David Weber - Honor Harrington 20 - An Bord der Hexapuma
ärmer als Split. Mittlerweile hat Dresden Split fast eingeholt, und selbst ohne einen Anschluss ans Sternenkönigreich überschreitet das Bruttosystemprodukt Dresdens das BSP Splits innerhalb der nächsten T-Jahre. Das liegt nicht etwa daran, dass Dresden mehr zu bieten hätte als Split − im Gegenteil, es bietet weniger. Die Dresdener haben es jedoch geschafft, einen sich selbst am Leben erhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten, indem sie das Unternehmertum ermutigten und jede Gelegenheit beim Schopf ergriffen, die sich ihnen bot − darunter auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Handelsbund. Die Oligarchen auf Kornati sind hingegen im Großen und Ganzen vor allem daran interessiert, auf dem zu sitzen, was sie haben, statt ihren Reichtum bei solchen Geschäften zu riskieren, die der Wirtschaft insgesamt Aufschwung verleihen könnte. Sie bilden keine ausgewachsene Kleptokratie, aber das ist auch schon das Günstigste, was ich über sie sagen kann.«
Der Gesichtsausdruck des Rembrandters offenbarte seine Verachtung für die herrschenden Familien Splits, und er schüttelte den Kopf.
»In Wahrheit ist die Lage auf Kornati zwar nicht entfernt so schlimm, wie Nordbrandts Agitprop sie zeichnet, aber gut ist sie auch nicht. Sie ist sogar verdammt schlecht. Haben Sie die Armenviertel von Thimble gesehen, als Sie im Spindle-System waren?« Terekhov nickte, und Van Dort winkte ab. »Nun, die Behausungen in den Slums von Thimble sind zwei oder drei Stufen besser als die Verhältnisse in den Elendsvierteln von Karlovac. Und die Sozialhilfezahlungen auf Kornati besitzen nur etwa sechzig Prozent der Kaufkraft vergleichbarer Sicherungsleistungen auf Flax. Hunger ist kein großes Problem, weil der Staat Nahrungsmittel für Sozialhilfeempfänger stark subventioniert, aber es ist kein Vergnügen, auf dieser Welt arm zu sein.«
»So viel hatte ich der Einweisung schon entnommen«, sagte Terekhov, indem er auf den mit Chipordnern übersäten Schreibtisch wies, »und ich begreife es nicht. Den Angaben zufolge sind die Kornatier glühende Verfechter ihrer Bürgerrechte. Wie kann eine Nation mit dieser Haltung es rechtfertigen, ihrem Volk kein ausreichendes soziales Netz zu bieten? Mir ist klar, dass ein Unterschied besteht zwischen dem Recht, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden, und vom Staat abzuhängen, aber es kommt mir trotzdem so vor, als würden da zwo unvereinbare Haltungen kollidieren.«
»Weil es in gewisser Weise richtig ist«, stimmte Van Dort ihm zu. »Wie Sie sagten, die Bürgerrechtstradition lautet, dass ein Bürger das Recht hat, vor unangebrachter staatlicher Einmischung sicher zu sein, aber nicht, dass der Staat sich um ihn kümmert. Als diese Tradition sich vor etwa hundertfünfzig T-Jahren entwickelte, war die Gesellschaft erheblich weniger stark geschichtet als heute, der Mittelstand war relativ gesehen erheblich größer und die Wählerschaft insgesamt viel stärker politisch engagiert.
Doch in den letzten siebzig oder achtzig T-Jahren hat sich das stark verändert. Im Vergleich mit den umgebenden Sonnensystemen stagnierte die Wirtschaft, während die Bevölkerung stark anwuchs. Die Armen und die sehr Armen − die Unterklasse, wenn Sie so wollen − haben im Vergleich zur übrigen Bevölkerung stark zugenommen, der Mittelstand ist enorm geschrumpft. Und bei einem Teil der politischen Führung Kornatis setzt sich die Auffassung durch, dass die Rechte von wählenden Bürgern zwar wichtig sind, aber die der Nichtwähler … Verhandlungssache. Besonders, wenn die betreffenden Bürger eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Stabilität bedeuten.«
»Das ist die lokale ›Autonomie‹ und ›Freiheit‹, die Tonkovic bewahren möchte?«, fragte Terekhov bissig, und Van Dort zuckte mit den Schultern.
»Aleksandra schützt ihre Interessen und die ihrer Mitoligarchen. Und offen gesagt ist der Großteil von ihnen ein erbärmlicher Haufen. Es gibt Ausnahmen. Die Familie Rajkovic zum Beispiel. Oder die Kovacics. Enthalten Ihre Einweisungen Details über die politischen Verhältnisse auf Kornati?«
»Nicht viel«, gab Terekhov zu. »Oder genauer gesagt, mir liegt eine Buchstabensuppe aus Parteiabkürzungen vor, aber ohne lokale Perspektive sagt mir das alles nicht besonders viel.«
»Verstehe.« Van Dort schürzte die Lippen, dachte einige Sekunden nach und zuckte mit den Achseln.
»Also schön«, sagte er, »hier haben Sie den Rembrandter Schnellabriss zur kornatischen Politik, von B. Van Dort.
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