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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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könnte Euch einen Rat geben.«
»Nein! Es bleibt verschlossen!«
»Ich verstehe nicht, wie Ihr widerstehen könnt.«
    »Weil es Probleme heraufbeschwört. Mein Großvater entdeckte es. Seit jener Zeit ist es nicht geöffnet worden.«
    »Thinal hat einmal ein ähnliches gesehen«, murmelte der Besucher. »Es blieb ebenfalls geschlossen. Ich nehme an, aus denselben Gründen.«
    Sie hatte keine Ahnung, worüber sie wohl redeten. Es schien, als seien sie auf die andere Seite des Zimmers gegangen, in die Nähe des Südfensters. Sie strengte sich bis aufs äußerste an, um die Stimmen über das laute Pochen ihres Herzens zu verstehen.
    »Selbst wenn ich recht habe… mit Euch… gibt es vielleicht noch Hoffnung… wenn wir beide zusammenarbeiten.«
    »Nein, Sagorn, mein Freund. Ich habe mich bis heute geweigert und werde es auch weiter tun, selbst wenn es um diese Sache geht. Glaubt nicht, daß ich Euch nicht vertraue.«
    Der Fremde – Sagorn? – seufzte. »Ich weiß, wem Ihr nicht vertraut, und Ihr habt recht. Und Ihr habt Eurer Tochter nichts erzählt?«
    »Himmel, nein! Sie ist nur ein Kind. Sie könnte damit nicht umgehen!«
    Umgehen mit was? Inos wollte am liebsten frustriert mit dem Fuß aufstampfen, aber natürlich wagte sie kaum zu atmen, geschweige denn zu stampfen.
    »Aber Ihr werdet es tun?«
Wieder Schweigen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ihr Vater leise. »Wenn… wenn sie älter ist, wenn… oder vielleicht überhaupt nicht.«
    »Ihr müßt es tun!« Der Fremde sprach in einem Ton, den niemand gegenüber einem König anschlug. »Ihr dürft nicht zulassen, daß es vergessen wird!« Seine Stimme hallte in dem leeren Raum wider.
    »Ich muß?«
    Inos konnte sich gut den spottenden, fragenden Gesichtsausdruck ihres Vaters vorstellen.
    »Ja, müßt! Es ist zu kostbar… und es ist Krasnegars einzige Hoffnung auf Überleben. Ihr wißt das.«
    »Es wäre ebenso die größte Gefahr für sie.«
    »Ja, das ist wahr«, gab der Fremde zu. »Aber die Vorteile überwiegen die Nachteile, nicht wahr?« Seine Stimme wurde zaghaft, beinahe flehend. »Ihr wißt das! Ihr… könntet Ihr nicht mich damit betrauen? Wenn ich verspreche, es Ihr später zu erzählen?«
    Sie hörte das trockene Schlucken ihres Vaters. Er war näher gekommen. Sie mußte sich darauf gefaßt machen wegzulaufen.
    »Nein, Sagorn. Um ihretwillen. Ich vertraue Euch, Freund, aber nicht… gewissen anderen.«
    Der andere Mann seufzte. »Nein, sicher nicht Darad. Vertraut ihm niemals. Oder Andor.«
    »Haltet sie fern von mir, beide!« Das war ein königlicher Befehl. »Ja, das werde ich. Und auch Jalon.«
    Die Stimme des Fremden war plötzlich sehr nahe. Inos wirbelte herum und begann, die Stufen so schnell und leise hinunterzuschleichen, wie sie konnte. Jalon? Der Spielmann? Sie war sicher, daß sie soeben diesen Namen gehört hatte. Was hatte er damit zu tun? Und wer war dieser Sagorn?
    Dann – Staub! Entsetzt sah sie unter sich ihre eigenen Fußabdrücke zwischen denen ihres Vaters und des Besuchers, verräterische Spuren auf den Hinterlassenschaften vieler Jahre. Als sie heraufgekommen war, hatte sie ihnen keine Beachtung geschenkt, aber jetzt waren sie offensichtlich, selbst in dem dämmerigen Licht, das durch die verschmierten Fensterscheiben drang. Panik! Sie würden wissen, daß sie, oder zumindest irgend jemand, gelauscht hatte.
    Am Fuße der Treppe stolperte sie gegen die schwere Tür, und die rostigen Scharniere quietschten entsetzlich. Sie quetschte sich durch die Öffnung, eilte quer durch das Schlafzimmer ihres Vaters und stürzte sich die nächste Treppe hinunter, als sie hinter sich ein Rufen und das Poltern von Stiefeln hörte.
    Es wurde also ein Rennen. Sie mußte aus dem Turm entkommen, und vor allem mußte sie ihr kostbares Paket Seide verstecken, bis sich der Sturm gelegt hatte.
    Sie erreichte das Ankleidezimmer, rutschte auf einem Teppich in der Mitte des Zimmers aus, konnte gerade noch ihr Gleichgewicht halten, stürzte die nächste Treppe hinunter und platzte in den Salon, wo sechs erstaunte matronenhafte Damen sich soeben zum vormittäglichen Tee ihrer Tante Kade niederließen.
    Einen langen Augenblick schwankte Inos auf einem Fuß, der andere hing in der Luft, und ihre Arme waren ausgebreitet wie die Schwingen eines Kormorans. Sie starrte mit Entsetzen auf die Überraschung der Damen, bereit, durch deren Mitte und aus der Tür auf der anderen Seite zu sprinten. Sie war versucht, das zu tun – zumindest könnte sie ihre Seide

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