David Roth und andere Mysterien
und tollste und coolste Kerl, der uns je begegnet ist. Das heißt also eine Menge.“
Ich war zugleich peinlich und emotional berührt und wollte schnellstens weg.
„Ich verstehe, dass du das nicht gern hörst, Lauri.“ Sie atmete tief durch, jetzt lächelte sie mit deutlich mehr Enthusiasmus – und einer Spur Triumph. „Ich wollte es mir nur, im Namen von uns allen, von der Seele geredet haben. Du bist uns unfassbar wichtig geworden in der letzten Zeit. Solltest du Hilfe oder Gesprächspartner brauchen: Wir Aussies sind in diesen Dingen richtig gut. Jeder von uns würde sich geehrt fühlen, dir zuhören zu dürfen, weil wir dich aufgenommen haben, okay? Ich hör’ jetzt auf mit dem Thema. So lange, bis du bereit bist, dich darüber zu unterhalten. Egal, wann das ist, und ob es überhaupt soweit kommt, mit wem von uns auch immer. Sei nur nicht wütend, falls ich nicht die Einzige bin, die mit dieser David-Sache auf dich zukommt, ja? Nicht jeder in der Clique versteht, dass du schüchtern bist und nicht jedem sofort dein sicher überaus befriedigendes Sexleben anvertraust.“
Dieser letzte Satz entlockte mir ein gequältes Stöhnen. Gerade war die Röte aus meinen Wangen gewichen, jetzt kehrte sie zurück. Wie viele von Lindas Freunden wussten Bescheid?
„Wo in diesem verdammten Laden sind die Joghurts?“, brummelte ich und schritt rasch dem Kühlregal entgegen.
Linda lachte herzlich und ich hörte, dass sie mir folgte.
***
Ich half Bobby und Mia nach dem Abendessen beim Abwasch. Währenddessen klingelte das Telefon. Linda ließ von der Wolle ab, aus der sie einen Babystrampler stricken wollte, und nahm das Gespräch an – für wenige Momente.
„Das ist Miles“, rief sie zu uns in die Küche. Ihr Blick ruhte bittend und besorgt auf mir. „Er fragt, ob du ihn besuchen kommen willst.“
Ich?
Miles?
Jetzt?
Ich ließ Linda trotz einer gewissen Genervtheit ausrichten, dass ich unterwegs war, und fuhr in Bobbys silbernem Toyota nach Bondi Beach. Ich war nervös und angespannt und wäre am liebsten umgekehrt.
***
Miles hatte das Wohnzimmer inzwischen wunderschön hergerichtet. Nur der Garten hinter dem Haus wirkte nicht sonderlich einladend, weil die Grube für einen Pool ausgehoben worden war. Miles saß auf einer Couch und ich ließ mich ihm gegenüber auf einen cremefarbenen Sessel fallen. Ich rechnete mit dem Schlimmsten: dass David gleich auftauchte.
Miles bot mir ein Glas Wein, salzige Cracker und Guacamole an. Ich bediente mich reichlich an allem und machte ihn damit zu dem glücklichsten Mann mit dem fröhlichsten Strahlen der Welt. Er kochte leidenschaftlich gern, und wenn jemand sein Essen lecker fand, schien ihm das viel zu bedeuten.
„Ich denke, wir kommen gleich zur Sache“, sagte Miles sanft. Er spielte mit dem Cracker, den er angeknabbert hatte.
Ich nickte. Je früher es vorbei war, desto besser.
„David hat mir erzählt, dass er dich in der Zeit unmittelbar vor Westcotts Tod geküsst hat … und du ihn nicht abgewiesen hast. Weil gerade alles so friedlich ist, wollte ich es angesprochen haben. David ist mein bester Freund, weißt du.“
Ich ließ geräuschvoll den Atem aus der Nase entweichen und senkte den Blick auf mein Weinglas. Mich erfüllte ein irritierend starkes Gefühl des Triumphes darüber, dass er nichts von unseren nächtlichen Treffen erzählt hatte.
Ich wusste, dass Miles auf eine Antwort wartete und ich wusste, wie geduldig er war. Deshalb futterte ich fünf Cracker mit viel Guacamole darauf.
Danach holte ich tief Luft, schaute Miles an und fragte kühl: „Und was sagt er dazu?“
Ein halbes Lächeln erschien auf Miles’ Lippen. „Das interessiert dich also, ja?“
Ertappt , dachte ich und gab die bestmögliche Imitation des Aussie-Slangs zum Besten: „ Oh yeah , my mate! “
Miles kreischte vor Lachen. Mit lautem Pfeifatem kippte er zur Seite und blieb mit einem langgezogenen „Aaaaahh …“ liegen. „ Das “, sagte er schnaufend, „war genial.“
Ich neigte bescheiden den Kopf. „Vielen Dank.“
Lächelnd richtete Miles sich auf. Bevor er fortfuhr, schob er sich einen Cracker mit Avocado-Creme in den Mund.
„Was fühlst du , Lauri?“, fragte er nachdenklich.
„Ich will das alles vergessen“, erwiderte ich sofort. „Mein Problem ist genau das – ich kann es nicht vergessen. Ich muss andauernd daran denken.“
„Es ist nichts Schlimmes daran, sein Verlangen befriedigen zu wollen.“
Ich machte eine ungeduldige,
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