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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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bestätigt noch entkräftet. »Dein
Leben
? Du meinst, dein
Körper
? Dein Körper ist nur eine Art Umschlag, Karou. Mit deiner Seele ist das etwas anderes, aber sie ist, soweit ich weiß, nicht in unmittelbarer Gefahr.«
    »Ein
Umschlag
?« Die Vorstellung, dass ihr Körper ein Umschlag war, gefiel ihr ganz und gar nicht. Einen Umschlag konnten andere Leute öffnen, darin herumwühlen und Sachen herausnehmen.
    »Ich dachte, das siehst du genauso«, hatte er gesagt, »so wie du auf ihm herumkritzelst.«
    Brimstone hielt nichts von ihren Tattoos, was lustig war, wenn man bedachte, dass er für das erste selbst verantwortlich war – für die Augen auf ihren Handflächen. Jedenfalls vermutete Karou das, obwohl sie es nicht genau wusste. Wie so viele grundlegende Sachen in ihrem Leben.
    »Egal«, hatte sie mit einem schmerzerfüllten Seufzen gesagt. Ja,
schmerzerfüllt
. Angeschossen zu werden tat
weh
, also kein Wunder. Natürlich konnte sie nicht behaupten, dass Brimstone sie unvorbereitet in Gefahr stürzte. Er hatte dafür gesorgt, dass sie von Kindesbeinen an in Kampfkünsten unterrichtet wurde. Ihren Freunden hatte sie nie davon erzählt – ihr Sensei hatte ihr schon früh zu verstehen gegeben, dass Kampfsport nichts war, womit man angeben sollte –, und sie wären erstaunt gewesen, dass ihre aufrechte Haltung und die Anmut ihrer Bewegungen Hand in Hand gingen mit tödlicher Präzision. Doch tödlich oder nicht, hatte sie am eigenen Leib erfahren müssen, dass Karate nicht viel gegen Pistolen ausrichten konnte.
    Mit Hilfe einer penetrant riechenden Salbe und, wie sie vermutete, auch Magie hatte sie sich schnell erholt, aber ihre jugendliche Furchtlosigkeit war erschüttert, und von da an ging sie ihre Aufträge etwas vorsichtiger an.
    Ihre Bahn kam, und sie hievte ihre Last durch die Türen. Sie versuchte, nicht daran zu denken, was sich in dem Bündel befand und dass irgendwann ein prachtvolles Tier dafür sein Leben gelassen hatte. Diese Stoßzähne waren Prachtstücke, und Karou wusste, dass sie nur noch selten so groß wurden – dafür hatten die Wilderer gesorgt. Indem sie die größten Bullen töteten, hatten sie den Genpool der Elefanten verändert. Ihr wurde übel beim Gedanken daran, dass sie an diesem Bluthandel teilnahm, indem sie geschmuggelte Überreste von aussterbenden Arten in die verdammte Pariser Metro schleifte.
    Sie verdrängte den Gedanken und sah aus dem Fenster, während der Zug durch seine schwarzen Tunnel sauste. Immer wenn sie sich solche Dinge bewusstmachte, fühlte sich ihr Leben blutbeschmiert und hässlich an.
    Als sie sich im letzten Semester ihre Flügel gebastelt hatte, hatte sie sich »Engel der Vernichtung« genannt, und das war völlig zutreffend. Die Flügel waren aus echten Federn, die sie sich von Brimstone »geliehen« hatte – Hunderte von Federn, die die Händler über die Jahre mitgebracht hatten. Als Kind hatte sie damit gespielt, bevor sie verstanden hatte, dass Vögel dafür getötet worden waren, ganze Arten ausgerottet.
    Früher war sie noch unschuldig gewesen, ein kleines Mädchen, das mit Federn auf dem Boden einer Teufelshöhle spielte. Inzwischen war sie nicht mehr unschuldig, aber sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Das war ihr Leben: Magie und Scham und Geheimnisse und Zähne und eine tiefe, quälende Leere in ihrer Mitte, wo ganz sicher etwas fehlte.
    Karou plagte der Gedanke, dass sie nicht
vollständig
war. Sie wusste nicht, was das bedeutete, aber schon ihr Leben lang hatte sie dieses Gefühl, das so ähnlich war, als hätte sie etwas Wichtiges vergessen. Als sie klein war, hatte sie einmal versucht, es Issa zu erklären: »Es ist, als würde man in der Küche stehen und genau wissen, dass man irgendwas machen wollte, aber es fällt einem einfach nicht ein, egal, wie sehr man sich anstrengt.«
    »Und so fühlst du dich?«, fragte Issa mit einem Stirnrunzeln.
    »Ja, die ganze Zeit.«
    Issa hatte sie nur an sich gezogen, ihr über die Haare gestrichen – die damals noch fast schwarz waren, ihre Naturhaarfarbe – und nicht sehr überzeugend gemeint: »Das ist bestimmt nicht weiter schlimm. Mach dir keine Sorgen.«
    Na dann.
    Die Stoßzähne die Metrostufen wieder hinaufzukriegen war um einiges schwieriger, als sie hinunterzuzerren, und als sie oben ankam, war sie in ihrem Wintermantel schweißgebadet und total entnervt. Das Portal war noch ein ganzes Stück entfernt, und als sie die Tür des kleinen Anbaus einer Synagoge endlich

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