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Das zweite Zeichen

Titel: Das zweite Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Leben eines Menschen.
Warum fühlte er sich dann so wie dieser verdammte Sisyphus?
»Hallo, Jack«, sagte er zu dem Dienst habenden Sergeanten, der ihn ohne das übliche Nicken
vorbeigehen ließ. Merkwürdig, dachte Rebus.
Jack war nie ein besonders fröhlicher Typ gewesen, zumindest hatte er aber immer seine
Nackenmuskeln eingesetzt. Er war berühmt für seine leichte Verbeugung, in die er alles
hineinlegen konnte ­ von Zustimmung bis hin zu einer Beleidigung.
Aber heute hatte er für Rebus nichts übrig.
Rebus beschloss, den Affront zu ignorieren, und ging die Treppe hinauf. Zwei Constables, die
gerade herunterkamen, verstummten, als sie an ihm vorbeikamen. Rebus wurde rot im Gesicht, aber
er ging einfach weiter, mittlerweile überzeugt, er hätte vergessen, den Reißverschluss an seiner
Hose hochzuziehen. Vielleicht hatte er es auch nur irgendwie geschafft, einen Schmutzfleck auf
die Nase zu kriegen.
Oder so etwas Ähnliches. Er würde das in seinem Büro in aller Ruhe überprüfen.
Dort wartete Holmes auf ihn. Er saß auf Rebus' Stuhl, an Rebus'
Schreibtisch und hatte mehrere Wohnungsangebote vor sich ausgebreitet. Als Rebus hereinkam, stand
er auf und packte schuldbewusst seine Blätter zusammen wie ein Kind, das mit einem unanständigen
Buch erwischt worden war.
»Hallo, Brian.« Rebus zog seine Jacke aus und hängte sie an die Tür.
»Hören Sie, ich möchte, dass Sie mir Name und Adresse sämtlicher Einwohner von Edinburgh
besorgen, die entweder Jekyll oder Hyde heißen. Ich weiß, das hört sich bescheuert an, aber tun
Sie es einfach. Dann...«
»Ich glaube, Sie sollten sich besser hinsetzen, Sir«, sagte Holmes mit zitternder Stimme. Rebus
starrte ihn an. Er sah die Furcht in den Augen des jungen Mannes und wusste, dass das Schlimmste
eingetreten war.

Rebus stieß die Tür zum Vernehmungsraum auf. Sein Gesicht hatte mittlerweile die Farbe von
eingelegten roten Beeten, und Holmes, der ihm folgte, fürchtete, dass sein Vorgesetzter jeden
Augenblick einen Herzinfarkt erleiden würde. In dem Raum waren zwei Kriminalbeamte, beide in
Hemdsärmeln, als hätten sie eine anstrengende Sitzung hinter sich. Sie drehten sich um, als Rebus
eintrat, und derjenige von ihnen, der gesessen hatte, stand wie zum Kampf bereit auf. Auf der
anderen Seite des Tisches sprang der junge Mann mit dem heimtückischen Gesicht, der Rebus unter
dem Namen »James« bekannt war, kreischend auf und beförderte seinen Stuhl mit lautem Klappern auf
den Steinboden.
»Halten Sie ihn mir vom Leib!«, schrie er.
»Also, John...«, begann einer der Detectives, ein gewisser Sergeant Dick. Rebus hob eine Hand, um
zu zeigen, dass er nicht vorhatte, gewalttätig zu werden. Die beiden Detectives sahen sich an,
nicht sicher, ob sie ihm glauben sollten. Dann sprach Rebus, den Blick auf den jungen Mann
gerichtet.
»Du wirst schon noch kriegen, was du verdienst, so wahr ich hier stehe.« Rebus sprach ruhig, aber
mit unverkennbarem Zorn in der Stimme. »Ich krieg dich dafür noch an den Eiern, mein Junge. Da
kannst du einen drauf lassen! Das sag ich dir!«
Der junge Mann hatte inzwischen erkannt, dass die anderen Rebus zurückhalten würden. Dieser Mann
spuckte nur hohle Drohungen aus. Er lächelte spöttisch.
»Yeah, klar doch«, sagte er von oben herab. Rebus wollte sich schon auf ihn stürzen, doch Holmes'
Hand packte ihn fest an der Schulter und riss ihn zurück.
»Lassen Sie's sein, John«, warnte ihn der andere Detective, ein gewisser DC Cooper. »Überlassen
Sie uns die Sache. Es wird nicht lange dauern.«
»Für mich immer noch zu lange«, fauchte Rebus, als Holmes ihn aus dem Raum zog und die Tür hinter
ihnen zumachte. Dann stand Rebus mit gesenktem Kopf in dem düsteren Flur. Aller Zorn war
verraucht. Es war wirklich kaum zu glauben...
»Inspector Rebus!«
Rebus und Holmes drehten sich beide erschrocken zu der Stimme um.
Sie gehörte einer Polizistin, die ebenfalls verängstigt wirkte.
»Ja?«, brachte Rebus nach einem Schlucken hervor.
»Der Super möchte Sie in seinem Büro sprechen. Ich glaube, es ist dringend.«
»Das ist es sicher«, sagte Rebus und ging derart bedrohlich auf die Frau zu, dass sie hastig
zurückwich und Richtung Eingang und Tageslicht entschwand.

»Das ist eine ganz beschissene abgekartete Sache, bei allem Respekt, Sir.«
Denk immer an die goldene Regel, John, sagte sich Rebus: fluche nie in Gegenwart eines
Vorgesetzten, ohne »bei allem Respekt«
hinzuzufügen. Das hatte er bei der Armee

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