Dave Duncan
uns ankam, hat Vater sofort den Palast informiert, und sie kamen und zerrten den armen Mann mitten in der Nacht aus dem Bett und trieben ihn nach draußen…«
»Krasnegar? Heute?« rief Inos und spürte, wie Azaks Augen sie durchbohrten. »Sollten wir hingehen und –«
»Oh, das ist jetzt zu spät, Liebes! Sie werden schon angefangen haben, und selbst ich könnte Euch keinen Zutritt verschaffen oder Vater jetzt eine Nachricht zukommen lassen.« »Aber was will Kalkor? Anerkennung seines Anspruchs?«
»Seid Ihr sicher, daß Ihr kein Konfekt wollt? Niemand weiß das! Man glaubt, daß er total wahnsinnig ist und mit Angilki um den Thron kämpfen will.«
»Kämpfen! Angilki!« Inos dachte an den tödlichen, muskelbepackten Krieger, den sie im Fenster gesehen hatte, und an den übergewichtigen, unfähigen Herzog. Sie begann zu lachen. Der Gedanke, daß diese beiden gegeneinander kämpfen könnten, war absurd.
»Das ist im Augenblick die einzige Theorie, Liebling!« Eigaze wimmerte leise und steckte sich das letzte Stückchen Konfekt in den Mund. »Die Jotnar haben eine uralte, primitive Zeremonie, um solche Dispute untereinander zu klären. Sie nennen sie die Abrechnung, sagt Vater.«
»Ein Kampf mit Äxten!« Plötzlich war Inos ganz nüchtern.
Das Fenster hatte ein Duell mit Äxten prophezeit.
Doch offensichtlich war der Lauf der Dinge irgendwo auf die schiefe Bahn geraten. Jetzt forderte Kalkor nicht sie, sondern Angilki heraus. Und Rap, der dazu bestimmt gewesen war, für sie zu kämpfen, war tot. Azak lächelte.
4
Moms hatte Shandies Medizinmenge eingeschränkt. Sie hatte sogar die Ersatzflasche unter seinem Schrank gefunden. Er fühlte sich schon wieder unruhig, und die Zeremonie hatte gerade erst angefangen. Schweiß rann über sein Gesicht, und es fiel ihm schrecklich schwer, nicht zu zittern. Er versuchte sich auf das Geschehen zu konzentrieren und nicht mehr an die Medizin zu denken.
Der König von Krasnegar trug einen Gips am Fuß und war fett. Es mußte ganz schön schwierig sein, gleichzeitig mit einer Toga und einer Krücke zu hantieren, aber er sah so aus, als habe er schon genug Probleme, nur mit einem von beiden fertigzuwerden. Shandie hielt nicht viel vom König von Krasnegar.
Shandie hieß es ohnehin nicht für gut, wenn Imps König wurden. Imps schuldeten ihre Loyalität dem Imperator. Vielleicht konnten Zwerge oder Menschenfresser oder solche Leute einen König haben – er hatte sich da noch nicht entschieden –, aber nicht Imps. Und dieser König war eigentlich immer noch ein Herzog, und soeben hatte er seine Reverenz für Kinvale erwiesen, so daß es gar keine Mißverständnisse gab, und er hatte sehr lustig ausgesehen, als zwei Herolde ihm helfen mußten, sich mit seinem Gips und der Toga und der Krücke niederzuknien.
Er mußte seine Rede sogar ablesen! Abscheulich! Und er hatte so gräßlich gemurmelt, daß niemand ihn verstanden hatte.
Wenn das der König von Krasnegar war, dann stellte Krasnegar keine sehr hohen Ansprüche an seinen Regenten. Der fette Mann hatte keine Ahnung vom Benehmen bei Hofe. Man hatte ihm Konsul Humaise als eine Art Betreuer zugeteilt, damit er in seiner Nähe bleiben und ihm Anweisungen zuflüstern konnte.
Oh, warum machten sie nicht voran?
Ein lustiges, ängstliches Ziehen durchfuhr Shandie, als er darüber nachdachte, eine Ohnmacht vorzutäuschen. Dann würde man ihn hinaustragen! Ythbane würde ihn natürlich grün und blau schlagen, aber Moms würde ihm viel von der Medizin geben. Das wäre es vielleicht wert.
Paß auf.
Der Jotunn war… Nun, er hatte gewiß Muskeln. Und er war nicht so kreidebleich wie die meisten anderen – irgendwie brauner. Sein Haar war dagegen sehr hell, sogar für einen von ihnen. Moms sagte, sie seien mörderische Unmenschen, und dieser Kalkor sah gemein genug aus, daß er alles mit bloßen Händen umbringen würde, aber er hatte Muskeln, und er war von der Hüfte aufwärts nackt, damit er mit ihnen angeben konnte. Er war nicht haarig und tätowiert wie der Botschafter und seine Gefolgsleute. Eine Schande, derart gekleidet bei Hofe zu erscheinen! Er wirkte auch nicht besonders ergeben. Aber das war für Jotnar sowieso normal.
Als diese allzu blauen Augen unerwartet auf ihn fielen, blickte Shandie ganz schnell zur Seite und starrte auf den Weißen Thron. Es war natürlich ein Tag des Nordens.
Paß auf!
»Der Botschafter hatte zu keiner Zeit die Erlaubnis, meinen Anspruch auf Krasnegar zurückzustellen, Hoheit.« Kalkor
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