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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wie Hunde sich gegenseitig zerfetzen...«
»Das wirst du ihn selber fragen müssen, Gill. Soll ich dir noch einen Kaffee holen?«
»Um Gottes willen. Ich werde eh kaum schlafen können. Einen Gefallen könntest du mir allerdings
tun, wenn es nicht zu viel Mühe macht.«
»Sprich.«
»Würdest du mich nach Hause bringen?« Rebus nickte bereits zustimmend. »Und in die Arme
nehmen.«
Rebus stand langsam auf, zog seine Jacke an, steckte Papier und Stift in die Tasche und ging zu
Gill hinüber. Sie hatte sich bereits von ihrem Stuhl erhoben, und nun standen sie mitten im Raum
auf Berichten, die gelesen werden mussten, Papieren, die unterzeichnet werden mussten,
Festnahmestatistiken und anderem und umarmten sich fest. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner
Schulter. Er legte das Kinn auf ihren Hals und starrte auf die verschlossene Tür. Mit einer Hand
massierte er Gill den Rücken, mit der anderen tätschelte er sie. Schließlich machte sie sich los,
erst den Kopf, dann den Oberkörper. Die Arme hatte sie jedoch immer noch um ihn gelegt. Ihre
Augen waren feucht, doch das Schlimmste war überstanden. Sie sah schon ein bisschen besser
aus.
»Danke«, sagte sie.
»Das hab ich genauso gebraucht wie du«, sagte Rebus. »Komm, sehen wir zu, dass du nach Hause
kommst.«
----

FREITAG
    Die Bewohner, so schien es, waren alle recht wohlhabend und eifrig bemüht, noch bessere
Geschäfte zu machen und ihre immer größeren Gewinne prahlerisch zur Schau zu stellen.

Es klopfte an seiner Wohnungstür. Ein autoritäres Klopfen mit dem alten Klopfer aus Messing, den
er nie sauber machte. Rebus öffnete die Augen. Die Sonne schien in sein Wohnzimmer, der Arm des
Plattenspielers lief knisternd in der Auslaufrille einer Platte. Eine weitere Nacht, die er
vollständig angezogen im Sessel verbracht hatte. Die Matratze im Schlafzimmer könnte er genauso
gut verkaufen. Aber würde jemand eine Matratze ohne Bettgestell kaufen?
Wieder ging es klopf, klopf, klopf. Immer noch geduldig. Immer noch darauf wartend, dass er
öffnen würde. Seine Augen waren verklebt, und er steckte sein Hemd wieder in die Hose, während er
vom Wohnzimmer zur Tür ging. Alles in allem fühlte er sich gar nicht so schlecht. Nicht steif,
keine Verspannungen im Nacken. Wenn er sich gewaschen und rasiert hatte, könnte er sich sogar wie
ein Mensch fühlen.
Er öffnete die Tür, als Holmes gerade erneut klopfen wollte.
»Brian.« Rebus klang aufrichtig erfreut.
»Morgen. Darf ich reinkommen?«
»Klar. Wie geht's Nell?«
»Ich hab heute Morgen angerufen. Sie sagen, sie hätte gut geschlafen.«
Sie steuerten auf die Küche zu, Rebus ging voran. Holmes hatte sich vorgestellt, dass die Wohnung
nach Bier und Zigaretten riechen würde, eine typische Junggesellenbude. In Wirklichkeit war sie
sauberer, als er erwartet hatte, und sogar halbwegs geschmackvoll eingerichtet. Überall waren
Bücher. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass Rebus viel las.
Allerdings sah ein Teil der Bücher ungelesen aus, als seien sie für ein langweiliges, verregnetes
Wochenende gekauft worden. Ein Wochenende, das nie kam.
Rebus deutete vage in Richtung Wasserkessel und Küchenschrank.
»Würden Sie uns einen Kaffee machen? Ich geh nur schnell unter die Dusche.«
»Okay.« Holmes glaubte, dass seine Nachricht wohl warten könnte.
Zumindest bis Rebus ganz wach war. Vergeblich suchte er nach Nescafé, stattdessen fand er in
einem der Schränke ein Päckchen gemahlenen Kaffee, vakuumverpackt, der mehrere Monate über das
Verfallsdatum hinaus war. Er öffnete es und gab ein paar Löffel in die Teekanne, während das
Wasser kochte. Aus dem Badezimmer kam das Geräusch von fließendem Wasser, begleitet vom
blechernen Klang eines Transistorradios. Stimmen. Irgendeine Talk-Show, nahm Holmes an.
Solange Rebus im Bad war, nutzte er die Chance, sich ein wenig in der Wohnung umzusehen. Das
Wohnzimmer war riesig und hatte eine hohe, mit einem Sims umgebene Decke. Holmes spürte, wie er
neidisch wurde. Er würde sich niemals eine solche Wohnung kaufen können. Er sah sich in der
Easter Road und in Gorgie um, jeweils in der Nähe der Fußballstadien der Hibs und der Hearts. In
diesen beiden Stadtteilen könnte er sich eine Wohnung leisten, sogar eine anständige Wohnung mit
drei Zimmern. Aber die Zimmer würden klein sein und die Gegend schäbig. Er war kein Snob.
Verdammt noch mal, er war wohl doch einer.
Er wollte in der New Town wohnen, im Dean Village, hier in Marchmont, wo die

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