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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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langweilig. Sie konnte jedes Tier aus den Ställen des Palastes reiten. Zeichnen hatte schon immer zu ihren Talenten gehört, und jetzt konnte sie mit einem halben Dutzend Strichen eine Ähnlichkeit aufs Papier bannen. Dichtung, Handarbeiten… kein Problem. Sie hatte sich sogar ein wenig im Bogenschießen versucht, und das bereitete ihr gewiß keine Schwierigkeiten mehr. Sie hatte Marschall Ithy einen Scheffel militärischer Geheimnisse entlockt, ohne daß er es überhaupt gemerkt hatte, und am Abend zuvor hatte sie den hirnlosen (aber ziemlich niedlichen) jungen Tiffy in die absolute Erschöpfung getanzt.
    Nichts bereitete ihr noch irgendwelche Probleme!
Doch wo im Namen aller Götter war Rap?
Sie ließ ihre Füße wieder in die Schuhe gleiten, die sie vorher abge
    schüttelt hatte, biß die Zähne zusammen und machte sich auf die Suche nach dem Imperator.

    Das Wartezimmer zu finden war leicht. Es zu durchqueren, war schon schwieriger, selbst für eine Geweihte – es waren einfach zu viele Herolde, Lakaien und Kammerleute anwesend. Sobald sie die ersten sechs oder acht von ihnen zu schwitzender, errötender und stotternder Zusammenarbeit gebracht hatte, erholte sich der erste bereits wieder. Das Problem war, daß sie vielleicht ihre Köpfe verlieren würden, wenn sie ihr ohne Erlaubnis Zutritt verschafften, und die Furcht vor dem Tod war ein mächtiges Gegengift des Charmes.
    Schließlich ergab sie sich ihren von Furcht erfüllten Bitten und setzte sich zu den ungefähr vierzig Männern und Frauen, die geduldig warteten. Sie begann ein Gespräch mit dem mausgrauen Bürokraten, der neben ihr saß, und entdeckte, daß er nichts wußte, was sie je zu wissen wünschte. Er machte sich Sorgen um eine Frage der öffentlichen Wasserversorgung in irgendeiner gottverlassenen kleinen Stadt im Norden von Pithmot, und das machte auch schon seine ganze Existenz aus. Er rechnete damit, noch mindestens einen Monat warten zu müssen, bis es ihm gestattet würde, vor dem Imperator zu erscheinen.
    Davon ging Inos sicher nicht aus. Sie mußte ein Königreich retten. Sie mußte einen Geliebten finden. Nach allem, was sie seit ihrer Reise aus Arakkaran durchgemacht hatte, würde sie sich nicht zu einer Dekoration eines Wartezimmers machen lassen.
    Doch schon bald erschien ein älterer Herold in einem Wappenrock, der mit goldenen Fäden derart überladen war, daß er hundert Pfund wiegen mußte.
    »Seine imperiale Majestät bedauert, daß er heute niemanden mehr empfangen kann und bittet Euch, morgen wiederzukommen…«
     
    Niemand rührte sich.
     
    Der Herold konsultierte seine Schiefertafel. »Mit Ausnahme der folgenden Personen…«
    Er schürzte die Lippen, drehte die Schiefertafel um und senkte sie. “…Ihre Majestät Königin Inosolan von Krasnegar, ihre Hoheit Prinzessin Kadolan oder Doktor Sagorn.«
    Inos erhob sich und sah sich um, doch sie hätte gewiß einen der anderen erkannt, wenn sie dort gewesen wären. Sie ging auf die Tür zu, während alle anderen ihre Akten, Berichte und Petitionen zusammenpackten und sich auf den Heimweg machten.
    Sie hatte den Imperator im nächsten Raum erwartet, doch sie wurde durch mehrere prächtige Räume und Durchgänge geführt. Es gab noch andere Türen, und vermutlich traten wichtige Persönlichkeiten durch sie ein, um den Pöbel zu umgehen.
    Als sie jedoch endlich den Audienzsaal betrat, war die Umgebung schmeichelhaft – ein kleines privates Wohnzimmer mit großen Fenstern, die auf eine regnerische, deprimierende Winterlandschaft hinausgingen. Doch ein kleines Feuer brannte im Kamin, und es gab nur vier Stühle. Emshandar schüttelte den Kopf, als sie einen formellen Hofknicks vollführen wollte, und winkte sie zu einem der Stühle. Die Speichellecker verließen das Zimmer und schlossen die Tür, und er ging zu einem Tisch, auf dem Gläser und Wein standen.
    Trotz ihrer Ungeduld mußte sie die Förmlichkeiten beachten – Inos setzte sich und versuchte, sich zusammenzunehmen. Die Porträts an den Wänden stellten sicher seine Kinder da, Orosea und Emthoro, und Inos erkannte die Arbeit von Jio’sys, der im ganzen Palast präsent war. Von ihrem Stuhl aus konnte sie die Titel der vielen Bücher lesen, die in hohen Regalen standen: Recht, Geschichte, Ökonomie – langweiliges Zeug. Zwei Worte der Macht hatten die Schärfe ihrer Sinne deutlich verbessert, doch bislang hatte sie keinerlei okkulte Fähigkeiten entdeckt. Die Teppiche waren aus echt zogonianischer Wolle, und die kleineren

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