Davide
dass Ihnen noch keine Frau wegen Sexismus Ärger gemacht
hat?“ Herausfordernd suchte sie seinen Blick.
„Warum
das denn?“ Seine Augen funkelten diabolisch. „Es gibt erstaunlich viele Frauen,
denen es tatsächlich gefällt, auch als solche wahrgenommen zu werden!“
Sein
Lächeln vertiefte sich.
„Du
gehörst hoffentlich dazu! Oder wirst du mich morgen wegen sexueller Übergriffe
anzeigen?“
Fast
ohne es zu wollen, brach Emma in amüsiertes Gelächter aus.
„Nein
– wirklich nicht! - Wohin fahren wir jetzt?“ lenkte sie ab. Sie sah, dass sie
den Torre degli Asinelli links liegen ließen und in die Via della Mercanzia
einbogen.
„Erst
mal ein bisschen weg von dem Geschehen hier, dann sehen wir weiter“, er blieb
vage. „Du hast doch hoffentlich Hunger?“
„Nicht
viel um diese Uhrzeit“, gab sie wahrheitsgemäß zu, während sie ihn offen musterte.
Viel legerer als vorhin sah er nun auch nicht aus, stellte sie fest, aber
immerhin trug er nicht mehr die auffällige Fliege und das steife Smokinghemd,
sondern nur noch eine schlichte, dunkle Hose. Am dazu passenden hellblauen Hemd,
das er mit hochgekrempelten Ärmeln lässig außen trug, hatte er die obersten
Knöpfe offen gelassen und auf die Krawatte verzichtet. Sie musste zugeben, dass
die Farbe gut zu seinen auffallend blauen Augen passte.
Und
warum, zum Donnerwetter, musste dieser unverschämte Kerl eine so verdammt
erotische Ausstrahlung haben!?
„Na,
eine Kleinigkeit wird schon noch Platz haben!“
Schließlich
ließ er an der Piazza Cavour anhalten, sie stiegen aus und er schickte den
Fahrer samt Auto weg. Überrascht sah sie ihn an.
„Die
paar Meter hätten wir aber auch zu Fuß gehen können!“, meinte sie verdutzt.
„Und
wo, glaubst du, hätte ich mich umziehen sollen?“
Er
zwinkerte ihr spitzbübisch zu, was ihn noch jugendlicher aussehen ließ. Sie
lächelte zurück, sagte aber nichts darauf.
Er
schien sich hier wie zu Hause zu fühlen, denn er legte ihr leicht eine Hand
zwischen die Schulterblätter und bugsierte sie zielstrebig vorbei an der
Galleria Cavour, vorbei an all den großen Modelabels und Juwelieren und einmal
um die Ecke in eine schmale Seitenstraße. Sie waren also nach wie vor im
Stadtzentrum, hier war sie tatsächlich schon länger nicht mehr gewesen.
Schließlich
fand er, was er anscheinend gesucht hatte. Das Lokal war neu, zumindest sie
kannte es noch nicht, sehr modern eingerichtet, mit einladender Theke und hell
erleuchteten, spiegelnden Regalen, in denen jede Menge Flaschen in Reih und
Glied standen. Er schien gewusst zu haben, dass man hier auch um diese Uhrzeit
noch etwas zu Essen bekam, und führte sie geradewegs zu einem Tisch in einer
Ecke des Lokals, an dem sie relativ ungestört waren. Dann schließlich, als sie
beide saßen, ein Kellner ihre Bestellung aufgenommen hatte und zwei Gläser mit
Wein vor ihnen standen, kehrte einen Moment Stille ein.
Sie
war verlegen, er musterte sie ungeniert.
„Sag
mir, was du denkst“, verlangte er.
Sie
hob irritiert die Augenbrauen. „Warum?“
„Weil
du normalerweise immer sagst, was du denkst, stimmt’s?“
Sie
nickte zögernd. ‚Immer’ war zwar etwas übertrieben, aber sie hatte tatsächlich
den fatalen Hang dazu, den Nagel auf den Kopf zu treffen.
„Also,
warum nicht auch bei mir?“
„Sie
sind Davide Gandolfo. Dem sagt man nicht, was man denkt, dem sagt man, was er
hören möchte!“
Sie
sah, wie er die Augenbrauen zusammenzog, es gab seinem Gesicht einen ernsten, fast
schon missmutigen Zug.
„Siehst
du - genau das meine ich. Wenigstens du solltest das nicht tun, sondern ehrlich
zu mir sein!“
„Wieso
ausgerechnet ich? Es gibt so viele Menschen um Sie herum, denen das eher
zusteht als mir, also …“
Weiter
kam sie nicht. Er nahm ihre Hand und legte sie an seine Wange. Diese Geste
hatte für sich selbst genommen noch nichts Erotisches, doch Emma hatte urplötzlich
das Gefühl, als würde ihre Handfläche anfangen zu glühen.
„Wieso
ausgerechnet du? Wenn nicht du, wer denn dann? Was hast du schon zu verlieren?“
Seine Stimme war ruhig und ziemlich leise, seine blauen Augen waren auf ihren
vollen Mund gerichtet.
Keine
Frage, er wusste, wie man eine Frau faszinierte und das schaffte er sogar, ohne
auch nur die geringste Zweideutigkeit zu Hilfe zu nehmen!
„Das
zählt aber nun wirklich nicht als Grund!“ Auch ihre Stimme war nur noch ein
Flüstern.
„Aber
vielleicht das: weil du der erste Mensch seit langem bist, bei dem es
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