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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sagorn?«
     
    »Richtig«, sagte die leise, trockene Stimme. »Ich fürchte, mein Eintreten war ein wenig unorthodox.«
    Kadolan dachte daran, wie hoch dieser Balkon war und erinnerte sich an die Rubinbrosche, und sie verstand. Der Dieb… wie er auch heißen mochte… Sagorn ließ ihr keine Zeit, zu Atem zu kommen.
    »Mein Gewand ist ein wenig unziemlich, Ma’am«, sagte er. »Vielleicht darf ich nach einem Kleid suchen? Ich bitte um Vergebung, falls ich Euch geweckt haben sollte.«
    Sie schlief nicht auf dem Boden, doch in einer peinlichen Situation wie dieser würde ein echter Gentleman immer so tun, als habe er nichts gesehen. »Wie außerordentlich freundlich von Euch, hierher zu kommen, Doktor. Bitte geht in jenes Zimmer, und ich werde in Kürze bei Euch sein.«
    Er murmelte etwas, und sie hörte seinen schlurfenden, vorsichtigen Schritt. Dann stemmte sie sich vom Boden hoch und suchte hastig ihren Hausmantel. Sie ließ ihrem unkonventionellen Besucher einige Augenblicke Zeit, damit er sich anständig anziehen konnte, und ihrem Herzen gestattete sie, daß es von seinen Höhen herunterklomm; schnell richtete sie ihre Nachtmütze über den Lockenwicklern.
    Schließlich trat sie ein. Er war ein verschwommener dunkler Schatten in einem Stuhl, dessen gespenstisch-bleiche Beine ihn mit dem Boden verbanden. Etwas, das vermutlich ein Schwert in der Scheide war, lag zu seinen Füßen. Sie setzte sich sorgsam auf einen Stuhl ihm gegenüber.
    »Licht ist vielleicht nicht angeraten!« sagte sie vorsichtig.
     
    »In der Tat! Ich bedaure, Euren Schlaf auf diese Weise gestört zu haben.«
    »Ich habe nicht geschlafen.« Sie würde ihre Alpträume von weißglühenden Zauberinnen nicht zur Sprache bringen. »Ich war dabei, den Gott der Liebe anzurufen.«
    Nach einer nachdenklichen Pause fragte Sagorn: »Warum?«
    »Weil Sie es gewesen sein müssen, die Inos erschienen sind. Ich kann mir nicht vorstellen, warum niemand von uns das erkannt hat. Vertraut auf die Liebe, haben Sie gesagt.«
    Er seufzte. »Wie wahr! Und Inosolan hat das nicht getan, nicht wahr?« »Sie hat es nicht erkannt! Wir haben geglaubt, Ihr seid alle tot – die Imps hätten Euch getötet.«
     
    »Und den Faun auch, offensichtlich.«
     
    »Ja. Darf ich Euch eine Erfrischung anbieten, Doktor? Normalerweise gibt es Früchte und…«
    Er hob den verschwommenen Nebel einer Hand – sie hatte nachts noch nie gut sehen können, und jetzt war es ganz schrecklich. »Das ist nicht nötig.«
    »Und wie seid Ihr nun aus Inissos Kammer entkommen, Doktor? Und wie um alles in der Welt habt Ihr es geschafft, Master Rap hierherzubringen, den ganzen Weg von Krasnegar in so kurzer Zeit?«
    Sagorn lachte trocken, ein merkwürdig wehmütiger Laut. »Ich habe ihn nicht hergebracht. Er hat mich hergebracht.«
     
    Ah! Plötzliche Erleichterung! »Dann ist er nicht nur ein Seher, sondern ein Zauberer?«
    »Nur ein Geweihter, Ma’am. Er kennt zwei Worte der Macht.« »Sein eigenes… und Ihr habt ihm Eures genannt?«
Pause. »Ja, das habe ich.«
»Das war außerordentlich großzügig von Euch.«
»Es schien zu jener Zeit angeraten«, murmelte er, und sie wünschte, sie könnte seinen Gesichtsausdruck erkennen.
    Einen Augenblick lang sprachen sie kein Wort – es gab einfach so viel zu erzählen! Kadolans Kopf schwirrte, als ihr alle Möglichkeiten einfielen. »Ihr seid gute Freunde, Ihr und Master Rap?«
    »Reisegefährten auf einem sonderbaren Weg. Doch in letzter Zeit lernte ich Master Rap schätzen. Selbst für einen Faun ist er… >hartnäckig< wäre noch der höflichste Ausdruck. Er ist unerschütterlich und ehrenwert. Ich verdanke ihm viel.«
    Kadolan, die einen merkwürdigen Unterton erspürte, wartete ab, doch anscheinend wollte er nicht mehr sagen.
    »Welchem Umstand verdanke ich also das Vergnügen Eures Besuches, Doktor?« Formelles Verhalten war in Augenblicken emotionalen Überschwangs immer ein sicherer Weg.
    Er warf seinen Kopf zurück und lachte schallend. »Kade, Ihr seid ein Wunder! Ihr erinnert Euch… aber ich nehme an, dies ist nicht der Augenblick für Erinnerungen.«
    »Kaum«, murmelte sie. »Sollten die Wachen Euch finden, werdet Ihr noch genug Zeit haben, Eure gesamte Lebensgeschichte niederzuschreiben.«
    »Oder gar keine Zeit?«
»Genau.«
    Wie lange war es her – dreißig Jahre? Länger… sie war glücklich verheiratet in Kinvale, ihr Bruder auf der Durchreise mit seinem Mentor Sagorn. Schöne Zeiten, aber lange her, und sie würde ihm nicht

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