Dauerhaftes Morgenrot
StraÃe hin geschlossen sind. In der Mitte des Lokals häufen sich auf einem ovalen Tisch Teller mit den verschiedensten Meeresfrüchten, Garnelen, sauren Sardinen, gebratenen kalten Sardellen, gehacktem gekochtem Tintenfisch, rosaweiÃen Saugnäpfen zerschnittener junger Polypen, Seeschnecken und Meeresspinnen, aber auch mit Oliven, Artischocken und Salaten. Gianna bittet ihn, die Getränke auszuwählen, und er bestellt einen grüngelben herben WeiÃwein und eine Flasche Mineralwasser, sie aber läÃt er von der Kellnerin zum ovalen Tisch begleiten und auch für ihn einige Gaumenschmecker aussuchen. Während er einen dünnen Polypenarm zerschneidet, muà er an Livias Stirnwunde denken, an die winzige Vertiefung ihres Stirnfleisches, muà an dieses weiÃe Kindheitsmal denken, das sich rötete, wenn er sie liebte oder quälte.
Sie essen zuerst Seeschnecken, Gianna hat eine üppige Auswahl zusammengestellt, nacheinander bringt die Kellnerin immer neue Lekkerbissen auf weiÃen Tellern, mit einer Gabelzinke versucht Lukas das dunkle Fleisch der Meeresschnecken aus den kaum zwei Zentimeter langen Einsiedlerhörnchen herauszuspieÃen, aber er zerstückelt damit nur den schlappen Kopf mit den winzigen steifgekochten Fühlern, also greift er wie Gianna nach dem Zahnstocher und sticht damit Schnecke um Schnecke flink und sicher aus dem Gehäuse, in voller Körperlänge baumeln die winzigen Happen am Zahnstocherholz, die würzige Sauce tropft auch über die fadendünnen Exkremente, die er und Gianna mitessen, seine Finger glänzen von dem schmierigen Saft, er leckt sie von Zeit zu Zeit ab, neben den zierlichen Tritonhörnchen liegen auch einige gröÃere Schnecken, kaum kleiner als Frühjahrsbirnen, das schmale Ende kommt ihm vor wie eine geschlitzte Flöte, es sind auch einige Miniaturcimbeln darunter, gestachelte Meerescimbeln, und aus diesen Meeresmusikhäusern zupfen sie beide die toten Meeresmusikanten, die gekochten und geschmorten Cimbelbewohner (mit roten Haaren, hatte ihm Livia gestanden, mit entfärbten und gefärbten Haaren wolle sie mit ihm in alte Zeiten zurückfinden. Und er hatte sich in Hemd und Hose zu ihr ins Bett gelegt, und mit dem Leintuch über seinen Mund gewischt, den Schweià der Nacht hatte er sich vom Mund gewischt, während Livia schlief), die Einsiedlerkrebse essen sie wie gebratenes Kalb- oder Rindfleisch, wie Huhn oder Schaf, essen wir mit Genuà die in Netzen oder Reusen oder mit der Hand gefangenen Meereseinsiedler, und von einem anderen Teller kosten wir panierte, in Olivenöl gebackene Krabben, ich beiÃe in pelzige, haarige Wasserspinnen und in die geschälten Kraken, und er hebt das Glas und fährt damit durch die Luft über dem Tisch zu Giannas Gesicht, so daà auch sie zum Glas greift und es mit leisem Klingeln an seines stöÃt. Und wir sitzen da, in dieser Haltung, mit den Gläsern in den Händen, und da zögern wir, die Gläser zum Mund zu führen und warten wie auf etwas Unvorhergesehenes, um uns dann erstaunt anzuschauen, bevor wir wieder lächeln, uns zulächeln und trinken, Lukas nimmt einen kleinen Schluck, und gleich noch einen, das halbe Glas, sie könnte mir ihr Glas ins Gesicht schütten vor Freude.
Du bist mein Gast, sagte sie, ich habe dich eingeladen. In diesem Augenblick ist es ihm gleich, wenn sie wüÃte, was ihm durch den Kopf schieÃt, er schneidet die Krakenbeine ab und schiebt sich den panierten Rumpf in den Mund, er sei, erzählt er ihr, als Kind bis über die Knie, manchmal sogar bis zum Bauch durch Margeritenwiesen, durch Glockenblumenwiesen, durch HahnenfuÃwiesen gewatet, aber aus Angst, es könnte ihn ein Bauer sehen, habe er von Zeit zu Zeit den Kopf eingezogen und das Kinn auf das Brustbein hinuntergedrückt, an einem Sonntagnachmittag habe er sich splitternackt auf einer Wiese ausgezogen und sei in einen Wiesenbach hineingesprungen, er habe nie verstanden, warum dieser Bach braunes, geruchloses Wasser führe, in diesem Bach habe er sich mit aufgestützten Händen gegen die Strömung gestemmt, das Wasser sei zeitweilig über seinen Kopf geflossen, nie aber sei das FlieÃen stark genug gewesen, um seine Beine in die Schwebe zu bringen, wahrscheinlich habe er sich in Moorwasser gelegt gehabt, sein Körper sei dunkelbraun gefärbt gewesen, er habe sich später im Gras gewälzt, sich mit Grasbüscheln
Weitere Kostenlose Bücher