Dave Duncan
über einen Sessel flog. Er landete schwerfällig und konnte seinen Fall glücklicherweise auf dem Behelfs-Rap abfedern, der die ganze Zeit unbeweglich dagestanden und leer gelächelt hatte. Kobold und die Fälschung prallten zusammen und rollten übereinander, und eine gedämpfte Stimme von unten sagte: »Ich danke dir!«
Der echte Rap stand heftig atmend auf und ordnete seine Kleider. »Weiter, tapferer Bursche?«
»Unfair!« knurrte es vom Boden her. »Magie benutzt!«
»Du auch – nun, auf jeden Fall hast du okkulte Muskeln benutzt. Jetzt hat sich mein Double bereits an dich gewöhnt. Steh auf, und laß mich dein Bein heilen.«
Inos fühlte einen Kloß in ihrem Hals. Dieser Unsinn war vermutlich die männliche Art, mit Gefühlen umzugehen, doch warum konnte Rap mit Little Chicken lachen, nicht aber mit ihr?
Der Kobold lachte schallend auf und sprach wieder im Kobold-Dialekt. »War letzte Chance zum Üben.« Er sprang geschickt auf die Füße. »Wenn ich meine Brüder genauso herumwirbele, sie schreien Zauberei! und hängen mich mit den Armen nach hinten an der Wand auf… genauso haben es die kleinen grünen Wilden verdient. Und du hast keine Ahnung, wie ich das gute impische Bier vermissen werde!«
»Das war’s also«, meinte Rap abwesend und warf einen Blick auf sein darniederliegendes Ebenbild. »Ich konnte nicht verstehen, warum deine Bestimmung so vollständig weltlich war, aber sie ist es. Es erschien mir sonderbar… ich nehme an, es ergibt einen Sinn. Du wirst deine Stärke verbergen müssen. Die Männer könnten sich weigern, einem übermenschlichen Wesen in die Schlacht zu folgen.«
Er reichte dem falschen Rap die Hand und half ihm auf die Füße. Dieser blieb pflichtbewußt schweigend stehen. Die echten Männer sahen einander an, und das Schweigen dauerte zu lange, um nicht unbehaglich zu sein.
»Vollmond«, meinte Rap leise. »Gute Reise in den Nordländern.« »Rufe Nachbarn zusammen«, stimmte Little Chicken zu, doch er wirkte immer noch unentschlossen.
Erneut hielt Rap ihm die Hand hin, doch wandelte er diese Geste in eine Umarmung ab. Die beiden Männer fielen sich um den Hals. »Mögen die Götter dich segnen, Flat Nose.«
»Möge das Gute mit dir sein«, erwiderte Rap sanft. »Wildleder? Fett? Igitt! Na gut – ich werde dich vor die Tür des RavenTotem setzen.«
Kobold und Ebenbild verblaßten und verschwanden.
Die dritte Prophezeiung des Fensters würde sich erfüllen.
Rap wandte sich dem Feuer zu und lehnte einen Arm auf den Kaminsims. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde er zusammenbrechen, ob aus Erleichterung oder Verzweiflung, konnte Inos nicht sagen. Schließlich richtete er sich wieder auf und sah sich nach ihr um. Er verbeugte sich.
»Guten Abend, Eure Majestät.«
Formell bleiben.
Sie trat vor und warf ihren schweren Mantel auf einen Stuhl. Ein leiser Geruch nach ranzigem Bärenfett lag in der Luft. »Guten Abend, Hofzauberer. Und wo bist du in den letzten Tagen gewesen?«
»Bin mit einem Kobold durch die Wälder gelaufen.« Raps Gesicht war zwischen ihr und dem Licht auf dem Kaminsims, und es blieb undurchdringlich.
»Das hat ihm die Wahl erleichtert?«
»Zweifellos.«
»Du hättest mich nicht zuhören lassen, wenn du nicht sicher gewesen wärst.«
»Aber ich war erst heute nachmittag sicher.«
»Die meisten Zauberer würden seinem Verstand einfach entsprechende Befehle erteilen.«
»Vielleicht.« Seine Stimme verriet nichts. »Doch das hätte vielleicht gegen seine Bestimmung verstoßen.«
»Warum hast du zugelassen, daß ich das alles sehe?«
Er zuckte die Achseln. »Ich werde nicht lange in Krasnegar bleiben, Inos. Ich wollte nicht, daß… du dir Sorgen machst.«
»Danke.« Sie stellte sich vor, wie Krasnegar ohne ihn wäre. »Bitte sehr. Und welche Befehle hatten Ihre Majestät heute abend für mich?«
Sie hockte sich auf die Lehne des Stuhles, auf dem der Kobold gesessen hatte. »Falls ich mit einem Hofzauberer auftauche und dieser die Jotnar in Stücke reißt, werden die Leute laut jubeln, ihn als Inisso II. hochleben lassen und ihn auf den Thron setzen.«
»Was dir gut passen würde«, stimmte Rap zu, und ein ironisches Lächeln zog seine Tätowierungen kraus.
Sie nickte – sehr gut! Er legte die Nase in Falten. »Aber mir nicht.« »Also müssen wir dafür sorgen, daß die Bürger sich selbst befreien, das heißt, wir müssen ihnen Waffen geben.«
»Und einen Führer. Doch dann werden sie ihre Freiheit
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