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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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gab keinen überflüssigen Luxus wie Kabinen auf einem Orka-Langschiff. Ein kleines dreieckiges Deck am Achterschiff bot Platz für den Steuermann – das Steuerruder brauchte bei diesem Wetter zwei oder mehr Leute, und falls der Wind die Blood Wave jemals breitseitig erwischen sollte, würde sie sofort starke Schlagseite bekommen. Unter diesem winzigen Deck befand sich die einzige einigermaßen geschützte Stelle an Bord. Dort hing Than Kalkors Hängematte. Er hatte dort auch einen Stuhl, einen Thron, und wenn er wach war, saß er da, gelangweilt in seiner Pracht, sprach kaum mit jemandem und wartete auf besseres Mordwetter.
    Die Seeleute schöpften Wasser, machten Essen, kümmerten sich um ihre Waffen, aber meistens hingen sie einfach faul herum. Der Sturm würde sie schon irgendwohin bringen, wohin, darauf hatten sie keinen Einfluß; bei einem solchen Wetter war Rudern unmöglich. Vielleicht lagen direkt vor ihnen auch Felsen, aber ein Jotunn würde niemals seine Angst eingestehen.
    Trotz des heulenden Windes und des peitschenden Regens trugen nur wenige Männer mehr als ihre Lederhosen. Die Bärte und Haare flogen wild im Wind oder lagen angeklatscht wie Strähnen aus Silber, Gold oder Kupfer auf ihren Gesichtern. Ihr Äußeres hatte etwas Wahnsinniges, Grausames – eine animalische Wildheit, die Rap von ihrem Ruf überzeugt hätte, auch ohne ihre Fracht zu kennen. Ihre Gespräche waren ein einziger Alptraum. Solchen Männern hätte er jede Geschichte geglaubt. Sie wetteiferten um Grausamkeiten und versuchten einander an Scheußlichkeiten zu übertreffen. Mitleid wäre für diese Männer schlimmer als Feigheit. Ihr Credo und ihr Ziel war Brutalität.
    Rap hatte keinen Zweifel, daß sie jeden getötet hatten, dessen sie in Durthing hatten habhaft werden können – Frauen, Kinder, selbst die harmlosen kleinen Gnome, denn er hatte Witze belauscht über das Problem, einen Gnom mit einer Axt zu erschlagen.
    Und es funktionierte! Kalkor hatte in Durthing nur einen Mann verloren, denjenigen, den Brual übernommen hatte, obwohl er mehr als genug fähige Krieger in der Siedlung gegeben hatte, die Widerstand hatten leisten können. Sie hätten die Räuber mit Steinen davonjagen können oder zumindest für ihre Taten bezahlen lassen; doch statt dessen waren sie vor dem Ruf der Orkas in die Knie gegangen und so selbst zur Legende geworden. Greueltaten nährten sich selbst.
    Aber wer war Rap, daß er das verurteilen wollte? Nur Kalkors Ankunft hatte ihn davon abgehalten, Ogi zu Brei zu schlagen – den vierschrötigen Ogi, der vermutlich wirklich geglaubt hatte, einem Freund einen Gefallen zu tun, indem er einen Kampf für ihn anzettelte, während er sich gleichzeitig dadurch bereicherte, daß er auf das falsche Pferd setzte. Typisch Imp! Seit seinem dreizehnten Lebensjahr hatte Rap nicht seine Geduld verloren, seit er Giths Kiefer gebrochen hatte, aber die Wut war unterschwellig immer noch vorhanden. Er war kurz davor gewesen, Ogi zu meucheln, und nur der Zufall hatte ihn daran gehindert. Kalkor war vermutlich viel häufiger in dieser Stimmung, aber Rap hatte dasselbe Jotunnblut in sich.
    Er saß im selben Boot.
     
    Und gehörte jetzt vielleicht zur Mannschaft.

2
    Starke Hände zerrten Rap aus seiner engen Ecke und lösten seine Fesseln. Er war so benommen, daß er den Becher, den man ihm reichte, nicht fassen konnte, und so hielt ein blonder Riese mit struppigem Bart ihn an Raps Lippen. Des Mann sah nicht älter aus als Rap und ähnelte so sehr dessen altem Freund Kratharkran, daß Rap zunächst dachte, er habe Halluzinationen. Kratharkran mußte sicher zu Hause in Krasnegar sein und sich mit ehrlicher Arbeit seinen Unterhalt verdienen; dieser junge Jotunn war ein Mörder, und seine Einstellung zu diesem dreckigen, stinkenden Gefangenen entsprach verständlicher Abneigung.
    Glücklicherweise gab es genügend frische Luft, obwohl der Sturm langsam abflaute. Der Himmel hellte sich auf, und Rap konnte mit seinen Augen beinahe wieder genauso gut sehen wie ohne sie, abgesehen davon, daß sie so geschwollen waren, und dank Darads kleinem Pläuschchen kaum zu öffnen waren. Die Wellen hatten sich aber noch nicht beruhigt und würden vielleicht noch tagelang unruhig bleiben. Frische Luft, Regen und Kälte. Rap war beinahe zu schwach, um auch nur zu zittern.
    »Than will Euch«, sagte der junge Koloß mit der gleichen, unerwartet hohen Stimme, wie sie Kratharkran hatte. »Könnt Ihr laufen?«
    Rap schüttelte den Kopf, selbst

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