David Roth und andere Mysterien
gefährliche Tiere darauf, dass du dich endlich vorstellst. In meinem Land gibt es mindestens eintausend Arten, zu sterben.“
Nach diesem Satz legte er auf. Sein Glucksen war das letzte, das ich hörte, und ich stopfte schnaubend das Handy in die Tasche zurück. Ich jagte Dämonen. Warum sollte ich mich vor wilden Tieren fürchten? Ferner: Wenn es sie in Australien tatsächlich gab, jene eintausend Arten zu sterben, dann gehörte David Roth, weil er mir dermaßen auf die Nerven ging, als die wahrscheinlichste Art dazu.
Distanz?
Ich begleitete Linda und Bobby am nächsten Mittag auf Ems beeindruckende Jacht. Sie hatte unglaubliche vier Etagen zu bieten, ein Schlafzimmer und einen Whirlpool auf dem Dach.
Es waren viele Leute da, die ich nicht kannte, ungefähr drei Dutzend. Ich hielt mich im Hintergrund, müde nach einer schlaflosen Nacht. Ich konzentrierte mich mit sechs Kollegen ausschließlich darauf, dass Linda und Bobby in Sicherheit waren. Logistisch war der Mittag eine nervenaufreibende Herausforderung, weil wir die Kreisformation auf einer Jacht nicht vollständig aufrecht erhalten konnten. Unter anderen, entspannten, Umständen hätte ich das Gefühl genossen, auf dem Wasser zu sein.
Trotz der erhöhten Wachsamkeit gab es herrliche Momente. Die Jacht glitt geschmeidig durch den Hafen, eine von Hunderten Jachten und Segelbooten. Direkt vor dem imposanten Opernhaus hielten wir eine Weile, Häppchen wurden herumgereicht und Drinks ausgeschenkt. Diese Fahrt war laut Em etwas Geschäftliches, die Jacht an sich nutzte er allerdings häufiger für Feiern mit seinen Freunden. Ich erzählte ihm von meinem Holzboot und dass man darauf nicht wirklich tanzen oder leben konnte. Daraufhin lud er mich ernsthaft dazu ein, mein Leben lang auf seine Jacht kommen zu dürfen. Als Reaktion darauf tätschelte ich freundschaftlich seine Schulter. Ich hatte nicht vor, Australien nach diesem Auftrag nochmals zu betreten. Um das auszugleichen, bot ich ihm meinerseits an, mich eines Tages in Finnland zu besuchen. Er war davon so begeistert, dass ich ihm tausendmal bestätigen musste, dass die Einladung galt.
Von seinen Freunden sah ich außer meinen Schützlingen nur David, der um dreizehn Uhr an Bord ging, als man gerade ankerte, um neue Getränke in Empfang zu nehmen. Ich war sofort misstrauisch – wegen des Nachschubs. Gift, Gift, Gift. Am liebsten hätte ich von sämtlichen Saftcocktails und Getränken probiert, an denen Linda und Bobby nippten. Je offensichtlicher Westcott ruhig blieb und sich zurückzog, desto zahlreichere Gründe zur Sorge hatten wir.
Ich nahm mir vor, heute mit Lukas und Billy Kontakt aufzunehmen. Ich wollte wissen, wie es voranging. Ich wollte wissen, ob Steve schon so gut wie tot war oder ob bis heute kein Erfolg verbucht werden konnte.
Auch Sven kam in der Viertelstunde, die wir an einem eher einsamen Steg weiter weg von der Touristenattraktion Sydney Harbour verbrachten. Das wäre meine Gelegenheit gewesen, mich zu verabschieden. Em bat mich jedoch, an Bord zu bleiben. Weil ich geschmeichelt war und Lust darauf hatte, die Fahrt auszukosten, blieb ich und zog mich auf das obere Deck zurück. Im Moment naschten die Gäste eher von den Häppchen, statt sich zu sonnen, sodass ich die Dachterrasse für mich hatte.
Zumindest für eine Weile. Ich lehnte an der Reling, genoss das wogende Blau des Meeres und den imposanten Bogen der Harbour Bridge, als ich hörte, dass jemand die Treppen hinaufkam. Ich wandte den Kopf und hob die Augenbrauen, als sich David neben mich stellte. Er hatte eine Bierflasche in der einen und ein großes Lachshäppchen mit Kräutercreme in der anderen Hand.
Er seufzte tief und blinzelte in die Sonne. Ihre sengende Hitze hatte dafür gesorgt, dass mir ein paar Locken feucht an den Schläfen klebten, denn der Wind ließ meinen Zopf immer sinnloser werden. „Meine wunderschöne, geliebte Stadt …“
Ich unterdrückte ein Lächeln. Sollte er schwärmen. Mich ging das nichts an. Also hielt ich den Mund und folgte seinem Blick zur atemberaubenden Skyline, deren Gebäude grell im Licht der Sonne blitzten, wie aus Diamanten erbaut.
Seit er neben mir war, hatte eine unterschwellige Unruhe von mir Besitz ergriffen, die ich mir nicht erklären konnte. Ich vermutete, es war das Bedürfnis, mich zu verteidigen. Ich war bereit für den nächsten oberflächlich freundlichen Kampf.
Davids Lachen drang leise und plötzlich an mein Ohr. Neugierig schaute ich in sein Gesicht. Er wirkte
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