David Trevellyan 01 - Ohne Reue
Wäsche wäscht?«
» Ich bezweifle es.«
» Oder selbst bügelt?«
» Nein.«
» Seinen Wagen selbst fährt?«
» Unwahrscheinlich.«
» Würde so jemand denn einen Bundesagenten selbst erledigen?«
» Sie glauben doch, dass er auch fünf andere Leute ermordet hat.«
» Das waren einsame Veteranen. Das ist eine völlig andere Liga. Außerdem war das sein Hobby. Der Mord an Raab war rein geschäftlich.«
» Und?«
» Deshalb ist er die Sache so angegangen wie alles andere auch. Er verfügt über Geld, Kontakte und die entsprechenden Verhaltensmuster. Also würde er jemand anderen anheuern, das für ihn zu erledigen.«
» Möglich.«
» Nein. Auf jeden Fall. Jetzt stellt sich die Frage, wen würde man wählen, wenn man jemanden für so einen Job braucht?«
» Keine Ahnung. Ich konnte meine Probleme bislang immer selbst lösen.«
» Aber wenn es so wäre, was würden Sie dann hiervon halten?«
Rosser zog eine Mappe mit Papieren unter Raabs Akte hervor und warf sie mir über den Tisch hinweg zu. Ich nahm sie von der glänzenden Tischplatte und betrachtete das oberste Blatt. Es war eine ausgedruckte E-Mail.
Die folgenden Informationen dienen lediglich der Forschung und Analyse. Sie sollten nicht als Grundlage für offene oder verdeckte Maßnahmen gegen Lieutenant Commander Trevellyan oder einen anderen Angehörigen der Legation Resource Unit verwendet werden.
Mir wollte das Hauptquartier also nicht helfen, aber für das FBI warfen sie sich ganz schnell auf den Rücken – Ausrede hin oder her.
» Legation Resource Unit«, erkundigte sich Rosser. » Das nannte sich doch früher mal schlicht und einfach Royal Navy Intelligence, stimmt’s?«
Ich antwortete nicht.
» Welche Abteilung?«, fragte er. » C?«
Ich zuckte mit den Achseln.
» Umbenennung für die diplomatische Sicherheit«, meinte er. » Wow. Und? Fühlen sich die Männer mit den Querbindern jetzt irgendwie sicherer?«
Ich schwieg weiter.
» Dann sind Sie also wirklich Seemann?«, fragte er.
» Selbstverständlich bin ich das«, antwortete ich. » Ich halte sogar den Weltrekord.«
» Worin?«
» Einhand-Weltumsegelung. Im Dunkeln. Rückwärts.«
» Tatsächlich?«
» Nein.«
» Habe ich mir gedacht. Ich wette, Sie können nicht mal schwimmen.«
» Erstaunlich. So etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt. Royal Navy. Wasserratten. Den Gedankensprung haben Sie aber schnell vollzogen. Aber wenn Sie mich fragen wollen, wo ich mein Schlachtschiff gelassen habe, vergessen Sie es.«
» Okay. Es war ziemlich clever, dem NYPD eine nicht gemeldete Telefonnummer des Konsulats zu geben. Das war das Erste, was wir überprüft haben, nachdem wir Ihre Akte bekommen hatten. Ihre Bosse in London waren ziemlich beeindruckt. Zeugt von hohem strategischem Denken für jemanden, der diesen Ort eigentlich insgeheim überwachen sollte.«
» Das ist irrelevant«, unterbrach ich ihn und wandte mich wieder dem Papierstapel zu. » Der Kontakt kam außerplanmäßig. Ich bin nach dem Standardprotokoll vorgegangen. Das wissen sie.«
Der erste Teil des Berichts beinhaltete eine Zusammenfassung meiner bisherigen Tätigkeit, beginnend mit meiner Versetzung nach Hongkong und Einträgen für fast alle Orte, an denen ich bislang gearbeitet hatte. Auf den nächsten sieben Seiten sah ich Washington, Canberra, Moskau, Paris, Lagos, St. Petersburg, Berlin, Tel Aviv, La Paz, Wien und ein halbes Dutzend anderer Städte. Der Bericht umfasste die letzten vierzehn Jahre meines Lebens, bis hin zu der Mission, die ich gerade in New York abgeschlossen hatte. Neun Wochen Arbeit, das Leben von vier Menschen und zwölf Stiche in meinem Hinterkopf waren in fünfzig Worten nüchtern beschrieben.
» Da ist es«, sagte ich und wies, so gut es mir die Handschellen erlaubten, auf den entsprechenden Absatz. » Das ist der Beweis. Ich kann mit dieser Zugsache nichts zu tun gehabt haben.«
» Das wissen wir jetzt auch«, sagte Rosser. » Aber lesen Sie weiter. Es wird immer interessanter.«
Im nächsten Abschnitt ging es um meine Ausbildung bei der Navy. Diesen Teil übersprang ich, er enthielt zu viele Erinnerungen an nasse, kalte Nächte in den walisischen Bergen. Außerdem hoffte ich, auf den letzten paar Seiten eine ganz bestimmte Sache zu finden.
Ich wurde nicht enttäuscht.
Es war die psychologische Bewertung, die die Navy bei meiner Einberufung durchgeführt hatte. Ich hatte sie noch nie zuvor gesehen, denn normalerweise werden diese Papiere wie die Kronjuwelen gehütet.
Ich
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