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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Schlechteste von hundert Städten und verschmolz es in einer einzigen. Seine schönsten Prachtstraßen waren breit genug, daß hundert Mann nebeneinander marschieren konnten; seine dunkelsten Gassen wie Schießscharten, in denen eine halbe Legion spurlos verschwinden konnte.
    Hub bedeutete Erhabenheit und Verkommenheit. Vereinte alle Schönheit der Welt und bot jede Sünde. Sein Reichtum und seine Bevölkerung waren unfaßbar. Jahrein, jahraus strömte per Schiff oder Wagen Nahrung nach Hub, um die unzähligen Mäuler zu füllen, dennoch hungerten jene von niedriger Geburt. Hub exportierte Krieg und Gesetze, aber auch Leichen – besonders im Sommer, wenn die Fieber wüteten. Die Reichen importierten ihren Wein aus fernen Ländern, ihre Diener aber tranken aus denselben Brunnen wie die Armen, und sie infizierten ihre Herren.
    Alle Straßen führen nach Hub, prahlten die Imps, und die größten Straßen dort führen ins Zentrum, zu den fünf Hügeln und den fünf Palästen. Die Wohnsitze der Wächter, der Rote, der Weiße, der Goldene, der
    Blaue – schön, aber unheimlich, waren geheime Orte, verborgen und geschützt durch Zauberei. Nur wenige gingen freiwillig dorthin. In ihrer Mitte schimmerte, am höchsten und größten, der OpalPalast des Imperators, Sitz der Regierung und aller weltlichen Macht.
    Zum OpalPalast kamen Ruhm, Huldigungen, Petitionen und Botschafter.
     
    Und zum OpalPalast kamen aber auch alle Probleme der Welt, jedes zu seiner Zeit.

    Im Zentrum von Pandemia, dachte Shandie, liegt das Impire. Im Zentrum des Impire liegt Hub. Im Zentrum von Hub liegt der OpalPalast – obwohl das eigentlich nicht stimmt, denn er liegt zu nahe am See, um genau in der Mitte zu sein –, und im Zentrum des OpalPalastes liegt Emines Rundhalle, und im Zentrum der Rundhalle ich bin.
    Bin ich, verbesserte er eilig.
    Und auch das war nicht ganz richtig, denn die genaue Mitte der großen runden Halle bildete der Thron, und er stand eine Stufe unterhalb des Thrones, zur Rechten des Großvaters.
    Er durfte sich nicht bewegen. Keinen Finger. Keinen Zeh. Es handelte sich um einen sehr offiziellen Anlaß.
    Moms hatte ihn gewarnt: Ythbane verlor langsam die Geduld mit Shandies ständigem Gezappel bei Staatsakten. Prinzen mußten wissen, wie man sich würdevoll benimmt, sagte Ythbane, man durfte sich nicht auf den Stufen des Throns winden, mit den Füßen scharren oder an der Nase herumfummeln. Wenn er nicht lernte, einige Stunden stillzustehen, würde er zumindest den Rest des Tages dort nicht mehr sitzen dürfen. Nicht, daß Shandie jemals auf den Stufen des Throns an seiner Nase gezupft hätte. Er glaubte nicht, daß er genug zappelte, um von den Zuschauern bemerkt zu werden. Er glaubte auch nicht, daß er seine letzten Schläge verdient hatte, aber Ythbane glaubte das, und Moms stimmte immer mit allem, was der Konsul sagte, überein. Und Großvater wußte nicht einmal, wer Shandie war.
    Großvater saß auf seinem Thron, also war er das Zentrum der Rundhalle und des Palastes und der Stadt und des Impire und der Welt. Dem Klang seines Atems nach zu urteilen, schlief er schon wieder. Moms stand auf der anderen Seite von ihm, also auf der ersten Stufe, aber sie hatte einen Stuhl, auf den sie sich setzen konnte.
    Dad hatte einmal dort gestanden, erinnerte er sich. Wo er jetzt stand. Moms sprach nicht über Dad, niemals.
    Sich absolut ruhig zu verhalten wäre viel einfacher, wenn man sich setzen könnte. Shandies Knie zitterten. Vom endlosen Hochhalten seiner Toga kribbelte und brannte Shandies Arm, als würden Ameisen über ihn laufen. Wenn sein Arm abfiel, würde das als Bewegung gelten?
    Ythbane würde ihn vermutlich ohnehin schlagen.
Er war noch ganz wund vom letzten Mal.
    Großvater schnarchte und rutschte im Schlaf hin und her. Glücklicher Großvater!
     
    Eines Tages werde ich auf dem Thron sitzen und Imperator Emshandar V. sein. Dann werde ich Ythbane töten.
     
    Ein wundervoller Gedanke.
    Was sonst sollte ein Imperator tun? Zunächst würde er Ythbane prügeln lassen – gleich dort, auf dem Boden der Rundhalle, wo der fette Delegierte noch immer kniete und seinen Unsinn vortrug. Vor dem Hof und den Senatoren. Shandie hätte beinahe gelächelt, hielt jedoch inne.
    Dann gnädig sein und seinen Kopf abschlagen.
    Zweitens, diese dummen, dummen Togen abschaffen! Warum sollten offizielle Anlässe offizielle Hofkleidung erfordern, Togen und Sandalen? Sonst trug sie niemand. Was war falsch an Kniehosen, Wams und Schuhen?

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