Dave Duncan
neben ihr und hatte bislang geschwiegen. Jetzt ergriff er das Wort. »Also wird dieser Kalkor morgen durch die Hand des Trolls sterben?«
Epoxague warf ihm einen taxierenden Blick zu und rieb mit einem Finger über seinen Schnurrbart. »So lautet natürlich der Plan. Gladiatorenkämpfe wurden vom Vater des jetzigen Imperators verboten, als ich ein Junge war – ich kann mich nur an einen einzigen Kampf erinnern –, aber es ist allgemein bekannt, daß es insgeheim immer noch derartige Veranstaltungen gibt. Dieser Troll, der den Namen Mord of Grool trägt, wird zur Zeit als Champion anerkannt. Seine Betreuer waren sehr erfreut über ein Match gegen einen einzigen Mann, sogar gegen einen berüchtigten Kämpfer wie Kalkor. Mord nimmt es manchmal mit vier Imps oder zwei Jotnar auf.«
Inos durchbrach die Stille. »Warum zweifelt man dann noch?«
Epoxague seufzte. »Es gab Gerüchte… Die Götter wissen, wer sie in Umlauf gesetzt hat! Aber es heißt, Herzog Angilkis Anfall sei mehr als nur weltlicher Natur gewesen.«
Inos erschauerte. »Die Wächter?«
Der Senator zuckte die Achseln. »Vielleicht. Zauberei in Emines Rundhalle zu benutzen, so nahe beim Thron… das muß entweder ein Akt der Vier gewesen sein oder der eines total Wahnsinnigen.«
»Kalkor? Sagt Ihr da gerade, daß Kalkor ein Zauberer ist?«
»Ich sage gar nichts. Es ist nur ein Gerücht. Aber Angilki wollte sich womöglich gerade von dem Wettstreit zurückziehen, und Kalkor scheint den Kampf zu wollen. Entweder ist dieser Mann total verrückt, nach Hub zu kommen, oder er kennt einen Ausweg, mit dem der Regent nicht rechnet.« Epoxague lächelte grimmig, als er sich erhob. »Oder beides?« In jener Nacht brannten die Lampen im Hause des Epoxague noch lange. Inos war nicht allen Anwesenden vorgestellt worden. Einige von ihnen waren ganz zweifellos Verwandte, andere mußten politische Verbündete und Berater sein. Zumindest einer war ein Marquis, aber der Adel hatte in Hub viel weniger Gewicht als im restlichen Impire. Was in der Hauptstadt zählte, war Einfluß, und davon hatte ein Senator viel. Epoxague hatte mehrere ererbte Titel inne, doch er machte sich nicht die Mühe, sie zu nutzen, denn er dominierte über alle anderen. Sie saßen in Reihen da und hörten schweigend zu. Ein paar von ihnen waren Frauen, und auch Eigaze war anwesend, in der Nähe ihres Vaters.
Das war ebenso überraschend wie die Gegenwart des kinnlosen, schlaksigen jungen Burschen, den alle mit Tiffy ansprachen, und der sich als Eigazes ältester Sohn herausgestellt hatte. Ohne Uniform wirkte er noch jünger und frecher. Beim Abendessen hatte er versucht, mit Inos zu flirten und dabei schamlos Azaks mörderische Blicke herausgefordert – sie war verlegen wegen ihres zerstörten Gesichts und dankbar für seine Bemühungen gewesen. Wie alle anderen hörte er jetzt ehrerbietig und schweigend zu.
Der Senator saß vor ihnen und nippte gelegentlich am Wein. Inos und Azak war ein Platz auf einem Sofa zugewiesen worden, das dem eindrucksvollen Publikum zugewandt stand, und Inos redete.
Sie erzählte die ganze Geschichte so ausführlich sie konnte. Sie erzählte sogar Dinge, von denen Azak noch nichts gehört hatte – über das magische Fenster, Rap und die Prophezeiungen. Sie erzählte von dem Fluch, den zu erwähnen er ihr verboten hatte. Ihr eigenes Wort der Macht, das sie allmählich für einen Mythos hielt, erwähnte sie nicht. Nur an einer Stelle verbog sie die Wahrheit, und da glaubte sie zu sehen, wie der Senator ganz leicht seine Augenbrauen hochzog, als könne er den Unterschied hören, wie eine verstimmte Saite in einem Orchester. Rap, so erzählte sie, war an seinen Wunden gestorben. Es wäre Verrat gewesen, Azak als Mörder zu brandmarken, und sie hatte geschworen, ihm treu ergeben zu sein.
Azak war ruhig und schwieg wie eine Marmorstatue. Er sah sich von Feinden umzingelt, von einigen der mächtigsten Leute des Impires, und sie wußte, das mußte für ihn eine schlimme Erfahrung sein. Sie konnte nicht sagen, ob er beeindruckt oder angewidert war, aber Azak wußte, wie Macht funktionierte, und sicher war er aufmerksam und lernte viel. Ein kluger Mann kennt seinen Feind.
Der Raum war groß und üppig ausgestattet. Zwischen edlen Möbeln funkelten Kristallspiegel und feinstes Porzellan, und dennoch lag über allem die Patina der Jahre. Die Teppiche waren fadenscheinig, und über den Fackeln wurden die Friese der Decken gelb. Das hier war nicht die funkelnagelneue
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