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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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gestatten, eine flüchtige Bekanntschaft in eine Freundschaft umzudeuten, die niemals bestanden hatte. Sagorn war damals viel älter gewesen als sie, und für Holindarn eher ein Tutor als ein Freund. Bleib formell.
    »Nun, ich höre, der Junge ist im Gefängnis.«
»Das ist richtig. Er hat Glück, daß er noch lebt.«
    Er lachte leise. »Dann muß das Alter die Jugend retten. Ihr und ich müssen seine Flucht organisieren, bevor der Sultan es sich anders überlegt.«
    War da in seiner Stimme auch bei dieser Bemerkung ein eigenartiger Unterton zu hören gewesen? Seit Kadolans Sehschärfe immer schlechter wurde, verließ sie sich viel mehr als in ihrer Jugend auf die Nuancen der Stimme. Sie spürte eine gewisse Vorsicht, so wie damals, wenn ein junger Verehrer in Kinvale beim Wert seiner Güter übertrieb oder mit seinen Aussichten bei der Armee prahlte. Normalerweise konnte sie sich in solchen Dingen auf ihre Vorahnungen verlassen. Männer vertrauten den Worten für gewöhnlich mehr als Frauen, und waren daher weniger darauf bedacht, wie sie ausgesprochen wurden.
    »Aber natürlich!« antwortete sie eifrig. »Doch was schlagt Ihr vor, wie wir vorgehen sollen? Der Sultan hat Befehl erlassen, daß er äußerst streng zu bewachen ist.«
    »Ganz recht! Ich habe zu meiner Zeit viele Paläste gesehen, doch niemals einen, der wie ein Lager bewaffnet war Ich glaube nicht, daß eine Rettung menschenmöglich ist… weltlicher Macht möglich ist!«
    Vorsichtig machte Kade »So?«
     
    »Der Spruch des Gottes bezog sich offenbar auf den Stalljungen. Gewiß nicht auf Andor. Oder, wie ich wohl annehme, auf den Sultan.« »Ist Master Rap in meine Nichte verliebt?«
    Wieder dieses trockene Lachen… »Ha! Er hat sich den Weg freigekämpft, vorbei an Hexenmeistern und Zauberern und Drachen, aus Gefängnissen und Burgen, Dschungeln und Piratenschiffen, durch Sturm und Schiffbruch, um an ihre Seite zu gelangen. Und ich glaube, er würde ihr nur zu gerne für den Rest seiner Tage als Stallknecht dienen.«
    Kadolan versuchte, den häßlichen Kloß im Hals hinunterzuschlucken. Genau, wie sie befürchtet hatte – ein Stalljunge! Und ein Faun! Die Götter hatten manchmal eigenartige Ideen. Wie hätte sie das wissen können?
    »Dann müssen wir für ihn tun, was wir können. Erklärt mir bitte Euren Plan.«
     
    »Ich schlage vor, daß Inosolan ihr mangelndes Vertrauen in die Liebe wiedergutmacht.«
     
    Das überraschte sie. »Inos? Ein einziges Wort von ihr und der Sultan würde…«
     
    »Nein!« unterbrach Sagorn scharf. »Ein Wort zu mir.«
    »Oh!« Jetzt verstand Kadolan, und ihr Mißtrauen ballte sich zusammen wie ein Sommergewitter. Langsam dämmerte der Morgen. Das Gesicht des Weisen war nun ein wenig mehr als nur ein verschwommener bleicher Fleck. Sie konnte jetzt seine Augen sehen. »Ihr Wort der Macht, meint Ihr, Doktor?«
    »Genau. Der Sultan hat Vorkehrungen getroffen, damit ein Geweihter nicht fliehen kann. Er hat angeordnet, daß der Gefangene nicht sprechen darf und jederzeit bewacht werden muß und so weiter. Er hat nicht bedacht, daß ein weiterer Geweihter versuchen könnte, ihn zu retten, und ich bin zuversichtlich, daß ein Geweihter eine Befreiung bewerkstelligen könnte. Wir – meine Mitverfluchten und ich also – kennen zur Zeit nur ein einziges Wort, und wir haben unsere Macht verringert, als wir unser Wort mit Master Rap teilten… nicht, daß wir dieses Opfer ungern gebracht hätten, natürlich nicht. Wir bedauern nichts! Um die Wahrheit zu sagen, der Verlust war nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte. Vielleicht kennen viele Leute unser Wort, so daß es keinen Unterschied macht, ob wir es noch mit einer weiteren Person teilen. Doch für das Vorhaben, das ich vorschlage, ist ein zweites Wort gewiß erforderlich.«
    Kadolan dachte eine Weile nach in der Hoffnung, noch ein wenig mehr zu erfahren, bevor sie das Problem erläuterte.
    »Und falls er im Gefängnis stirbt«, sagte Sagorn, und seine Stimme wurde ein wenig härter, »wird das, was wir fortgegeben haben, an uns zurückgereicht.«
    »Ihr hofft also, zu Inos gehen zu können…«
    »Ich glaube, hier wäre Jalon die Antwort, Ma’am. Er ist natürlich ein fähiger Schauspieler und recht erfahren darin, eine Frau zu spielen. Die zarkianische Kleiderordnung könnte für diesen Zweck kaum geeigneter sein. Wenn Ihr Eure Nichte in Eure Gemächer einladen würdet, damit sie einer bemerkenswerten Sängerin lauschen kann, hätte der Sultan sicher nichts dagegen.«

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