im Büro randvoll sein würde. Das hier war eine viel privatere Angelegenheit.
»Lindsay, 18.30.«
»Marks, 11.00.« An dem Tag war es aber früh losgegangen, und was war das für ein Name ­ zwei
Personen, die beide Mark hießen? Oder eine Person, deren Nachname Marks war? Vielleicht sogar das
Kaufhaus ...? Die anderen Namen ­ Jerry, Lindsay ­ waren androgyn und anonym. Er brauchte eine
Telefonnummer, einen Ort.
Er blätterte eine weitere Seite um. Und musste zweimal hinsehen, was dort geschrieben stand. Er
fuhr mit dem Finger an den Buchstaben entlang.
»Hyde, 22.00.«
Hyde. Was hatte Ronnie in der Nacht, in der er starb, zu Tracy gesagt? Versteck dich, er ist
hinter mir her? Ja, und auch James hatte ihm den

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