Dave Duncan
sie seine Knochen mit den Griffen ihrer Äxte zerschlagen.«
Still schaukelte das Boot. Gathmor starrte wie geistesgestört seinen Gefährten an, unfähig zu glauben, was er gerade gehört hatte.
»Ich habe sogar mit einem der Wachen gesprochen, die dabei geholfen haben«, sagte Andor leise. »Dann habe ich das Gespräch an Darad übergeben. Das bedeutet einer weniger, falls Ihr Euch dann besser fühlt.«
Die Hände des Seemannes waren feucht, und in seiner Kehle verspürte er einen Schmerz. Es überraschte ihn, als er merkte, daß er nicht einmal fluchte. Wie konnten Menschen einen anderen Menschen so behandeln? Angekettet? Unglaublich! Dreckige Djinns!
»Ich verstehe nicht«, murmelte er. »Er ist ein Geweihter. Er hätte sie davon abbringen können. Götter! Hätte sie sogar dazu überreden können, ihn gehen zu lassen.«
»Er kann nicht sprechen. Er kann nie wieder sprechen.«
»Wieso?«
»Glühende Eisen.«
Einen Moment lang glaubte Gathmor wirklich, er würde sein Frühstück wieder herauswürgen. Doch der Anfall ging vorbei. Er wischte sich über die Stirn. »Was machen wir jetzt?« Sein Mund war trocken und schmeckte nach Kloake.
»Es gibt nichts, was wir tun könnten!« Andor zuckte traurig die Achseln. »Gar nichts. In einigen Tagen wird er sicher tot sein. Man hat ihn den Wachen übergeben, die er beschämt hat, versteht Ihr. Er hatte einige von ihnen getötet… Ich kann nicht glauben, daß ein Geweihter solche Verletzungen heilen kann, und ich gehe davon aus, daß sie zusehen, wie er sich erholt und dann von vorne anfangen.«
Er schwieg, als wolle er Gathmor zum Streit herausfordern. Gathmor sagte nichts.
»Wir fahren nach Hause, Seemann. Wir besorgen uns Proviant und machen uns auf ins Impire. Ich habe Gold… diesen Nippes, den ich Euch gegeben habe, könnt Ihr behalten. Ich würde es vorziehen, nach Norden zu fahren, nach Ollion, aber Qoble wäre mir auch recht, wenn Ihr zurück nach Westen wollt. Laßt mich an irgendeinem zivilisierten Ort von Bord, Ihr könnt das Boot behalten. Ich bin sicher, Jalon wird Euch lehren, die Flöte zu blasen, wenn Ihr ihn darum bittet, und Ihr werdet in kürzester Zeit ein reicher Seemann sein, falls die Magie weiter anhält.« Er seufzte. »Ah, Zivilisation! Guter Wein aus Kristallpokalen, schmackhaftes Essen von goldenen Tellern, weiche Frauen in seidenen Laken.«
Gathmor hatte das Gefühl zu ertrinken und kämpfte hart dagegen an. »Niemals! Einen Schiffskameraden im Stich lassen? Irgend etwas müssen wir doch tun können!«
Andor lächelte traurig und hielt dem Blick des Seemanns stand. »Ich fürchte, nein. Ich verfügte über mehr Kräfte als die meisten Menschen, und ich habe noch nie einen Mann getroffen, den ich in einer heiklen Situation lieber an meiner Seite gehabt hätte als Euch, Skipper. Aber wir sind immer noch nur ein paar Vagabunden.«
Gathmor schüttelte wild den Kopf. »Einen Schiffskameraden zurücklassen? Ihr glaubt, zu so etwas könntet Ihr mich überreden? Nach allem, was er in Noom für mich riskiert hat? Glaubt Ihr, Euer verdammter Charme bringt mich dazu?«
»Ich würde meinen Charme bei Euch nicht einsetzen, Gath«, sagte Andor ärgerlich. »Bei hübschen Mädchen, ja. Jederzeit! Aber niemals bei meinen Freunden. Leider würde er auch bei den Palastwachen nichts bewirken. Sie sind ein zäher Haufen – ich würde es nie bei mehr als zweien gleichzeitig versuchen. Ich bin sicher, drei von ihnen könnte ich nicht blenden. Glaubt Ihr, ich könnte einfach ins Gefängnis gehen und Rap herausholen? Wir beide könnten ihn nicht einmal tragen, in diesem Zustand. Wir beide können nicht gegen einen Sultan, seine Armee und sein Volk kämpfen. Wie ich höre, steht ein Krieg bevor… Es ist keine Schande aufzugeben, wenn eine Aufgabe unmöglich ist, Käpt’n. Wir müssen vernünftig sein.«
Gathmor stöhnte auf.
»Ein Seemann weiß das«, fuhr Andor fort. »Bei Sturm holt Ihr auch die Segel ein, richtig? Und niemand nennt Euch dann einen Feigling. Das hier ist dasselbe. Es ist hoffnungslos.«
Das Problem war, er hatte recht.
»Mir gefällt es genausowenig wie Euch, Käpt’n. Selbst Rap kann nicht erwarten, daß jedesmal, wenn er es möchte, eine Hexe durch sein Fenster fliegt – und Ihr und ich werden nicht gebraucht, falls das doch geschieht. Selbst wenn wir ihn aus dem Kerker befreien könnten, würde er uns doch wegsterben. Das Rad ist keine Folter, es ist eine langsame Exekution. Er ist schon so gut wie tot. Zwei weitere Tote
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