Dave Duncan
Dutzende von Männern in Grüppchen zusammen oder hingen an den Tischen und redeten laut durcheinander.
Sie schritt an Rap vorbei und ging auf den hellsten Punkt zu, den sie ausmachen konnte. Ein Mann sprang von seinem Stuhl auf, als sie sich näherte und lief davon, ohne sie zu beachten. Raps Arm war für sie da, als sie danach griff, mit der anderen Hand hob sie ihre Röcke und stieg geschickt auf den Hocker.
Das Geschwätz verebbte zu erstauntem Schweigen. Alle Augen waren auf sie gerichtet. Blasse Gesichter starrten sie an, goldene und silberne Köpfe. Das hier war das Wasserloch der Jotunn, aber es waren auch Imps da, und vielleicht war das ein gutes Zeichen. Sie mußte die beiden Gruppen vereinen, doch gewiß hatte die Not sie einander bereits näher gebracht als je zuvor?
Im Hintergrund standen die Männer auf, um besser sehen zu können. »Die Prinzessin!« sagte eine ehrfürchtige Stimme, und andere nahmen die Worte auf: »Die Prinzessin! Die Prinzessin!«
»Die Königin!« rief jemand in einer Ecke, und wieder wurden seine Worte wiederholt. Ein paar Fäuste schlugen auf die Tische. Dann Stille. Sie glaubte zu bemerken, wie das Licht um sie herum heller wurde. Ihr Mund war wie ausgetrocknet. Nein, war er nicht.
»Ich bin Königin Inosolan. Ich bin zurückgekehrt, um Anspruch auf mein Reich zu erheben!« Sie wagte nicht, eine Pause zu machen, aus Angst, jemand könnte eine spöttische Bemerkung machen. »Ich habe Waffen dabei, und ich rufe Euch auf, in meinem Namen zu den Waffen zu greifen und Rache an den Jotn… den Eindringlingen zu nehmen!«
Rap warf mit einem kräftigen metallischen Scheppern ein großes Bündel auf den Tisch. Ein plötzliches Ziehen an ihrer Taille sagte Inos, daß sie nunmehr ein Schwert trug. Sie griff unter ihren Mantel und zog das Schwert aus der Scheide.
Sie schwang es über ihren Kopf, und die Klinge traf die Decke so fest, daß ihr beinahe das Heft aus der Hand geglitten wäre.
»Wer folgt mir?«
Die längsten zwei Sekunden ihres Lebens…
»Bei den Mächten, ich tue es!« rief eine hohe Stimme. Ein junger Jotunn sprang ein paar Tische entfernt auf. Er war sehr schlaksig, sein blondes Haar berührte beinahe die Decke, und sein Gesicht war hellrot von zuviel Bier.
Kratharkran, der Schmied, gab eine Stimme in ihrem Inneren das Stichwort, aber sie kannte Krath. Wie war er gewachsen!
»Schmiedemeister Kratharkran, Ihr seid willkommen! Ich ernenne Euch hiermit zum Anführer! Teilt diese Waffen aus, und bringt Eure Leute zum Burghof. Ich treffe Euch dort mit den anderen. Die Krieger werden alle in der Großen Halle zusammengetrieben, und wir werden sie töten!«
»Aye!« brüllte Kratharkran mit einem schrillen Kreischen, das seine Körpergröße verhöhnte. Auch andere sprangen nun auf, und im ganzen Raum kippten Stühle um und polterten Stiefel los.
»Mögen die Götter die Königin schützen!« piepste Kratharkran, und ein Chor von Stimmen wiederholte seine Worte. »Mögen die Götter die Königin schützen!«
Rap hatte wieder ihr Handgelenk umfaßt. Sie sprang vom Stuhl, und ihr Schwert verschwand auf geheimnisvolle Weise. Unsichtbare Hände stützten sie, als ihr Mantel sich am Stuhl verfing. Rap zog sie mit sich, und sie liefen zur Tür, während betrunkenes Gebrüll und das Geräusch umfallender Möbel den Raum hinter ihr erfüllten.
Sie war wieder draußen in der Gasse und rannte hinter Rap her. »Gut gemacht, wirklich wunderbar!« rief er ihr zu.
»Das warst du, nicht ich!« Sie lachte laut, und er wandte den Kopf und lächelte sie an.
Dann riß er die Tür zum Traum vom Süden auf und zerrte sie hinein, bevor sie noch Luft holen konnte. Hier war die Decke noch tiefer, die Beleuchtung noch dämmriger, und die meisten der versammelten Köpfe waren dunkel. Nun, Imps wären sicher noch eher bereit, die Jotnar zu töten, doch vermutlich brauchte man von ihnen ein paar Leute mehr.
Wieder stand sie auf einem Hocker, wieder schien das Licht um sie herum heller zu werden. Sie hatte ihre Rede nun schnell zur Hand – viel zu schnell, denn sie begann zu sprechen, bevor es richtig ruhig war. »Ich bin Königin Inosolan. Ich bin zurückgekehrt, um Anspruch auf mein Königreich zu erheben…«
Dasselbe Gepolter der Waffen von Rap, dieselbe entsetzte Stille… Viel länger…
Eisiges, entsetzliches Schweigen!
Die Imps von Krasnegar ließen sich wesentlich weniger leicht aufstacheln als ihre blaßhäutigen Landsleute. Inos’ neugewonnene Euphorie versank in Furcht. Sie
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