Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
beide hier und bewacht das Boot. Ich gehe an Land und frage jemanden, wofür die vielen Flaggen gedacht sind.«



2
    Inos war schon seit Stunden fertig, oder zumindest kam es ihr so vor. Ihr Kleid war schwer und heiß; sie war auf den Balkon hinausgegangen – um allein zu sein, um die kühle Brise zu genießen, um auf die Juwelenstadt hinabzustarren und den blaugelackten Hafen. Wie hell die Farben unter der tropischen Sonne leuchteten! Wie schwarz die Schatten waren. Tief schwarz.
    Doch heute wurden die scharfen Ränder von einem eigenartigen, unerklärlichen Nebel gemildert, durch den sie eine andere Stadt sah – eine kleine, triste, schäbige Stadt unter einem graueren Himmel, mit einem Hafen, der die meiste Zeit des Jahres unter einer weißen Decke lag. Sie hatte sich immer noch nicht ganz daran gewöhnt, daß sie nie wieder dorthin zurückkehren würde, obwohl diese Möglichkeit offensichtlich gewesen war, seit die Zauberin sie mitgenommen hatte. Das gute Volk von Krasnegar würde vielleicht niemals erfahren, was mit ihrer Prinzessin geschehen war. Und sie erfuhr womöglich nie, was ihnen widerfuhr.
    Mögen sie Glück finden.
Ich hoffentlich auch.
    Staub, der in ihr Gesicht wirbelte, brachte sie zurück in die harte Wirklichkeit. Palmwipfel warfen sich hin und her, irgend etwas zog an Inos’ Schleiern. Ein plötzliche Bö war vom Frühlingsmeer hereingedrungen, passend zu ihrer Stimmung, überzog die strahlende Bucht mit einem dumpfen Schatten und schob die vielen kleinen Boote wie ängstliche Entlein vor sich her. Inos drehte sich vorsichtig um und lief wieder ins Zimmer.
    Es mußte bald Zeit sein hinunterzugehen. Prinz Gutturaz mußte in Kürze hier sein, der Prinz, der die Braut zum Altar führen sollte. Er war Azaks ältester noch lebender Bruder und ein stattlicher Mann.
    Es hatte sich herausgestellt, daß es ganz einfach war, in Zark eine Hochzeit zu organisieren. Inos hatte lediglich Kar erzählt, was sie wollte, und Kar hatte getan, was nötig war. Dann hatte Azak angeordnet, daß alles anders gemacht werden sollte. Schließlich hatte Rasha noch einmal sämtliche Pläne geändert. Kein Problem.
    Fast die einzige Entscheidung, die Inos zugestanden worden war, betraf ihr Kleid, und diese Wahl durfte sie innerhalb sehr eng gefaßter Grenzen treffen, die von der Tradition vorbestimmt waren. Jetzt war sie in Spitze gehüllt, die ausgereicht hätte, sämtliche Fenster in Krasnegar zu verhüllen, und trug genügend Perlen, um einen Hexenmeister loszukaufen. Perlen waren in Zark ein Symbol für Jungfräulichkeit. Inos fragte sich, ob die Austern daran glaubten.
    Sie blieb stehen, um sich selbst einen finsteren Blick zuzuwerfen, in einem der zahllosen Spiegel, die ihr Zimmer überschwemmten und es wie einen Basar wirken ließen – Wandspiegel, freistehende Spiegel, vierekkige, runde und ovale Spiegel. Da stand sie, mit düsterem Gesicht – ein menschlicher Eisberg. Im Moment hatte sie ihre Schleier noch nicht vor das Gesicht gezogen, aber wenn sie unten waren, war Inos nicht mehr von einem Eisberg zu unterscheiden, nicht einmal von Experten. Sie hätte die Lockenwickler in den Haaren lassen und ihr Gesicht blau anmalen können, niemand hätte es unter all diesen Stoffschichten bemerkt.
    »Äh, da bist du, Liebes«, sagte eine vertraute Stimme. »Du sieht bezaubernd aus.«
     
    Inos zog es vor, sich nicht umzudrehen, damit sie ihre Schleppe nicht durcheinanderbrachte, also sprach sie zu Kades Spiegelbild.
    »Ich sehe nicht bezaubernd aus! Ich sehe überhaupt nicht aus! Wenn wir diese Kleider auf der Schneiderpuppe ließen und sie an meiner Stelle in die Halle rollen würden, dann würde der Imam sie mit Azak verheiraten, ohne daß es jemandem auffiele.«
    Kade erzitterte, und einen Augenblick lang glaubte Inos, sie würde vorschlagen, genau das zu tun, doch Kade wäre niemals so herzlos. Statt dessen sagte sie: »Nun, jedes Land hat seine eigenen Sitten, Liebes. Und Hochzeiten sind immer sehr traditionell.« Mit einem zufriedenen Nicken über diese Erkenntnis sah sie in einen Spiegel und lächelte höflich ihr Bild an, als brauche auch die Spiegelung ein wenig Aufmunterung.
    Kade selbst war in vielen Schichten eines schweren Goldstoffes, der nicht zu ihrer Haut paßte, beinahe unsichtbar; das Kleid mußte noch heißer und schwerer sein als Inos’ Hochzeitsgewand. Für die Zeremonie würde nur der untere Teil ihres Gesichtes verschleiert sein, da man männlichen Arakkaranern anscheinend zutrauen konnte, beim

Weitere Kostenlose Bücher