Dave Duncan
wirkte unbeeindruckt und beobachtete das Geschehen schweigend und mit leisem Spott auf seinen dämonischen und grotesk blutigen Gesichtszügen.
»Sultana Inosolan«, wiederholte der Regent nachdenklich. »Auf diesen Titel können wir uns doch gewiß einigen?«
Inos zögerte. Azak warf ihr einen seiner Raubtier-Blicke zu, doch Inos ließ sie abprallen. Schließlich lebte Rap, und jetzt wußte sie, daß Azak die ganze Zeit eine Täuschung gewesen war. Sie war Azak gegenüber vielleicht nicht gerade fair gewesen, doch er war zu ihr ganz und gar nicht fair gewesen. Ihre Einwilligung in die Heirat war ihr mit Drohungen abgerungen worden.
Sie war immer davon ausgegangen, daß Rap tot war, also hatte sie ihn niemals in Betracht gezogen – nicht, seit ihr Vater gestorben war…
Nein, das stimmte nicht. Sie hatte Rap niemals als ihren Liebhaber gesehen. Sie hatte sich selbst niemals gestattet, so von ihm zu denken, denn er war nur ein Stalljunge gewesen, und ihre ganze Erziehung war daraufhin ausgelegt, daß sie einen Adligen heiraten mußte. Das war ihr großer Irrtum gewesen. Erst nachdem er lebend in Arakkaran aufgetaucht war, hatte sie bemerkt, was sie für ihn empfand, und da hatte es so ausgesehen, als sei es zu spät. Aber es war noch nicht zu spät! Rap war am Leben, und ihre Ehe mit Azak war noch nie vollzogen worden. Es war noch keine gültige Ehe.
Wenn sie das jetzt zur Sprache bringen würde, hieße das, die Wölfe loslassen.
Ein Leben lang mit Azak? Nein – ein Leben lang mit Rap!
Sollte der Teufel ihre Erziehung holen!
Ihr Verstand flatterte hin und her wie ein Singvogel, der seinem Käfig entronnen war.
»Eure Hoheit?« Sie versuchte, ihrem Gesicht denselben minderbemittelten Ausdruck zu verleihen, wie ihn Kade gelegentlich zur Schau stellte. Dahinter fühlte sie sich noch dümmer.
Ythbane verzog die Augen zu Schlitzen. »Ihr könnt kaum erwarten, gleichzeitig Königin von Krasnegar und Sultana von Arakkaran zu sein. Welches von beiden soll es sein?«
»Äh…« Inos blickte wieder in Azaks mörderische Augen. Dann wandte sie sich um und sah Rap an, und einen Augenblick lang sah sie… doch da war es schon vorbei. Sein Gesicht war wieder vollkommen undurchdringlich geworden. Was hatte sie gesehen? Schmerz? Verlangen? Er hatte die ganze Welt durchquert, um an ihrer Seite zu sein, und nun war er ihr erneut den halben Weg zurück gefolgt. Sie brauchte doch gewiß nicht zu bezweifeln, was Rap wollte?
Sie stammte von einer langen Reihe von Königen ab. Sie hob trotzig ihr pochendes Kinn. »Eure Hoheit, mein Mann wünscht, den Rat der Vier anzurufen. Bis sie seine Petition angehört und ein Urteil gefällt haben, kann ich nicht entscheiden, wo meine Interessen liegen.«
»Ha!« triumphierte Kalkor. »Sie erkennt mich nicht als König von Krasnegar an!«
»Ihr schweigt!« rief Ythbane. Er ließ seinen Blick über die Anwesenden gleiten. »Wo ist er? Botschafter Krushjor! Kommt und bringt diesen nackten Wilden fort. Wascht ihn und kleidet ihn anständig, oder werft ihn zurück in seinen Käfig, falls Euch das lieber ist, aber schafft ihn mir aus –«
»Hütet Eure Zunge, Emporkömmling!« knurrte Kalkor. »Erkennt dieses Weib mich als König von Krasnegar an?
Denn falls nicht, werde ich sie zu einer Abrechnung herausfordern.« »Ihr werdet nichts dergleichen tun!« rief Ythbane. »Wir haben wahrlich genug von diesem mörderischen Unsinn gesehen.«
Azaks harte Djinn-Stimme fuhr dazwischen. »Eure Imperiale Hoheit, der Jotunn hat meine Frau in Eurer Gegenwart beleidigt. Könnt Ihr ihn nicht angemessen disziplinieren?«
Der Hof hielt ob solcher Unverschämtheit den Atem an. Ythbanes blasses Gesicht wurde knallrot. »Das ist unglücklicherweise nicht so einfach. Er genießt diplomatische Immunität. Wir könnten ihn in Fesseln über die Grenze schicken, und das scheint mir mehr und mehr eine sehr gute Idee.«
»Es gibt eine Prophezeiung«, rief Kalkor.
Ythbane sah ihn verwirrt an. »Welche Prophezeiung? Von wem ausgesprochen?«
»Fragt die Frau.«
Alle sahen Inos an.
»Mein Vorfahr, der Zauberer Inisso – er hinterließ in seinem Turm in Krasnegar ein magisches Fenster. Es hat mir die Zukunft prophezeit. Es hat prophezeit, daß Than Kalkor in einem Duell, einer Abrechnung, kämpfen würde.«
»Das hat er soeben getan«, fuhr der Regent sie an. Diese ganze Affäre um Kalkor legte sich wie ein Schleier über seinen Hof, und sein Zorn war sowohl offensichtlich als auch verständlich.
Auch Inos
Weitere Kostenlose Bücher