Dave Duncan
wütend anfunkelte, jedoch keinerlei Widerstand leistete, während die Männer an ihm rumzupften und ihn in Augenschein nahmen. Sie ließen seine Beutel mit Gold klimpernd zu Boden fallen, sie erleichterten ihn um seine zwei Dolche und einige dünne Messer, von denen Inos nichts gewußt hatte.
Schließlich wurde Char, Varrun und Jarkim dieselbe Behandlung zuteil. Der Tribun betrachtete Inos nachdenklich. »Tragt Ihr irgendwelche Waffen oder Dokumente bei Euch?«
»Keine.«
»Ihr schwört beim Gott der Wahrheit?«
»Das tue ich.«
»Nun gut. Also, fangen wir mit dem da an.« Er nickte Char zu.
Die beiden Legionäre ergriffen Chars Hände, drehten ihn um und knallten sein Gesicht gegen die Wand. So hielten sie ihn fest. Azak trat einen Schritt vor und wurde von einer dichten Reihe Schwerter aufgehalten. Der Zenturio versetzte Chars Nieren einen harten Schlag und trat ihm gegen die Knöchel. Inos schloß die Augen.
Char nahm zwei weitere Schläge schweigend hin, dann begann er zu schreien. Azak knurrte, ohne etwas zu sagen.
»Wollt Ihr reden?« fragte der Tribun.
»Das werdet Ihr bereuen!«
»Macht weiter, Zenturio. Seid nicht so zimperlich.«
»Seht!« rief der erfolglose kleine Zivilist.
Inos sah. Der Mann stand immer noch am Fenster und mußte aus demselben Grund hinausgestarrt haben, aus dem sie ihre Augen geschlossen hatte.
»Soeben ist eine Kutsche mit Wappenschild vorgefahren, Tribun. Und die Vorreiter sind Prätorianerhusaren.«
»Gott der Qualen!«
Die Sache war immer noch nicht ganz erledigt. Der Husar, der den Tribun begrüßte, stand einige Ränge unter ihm, doch er war jung und strahlend und äußerst zufrieden mit sich selbst und dem Status, den sein Federhelm ihm verschaffte. Er war sehr groß und hatte beinahe kein Kinn, doch jeder Mann, der es bis zu den Prätorianern schaffte, hatte schon mal großen Einfluß, und allein die Tatsache, daß er Prätorianer war, gab ihm noch mehr Einfluß – er war so gut wie sicher ein zukünftiger Liktor – mindestens. Der Tribun verspürte nur noch sehr wenig Lust, sich zu streiten.
Doch der Passagier in der Kutsche war kein Senator, sondern lediglich eine würdevolle, gut gekleidete Dame, die wie eine jüngere Version von Tante Kade aussah. Sie war in warme, weiche Pelze gehüllt und warf einen kalten, harten Blick auf die vom Regen durchweichte Waise, die von Truppen umringt im Schlamm neben der Kutsche stand.
»Ihr kennt diese Frau, Ma’am?« fragte der Tribun bedrückt. »Nein.«
Sein Gesicht hellte sich auf. »Nein?«
»Sie hat an meinen Vater geschrieben und behauptet, mit uns verwandt zu sein, aber keiner von uns hat sie je gesehen. Außerdem ist von vertrauenswürdiger Seite berichtet worden, daß die Person, die zu sein sie behauptet, tot ist.«
Der Tribun strahlte.
Der junge Husar mit dem fliehenden Kinn runzelte leicht die Stirn. Er hatte offensichtlich beschlossen, daß er Inos vertraute, trotz ihrer abstoßend heruntergekommenen Erscheinung. »Könnt Ihr beweisen, wer Ihr seid, Miss?«
Azak kochte schweigend im Hintergrund.
»Ich bin Inosolan von Krasnegar, und das hier muß Lady Eigaze sein.«
Die Dame in der Kutsche zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. »Mein Name ist wohl kaum ein Geheimnis.«
»Kade hat mir viel von Euch erzählt.«
»Zum Beispiel?«
»Ihr habt einen Sommer in Kinvale verbracht und das Herz eines jungen Husaren gewonnen. Er hieß… lonfer, glaube ich.«
»Mein Mann ist der Prätor lonfeu. Ihr werdet Euch etwas Besseres einfallen lassen müssen.«
»Nun, sie erzählte auch etwas über einen gewissen Vortrag auf dem Spinett, bei dem das Spinett nicht ganz mitspielte, möglicherweise weil innen ein Igel herumkrabbelte. Und von einer zugedeckten Suppenterrine, die, als der Lakai den Deckel vor Ekka hob –«
»Inosolan!« kreischte die Frau. »Was ist mit Eurem Gesicht geschehen, Kind!« Sie stolperte die Stufen hinunter in den Regen und warf ihre Arme um Inos.
»Mögen die Götter nächstes Mal mit Euch sein, Tribun«, bemerkte der furchtlose junge Husar mit erfreuter Stimme.
3
Kade tat immer mal wieder so, als sei sie zerstreut. Ihr früherer Schützling Lady Eigaze trieb die Imitation bis zur Parodie. Sie schlenderte ziellos umher, kicherte und plapperte. Doch sie war die Tochter eines Senators und hatte ihren eigenen Willen, wenn sie wollte. Ein kurzer Blick auf den übel zugerichteten und blutenden Char reichte, und sie ließ ihre Samthand in den eisernen Handschuh gleiten. Ihre schwammigen Formen
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