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DavBen-StaderDie

Titel: DavBen-StaderDie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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des Großen gebaut worden war, und einer Brücke, auf der Puschkin einen Rivalen zum Duell gefordert hatte. Diese Wahrzeichen waren verschwunden. Beresowka war verschwunden. Über dem Schnee ragten nur noch ein paar brandgeschwärzte Mauern auf; wenn diese nicht gewesen wären, hätte nichts mehr darauf hingedeutet, dass das Dorf jemals existiert hatte.
    »Diese Schwachköpfe«, s agte Kolja, als wir an den abge fackelten Überresten des Dorfes entlanggingen. Ich sah zu ihm hoch, wusste nicht, wen er damit meinte.
    »Die Deutschen. Sie halten sich für so tüchtig, für die größte Kriegsmaschine, die es je gegeben hat. Aber schau dir die Geschichte an, lies die entsprechenden Bücher, dann wird dir klar, dass die besten Eroberer ihren Feinden immer einen Ausweg ließen. Wer gegen Dschingis Khan kämpfte, konnte den Kopf abgeschlagen bekommen oder aber sich ihm unterwerfen und Tribut zahlen. Das war eine einfache Wahl. Bei den Deutschen ist das anders: Wer gegen sie kämpft, wird getötet, oder er ergibt sich und wird getötet. Die Deutschen hätten dafür sorgen können, dass sich die eine Hälfte unseres Landes gegen die andere wendet, aber sie haben kein Einfühlungsvermögen; sie haben keine Ahnung von der russischen Mentalität; sie brennen einfach alles nieder.«
    Was Kolja sagte, stimmte natürlich, mehr oder weniger, aber mir schien, dass die Nazis gar kein Interesse an einer einfühlsamen Invasion hatten. Sie wollten niemanden umerziehen, zumindest keinen Untermenschen. Die Russen waren eine Mischrasse, hervorgebracht von Wikinger- und Hunnenhorden, vergewaltigt von Generationen von Awaren und Chasaren, Kiptschaken und Petschenegen, Mongolen und Schweden, verseucht durch Zigeuner und Juden und umherstreifende Türken. Wir waren die Kinder von tausend verlorenen Schlachten, und die Niederlage steckte uns im Blut. Wir verdienten es nicht mehr, zu existieren. Die Deutschen glaubten an Darwins Lehre von der natürlichen Auslese - Lebewesen müssen sich anpassen oder sterben. Sie hatten sich an die nackte Realität angepasst, wir gemischtrassigen Säufer aus der russischen Steppe dagegen nicht. Wir waren dem Untergang geweiht, und die Deutschen spielten lediglich die ihnen in der menschlichen Evolution zugewiesene Rolle.
    Doch das sagte ich nicht laut. Ich sagte nur: »Den Franzosen haben sie einen Ausweg gelassen.«
    »Alle Franzosen mit Mumm in den Knochen sind 1812 beim Rückzug aus Moskau umgekommen. Das ist mein voller Ernst! Vor hundertdreißig Jahren hatten sie die beste Armee der Welt. Jetzt sind sie die Huren Europas, die nur darauf warten, von jedem, der einen steifen Schwanz hat, gefickt zu werden. Hab ich recht? Und wie ist es ihnen ergangen? Borodino, Leipzig, Waterloo. Denk mal darüber nach. Denen wurde die Courage aus dem Genschatz gesprengt. Ihr kleiner genialer Napoleon hat das ganze Land kastriert.«
    »Es wird langsam dunkel.«
    Er blickte kurz zum Himmel und nickte. »Notfalls bauen wir uns eben einen Unterstand, dann stehen wir die Nacht durch.«
    Er ging schneller, beschleunigte unser ohnehin schon flottes Tempo, und mir war klar, dass ich nicht mehr lange mithalten konnte. Die Suppe vom gestrigen Abend war nur noch eine schöne Erinnerung; das Brot, das uns der Feldwebel geschenkt hatte, war schon vor Mittag verschlungen worden. Jeder Schritt war inzwischen eine Anstrengung, als wären meine Stiefel mit Blei beschwert.
    Es war bereits so kalt, dass ich es in den Zähnen spürte; die billigen Füllungen, mit denen sie plombiert waren, schrumpften, wenn die Temperatur stark fiel. Aber ich spürte meine Fingerspitzen nicht mehr, obwohl ich dicke Fäustlinge trug und die Hände in die Manteltaschen gesteckt hatte. Auch meine Nasenspitze spürte ich nicht mehr. Das wäre wirklich ein Witz - da hatte ich mir mein halbes Leben lang eine kleinere Nase gewünscht, und noch ein paar Stunden in den Wäldern und ich hatte überhaupt keine Nase mehr.
    »Wir bauen uns einen Unterstand? Womit denn? Hast du etwa eine Schaufel dabei?«
    »Du hast doch deine Hände, stimmt's? Und das Messer.« »Wir müssen irgendwo ins Warme.«
    Kolja machte eine große Schau daraus, sich im dunkel werdenden Wald umzublicken, als könnte sich in einer der hohen Kiefern eine Haustür verstecken.
    »Da ist nichts«, sagte er. »Du bist jetzt Soldat, ich habe dich rekrutiert, und Soldaten schlafen da, wo ihnen die Augen zufallen.«
    »Das ist hübsch gesagt. Aber es hilft nichts, wir müssen ins Warme.«
    Er legte die

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