David Roth und andere Mysterien
uns auf das Holz und ließen die Füße ins warme Wasser gleiten. Ihm zuliebe, unabhängig von dem, was er sagen wollte, musste ich mir seine Fragen anhören. Ob ich ihm eine Antwort liefern konnte oder wollte, stand in den Sternen.
„Es geht um David“, sagte Em langsam. „Beziehungsweise um euch.“
Ich spürte, wie sich meine Bauchmuskeln zusammenzogen. Ich schwitzte in T-Shirt und Shorts, mit der Hitze hatte das nicht allein zu tun.
Als ich nicht reagierte, seufzte Em und legte mit freundschaftlichem Druck eine Hand auf meine Schulter.
„Ich hatte den Eindruck, es sei besser geworden mit euch beiden. Dass ihr jedoch selbst in Gesprächen miteinander distanziert wirkt, passt da irgendwie nicht. Was ist passiert, hm?“
Ich schnaufte, auf bittere Weise amüsiert. „Etwas, das ich vergessen will.“ Das wollte ich in der Tat: die Freundschaft aufrecht erhalten und die Küsse abhaken.
Einen Moment lang zögerte Em, die Stirn in besorgte Falten gelegt, und fragte vorsichtig: „Willst du darüber sprechen?“
„Nein. Ich will es vergessen .“
Em akzeptierte das mit einem tiefen Seufzen. „In Ordnung. Sollte sich das ändern, sag Bescheid.“
Schweigend aßen wir auf und kehrten zu den anderen zurück. Ich hatte das irritierende und aufregende Gefühl, das Geheimnis erfolgreich bewahrt zu haben.
***
Obwohl Westcott tot war, konnte Linda die Angst nicht vollständig abschütteln. Deshalb begleitete ich sie gelegentlich, wenn sie das Haus verließ, und war mit ihr im Supermarkt, als sie auf David und mich zu sprechen kam.
„Wie war es eigentlich damals mit dem Surfkurs?“, fragte sie unschuldig. „David scheint dich ja nicht mehr zu unterrichten und du hast uns nie davon erzählt.“
„Schön“, murrte ich knapp.
Aus den Augenwinkeln – ich wich ihrem Blick aus – sah ich, dass sie die Stirn runzelte. „Das wirkt anders. Ist irgendwas passiert? Mit David? Hat er sich daneben benommen?“ Sie hörte sich verdächtig an, so, als kenne sie die Antwort, und ich musste die Lippen hart aufeinander pressen, um sie nicht anzufahren.
„Ich will nicht darüber sprechen“, knurrte ich mühevoll. Dass ich einen Mann begehrte, war der Teil meiner seltsamen Beziehung zu David, den ich verdrängte.
Lindas tiefes Seufzen klang nicht genervt. Sie machte einen besorgten Eindruck. „Gott, oh Gott“, murmelte sie, „mit ein bisschen Pech tötest du mich gleich. Ich platze, wenn ich es nicht anspreche, Lauri! Ich mag dich sehr, weißt du? Wir alle tun das.“
Ich blieb stehen, schaute sie aus schmalen Augen an und bemühte mich um eine Kälte, die ich ihr normalerweise nicht zuteil werden ließ. Wenn sie glaubte, das Gespräch, das sie anzetteln wollte, könnte mich zu einem Mord bringen, blieben mir zwei Möglichkeiten. Jetzt sofort aus dem Supermarkt zu rennen oder einen kleinen Moment lang mannhaft wertzuschätzen, dass sie mich mochte. Letzteres, indem ich mir anhörte, was sie zu sagen hatte. Das zu erraten, fiel mir nicht schwer.
Allein der Gedanke daran, mit einer Frau – mit einer, die ich danach weiter jeden Tag sehen musste – über meine derzeitigen sexuellen Geschmacksverirrungen zu sprechen, ließ mich rot werden. Ich konnte nichts erwidern, obgleich ich ernsthaft nach Worten suchte, die meine Empfindungen beschreiben könnten. Dieses Thema betreffend war ich schlicht zu schüchtern.
Linda kicherte. „Och, Lauri, du bist süß! Wie rot du wirst! Hey, du kannst echt mit mir und den anderen reden. Davids Kuss hat dich ziemlich umgehauen, oder?“
Entgeistert sog ich den Atem ein. Wie ein kleines Kind, das den in der Sauna lauernden Fabelwesen nicht ins fürchterliche Gesicht schauen wollte, kniff ich die Augen zu.
„Ui.“ Linda kicherte erneut. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich weiß, dass er dich damals im Meer geküsst hat. Weil du wegen Steve und diesem fremden Dämon beschäftigt warst, habe ich es lieber nicht angesprochen. Jetzt ist alles gut – ein guter Zeitpunkt, mit dir zu reden. Ich meine, man merkt, dass es dich belastet, zu kämpfen. Du hast, wie jeder andere Mensch, ein Recht auf deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Ich finde es schade, dich grundlos leiden zu sehen. Weißt du, es …“ Sie zögerte, deshalb öffnete ich die Augen und sah, wie sie unsicher zu mir herauflugte, ein schwaches, liebvolles Lächeln auf den vollen Lippen. „Du bist in jeder Hinsicht, und ganz unabhängig von diesem Dämonenzeug, der spannendste
Weitere Kostenlose Bücher