David Roth und andere Mysterien
zog sich schmerzhaft zusammen. Ich stieß erleichtert Luft aus, als Linda mit ihrem prallen Strandkörbchen zu uns kam. Mittlerweile empfand ich den Sonnenuntergang eher bedrückend als friedlich.
***
Es war nicht schwer, Kirribilli zu finden. Welch ein Name für ein Stadtviertel. Ich fand es anspruchsvoll, von der vielspurigen Brücke auf die Ausfahrt zu fahren, aber mit David und seinen immerzu perfekten Wegbeschreibungen war auch das im Bereich des Möglichen. Dieser Mann kannte seine geliebte Stadt.
Linda und David unterhielten sich über ihren Nachmittag am Strand, was ich ignorierte. Ich musste mich auf die komplizierten Straßen konzentrieren, zudem hatte ich keine Lust darauf, mich mit dem Giftfrosch zu unterhalten.
Kirribilli erstreckte sich als eher kleines Viertel auf einer Halbinsel. Die Waruda Street befand sich an ihrem Ende, sodass ich genug Zeit hatte, um zwischen den Häusern immer wieder den direkten Blick auf das überwältigende Sydney Opera House auszukosten. Davids Haus war schmal und dreistöckig, dazu gehörte ein kleiner Parkplatz, auf dem ein einziger Wagen stand: ein sauberer, schneeweißer Jeep mit großer Ladefläche und einem Aufkleber am Hinterteil. Down Under, born and raised .
„Ach, mein Baby“, seufzte David. Offenbar gehörte ihm der Jeep. Ich hielt vor ein paar Parklücken an und ließ den Motor laufen, in der Hoffnung, dass er sich beeilen würde.
Linda gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Daraufhin beugte sich David vor und klopfte mir fest auf die Schulter. „Bis bald, Weihnachtsmann“, sagte er und stieg aus.
Ich wartete, bis er über einen kleinen Steg gelaufen war – das Haus lag unmittelbar am Wasser des Hafens – und die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Währenddessen wechselte Linda auf den Beifahrersitz.
Ich nahm mir eine Sekunde Zeit, um die Verwunderung über die vertraute Geste abzuschütteln, und fuhr erst weiter, als sich der verwirrende Nebel in meinem Kopf gelichtet hatte.
„Das hat eben wunderbar mit euch beiden geklappt!“, rief Linda fröhlich aus, als wir die Halbinsel verließen.
Ich schnaubte belustigt. „Es ging um deine Sicherheit. Da gab es keinen Platz für diese kleine Fehde zwischen David und mir.“
„Wer weiß, vielleicht versteht ihr euch eines Tages etwas besser. Oder richtig gut. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
„Bevor wir einander je sympathisch finden“, erwiderte ich amüsiert, „geht die Welt unter.“
Das meinte ich ernst.
***
Zurück in Waverton gab es einige Unruhen, weil Bobby die schlechten Neuigkeiten erfahren musste. Ich verbrachte einige Stunden der Nacht in einer Chat-Konferenz mit Billy. Er plante eine größere Anzahl zusätzlicher Kollegen zu schicken, als ursprünglich gedacht. Ich war froh darüber. Das bedeutete Sicherheit für alle Beteiligten.
***
Am nächsten Morgen blieb Linda zur Abwechslung einmal zu Hause. Sie zeigte mir die Bilder auf ihrem PC, die ihre Freunde beim Baden und Surfen eingefangen hatten, und ich fragte mich misstrauisch, warum.
„Ich hatte gestern am Strand, als du und David nicht gezankt haben, eine Idee“, sagte sie mit einem breiten Lächeln, das mich umso skeptischer stimmte. „Du könntest einen Surfkurs machen.“
„Nein“, erwiderte ich prompt. Als sie mich traurig anschmollte, schüttelte ich heftig den Kopf. „Und noch mal nein. Du brauchst mich nicht so zuckersüß anzublinken. Wasser ist zum Schwimmen und Fischen da. Man versucht nicht, es zu zähmen oder darauf herumzureiten.“
„Och Lauri.“ Sie legte die Wange an meine Schulter und strahlte mich an.
Ich grunzte unwillig. Woher wusste sie, dass ich mich dafür interessierte, seit ich David gestern mit seinem Surfbrett gesehen hatte?
Linda kicherte. „Ich kann die Vorfreude und den Willen in deinen Augen sehen!“
Sie löste sich von mir, strich sich violette Strähnen aus der Stirn und räusperte sich zuletzt, um mich beherrscht anschauen zu können. „Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass David dir das Surfen beibringen würde.“
„David?“ Ich glaubte es kaum. „Nein.“
„Bitte, Lauri, bitte! Das wäre der perfekte Rahmen für eine Annäherung!“
„Ich will diesem Giftfrosch nicht nahe sein“, knurrte ich.
Wieder schmollte Linda. Als ich hart blieb und sie düster anstarrte, seufzte sie traurig. Dann schoss ihr offensichtlich eine neue Idee in den Kopf, die ihr ganzes Gesicht erstrahlen ließ.
„Okay, lass uns einen Deal machen! Schere, Stein, Papier.
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