David Trevellyan 01 - Ohne Reue
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David Trevellyan ist ein anpassungsfähiger Realist, der sich auf das verlässt, was er selbst sieht, hört und weiß. Er ist fleißig, zuverlässig, ungeheuer selbstständig und überzeugt, dass sein Fall der Wichtigste ist. Er ist optimistisch und positiv, lebt hauptsächlich im Hier und Jetzt. Von anderen verlangt er ebenso viel wie von sich selbst, und er würde einen anspruchsvollen Gegner abgeben.
» Blättern Sie um«, forderte Rosser mich auf. » Lesen Sie die Sätze, die ich angestrichen habe.«
Auf der nächsten Seite waren drei Sätze gelb markiert.
David Trevellyan scheint sich nicht sonderlich um die Belange anderer zu kümmern und neigt dazu, zu extremen Mitteln zu greifen, wenn sich ihm etwas in den Weg zu stellen droht.
Durch seine distanzierte Lebenseinstellung kann er wenig Zeit, Toleranz oder Mitleid für andere Menschen aufbringen. Er neigt zu der Ansicht: » Wenn du Kopfschmerzen hast, nimm Aspirin«, was auf mangelndes Mitgefühl schließen lässt.
Er hasst es, wenn man ihm sagt, was er zu tun hat oder wie er etwas zu tun hat. Er lehnt sich häufig gegen die Regeln auf und widersetzt sich hartnäckig den Versuchen anderer, sein Verhalten zu beeinflussen.
» Was halten Sie davon?«, fragte Rosser. » Das macht Sie doch zum perfekten Helfer für unseren Mann, oder?«
» Weil ein Gehirnklempner meint, ich habe zu wenig Mitgefühl?«, fragte ich.
» Nein. Wir wissen, warum Sie sich darauf eingelassen haben. Und das hat nichts mit Mitgefühl zu tun. Mitchell?«
Mitchell Varley, der Kerl links von Rosser, balancierte eine schmale schwarze Aktentasche auf seinem Schoß, ließ das Schloss aufschnappen und entnahm ihr einen kleinen, durchsichtigen Plastikbeutel. Darin befanden sich etwa zweieinhalb Zentimeter breite Reste verbrannten Papiers. Einen Augenblick lang hielt er die kleine Tüte am ausgestreckten Arm zwischen Zeigefinger und Daumen, dann legte er sie vorsichtig auf den Tisch.
» Das ist Asche in einer Tüte«, stellte ich fest. » Wie aufregend!«
» Wir haben Ihr Hotelzimmer durchsucht«, erklärte Varley. » Ich schätze, diese Geldbanderolen sind nicht so gut verbrannt, wie Sie dachten. Das hier ist von einem Zehntausend-Dollar-Bündel. Im Zimmer sind genug Aschereste für fünf davon. Was war das? Die Anzahlung? Die Hälfte vorher, den Rest danach? So ist doch die übliche Zahlungsweise, oder?«
» Hunderttausend Dollar. Das war also der Preis für Michael Raabs Leben«, stellte Rosser fest. » Die Frage ist nur, haben Sie auch genug, um Ihr eigenes Leben zu retten?«
8
Als wir aus Birmingham wegzogen, war es Anfang Dezember.
Ich erinnere mich daran, weil ich gerade eine Rolle im Weihnachtsstück an unserer Schule bekommen hatte. Es war meine erste. Ich sollte den Josef spielen. Die Handlung war zwar nicht überzeugend, aber schauspielern schien Spaß zu machen. Zuerst war ich enttäuscht, dass ich die Gelegenheit verpassen sollte. Aber an meiner neuen Schule haben wir jede Menge anderer Bibelgeschichten gehört, die zum Teil wesentlich besser waren. Zum Beispiel die von David und Goliath. Die war am allerbesten.
Vor allem, weil der Held den gleichen Namen hatte wie ich.
Und mir hatte es gefallen, wie er vorgetreten war und sich ganz allein seinem Gegner gestellt hatte, als es darauf ankam.
Das Spiegelbild von Rossers blassem, humorlosem Gesicht schwebte auf dem polierten Granit wie ein Geist über einem riesigen umgestürzten Grabstein.
» Ist unten die Rede von der Todesstrafe gewesen?«, wollte er wissen.
» Schon möglich«, erwiderte ich. » Ich kann mich nicht daran erinnern. Die Leute drohen mir ständig damit, mich umbringen zu wollen. Aber ich bin immer noch da.«
» Gut. Denn ich habe meine Meinung geändert. Ich habe noch etwas für Sie.«
» Eine Entschuldigung? Ein Erste-Klasse-Ticket nach London?«
» Eine Acht-Quadratmeter-Zelle«, entgegnete er und wischte mit der linken Hand langsam über die glänzende Tischoberfläche. » Denken Sie mal drüber nach. Das ist ungefähr ein Viertel dieses Tisches.«
» Ich kann hier keinen Richter sehen.«
» Acht Quadratmeter. Ihre ganze Welt. Dreiundzwanzig Stunden am Tag. Wie lange würden Sie das aushalten?«
Ich antwortete nicht.
» Ein Mann wie Sie hält das nicht lange durch. Ich sage Ihnen also, was Sie tun werden. Sie werden mit Lavine und Weston wieder nach unten gehen. Und dann sagen Sie ihnen alles über den Kerl, der Sie angeheuert hat. Jedes kleinste Detail. Helfen Sie uns, ihn zu
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