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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf der anderen Seite… war das ein Wiehern? Was habe ich zu verlieren?

4
    Trompeten ertönten. Durch die weißen Nebel aus Spitze sah Inos, wie vor ihr die prächtigen Türen aufschwangen. Eine Hand auf dem Arm von Prinz Gutturaz, schwebte sie langsam vorwärts, in Gedanken bei den kurzen Beinchen der winzigen Schleppenträger hinter ihr… ebenso bei den Eisbergen, die durch das Packeis drifteten, wie man es manchmal vor den Fenstern des Schlosses in Krasnegar sehen konnte. Nie wieder.
    Sie betrat die Große Halle. Sie hatte die Große Halle nicht gesehen – und noch nicht einmal davon gehört –, bis die Proben begannen. Sie hätte es geglaubt, wenn man ihr gesagt hätte, daß sie der größte überdachte Raum in ganz Pandemia sei.
    Kopf hoch. Lächeln nicht nötig. Niemand konnte es sehen.
    Zu beiden Seiten warteten die Persönlichkeiten des gewöhnlichen Volkes von Arakkaran in ihren feinsten Kleidern; weiter vorne standen die Prinzen, von ganz jung bis sehr alt, in Grün. Die Jungen waren zahlreicher als die Alten. Alle hielten ihre Augen nach vorne gerichtet, niemand wandte sein Gesicht, um sie anzustarren. Außer einem Eisberg gab es nichts zu sehen.
    Die grellen Strahlen der Sonne stachen durch die hoch über ihnen liegenden Fenster, um von Filigranarbeiten aus Marmor zerstreut und von Streben, Pfeilern und Fliesen reflektiert zu werden, bis sie wie ein Schleier aus Milch auf die Versammlung niederfielen. Nur Männer. Kade würde, als offizielle Mutter der Braut, auf der Tribüne stehen, und ein Seitenbereich war für Azaks Schwestern reserviert, von denen Inos nur wenige kennengelernt hatte. Selbst in familiären Angelegenheiten spielten die Frauen hier eine geringe Rolle, und die Hochzeit eines Sultans war keine familiäre, sondern eine Sache der Politik. So hatte es Kar erklärt. Von Rechts wegen sollte das hier eine politische Ehe werden – Azak sollte die Tochter aus irgendeinem Nachbarstaat heiraten, um ein Bündnis zu untermauern. Er brach eine Tradition und ging ein Risiko ein, indem er eine Außenseiterin heiratete, eine unwichtige Heimatlose. Die offizielle Proklamation hatte sie als Königin ausgewiesen, aber wer hatte sich davon täuschen lassen?
    Zithern und andere Folterinstrumente quengelten und winselten schwach fremdartige Klagemelodien… langsam gehen…
    Hinter ihr, schon weit entfernt, fielen die prächtigen Türen mit einem Donnern ins Schloß, das wie das Ende der Welt klang, wie die letzte Abrechnung zwischen Gut und Böse – Das Ende! Das Donnern rollte von Bogen zu Bogen und von Pfeiler zu Pfeiler, regnete in Echos hernieder und entschwand über dem entfernten Podest, der ihr Ziel war.
    Über ihr erstreckte sich weißer Marmor, flach wie ein gefrorener Kanal, bis hin zu dem Podest, wo der Rest der Hochzeitsgesellschaft wartete. Mittelpunkt war der Thron, und auf dem Thron saß die siegreiche Rasha. Selbst sie trug königliches Grün, wenn auch ein sehr dunkles, glänzendes Grün. Inos konnte bereits die tief roten Augen über ihrem durchsichtigen Yashmak sehen, das Diadem aus Smaragden und Perlen, das Rashas einziger Schmuck war, die karmesinroten Nägel, die müßig an den Armlehnen des Thrones zupften. Sie war von ihren Illusionen aus Jugend und Schönheit umgeben. Inos ebenfalls und das zu Recht.
    Zarkianische Sitten ließen eine sonderbare Konzession an die Weiblichkeit, oder Mutterschaft, zu – bei Hochzeiten saß eine Frau auf dem Thron. Wäre die Frau von Azaks Großvater noch am Leben gewesen, hätte sie dort gesessen, bis ihre Nachfolgerin rechtmäßig bestimmt war. Da es gegenwärtig keine richtige Sultana gab, hätte der Thron von Rechts wegen leer bleiben müssen, bis Azak seine Braut am Ende der Zeremonie dort hinführte. Doch Rasha hatte darauf bestanden, und Azak hatte ohne viele Worte eingewilligt. So war ihr Triumph komplett, und eine uralte Hure saß auf dem Thron von Arakkaran. Welche bittere Befriedigung zog sie daraus?
    Zumindest hatte sie keinen Anspruch auf die königliche Schärpe erhoben, die immer noch grün an der Brust des Sultans funkelte. Azak kam jetzt von der Seite herein und nahm in Erwartung seiner Braut Aufstellung. Groß, grimmig und gutaussehend zeigte er sein Adlerprofil. Lieber Azak!
    Armer Azak! War seine lange Erniedrigung jetzt tatsächlich vorüber? Er hatte seine sieben Tage und Nächte der Buße abgeleistet. Rasha würde ihn nicht weiter peinigen. Oder doch? Dafür gab es keine Garantie, Inos hatte kein Versprechen gehört. Mußte

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