Davids letzter Film
ihn an. Was war los mit ihm? Hatte er wirklich den Verstand verloren? Er wollte etwas sagen, brach aber ab.
David sah ihn an. »Was?«
»Nichts.«
»Nichts?«
»Was redest du denn da?«, brach es aus Flo hervor. »Bist du jetzt vollends übergeschnappt? Denkst du, dass du einfach so in
mein Hotel platzen kannst? Dass ich so tue, als wär nichts geschehen?« Er starrte David an.
Der hatte wieder die Augenbrauen hochgezogen. Abwartend.
Flo spürte, wie seine Wut ein wenig verrauchte.
»Also was ist? Du versteckst dich! Wieso? Wer weiß davon? Hast du dir was zuschulden kommen lassen? Was denn?« Er musste Luft
holen.
»Fertig?« David lächelte ihn an.
Flo antwortete nicht.
»Natürlich könnte ich jetzt groß ausholen und erzählen, was alles passiert ist«, sagte David. »Aber«, und damit deutete er
auf die Uhr, die über den Flaschen hinter der Bar hing und auf zwei ging, »so viel Zeit haben wirnun auch nicht mehr. Deshalb lass mich ganz ehrlich sein. Ich habe dich aus einem ganz bestimmten Grund herkommen lassen.«
Flo traute seinen Ohren nicht. »Herkommen lassen?«, schnaufte er. »Was soll das denn heißen?«
David lachte. »Schön, wie man dich überraschen kann! Doch, doch, Hölzemanns Chef ist ein Freund von uns oder zumindest der
Freund eines Freundes. Ich hab ihn angerufen. Ohne Scheiß, Flo, sosehr das alles auch Spaß macht, ich brauch Leute, auf die
ich mich verlassen kann. Jemanden wie dich.«
Da war sie wieder, die Wut. David hatte es eingefädelt! David hatte dafür gesorgt, dass er hierhergekommen war. Um nach ihm
zu suchen, obwohl er sich putzmunter irgendwo herumtrieb! »Was fällt dir ein, mich, wie es dir gerade passt, herumzappeln
zu lassen?«, fauchte Flo ihn an.
David starrte mit so etwas wie gespielter Erschrockenheit zurück.
»Wusste das Arschloch Hölzemann, dass du dahintersteckst?«, knurrte Flo. Hatten sich jetzt verdammt noch mal alle gegen ihn
verschworen? »Und Thea? Weiß die am Ende auch, dass es dir gutgeht und dein Verschwinden nur ein verfluchtes Spiel ist?«
David legte ihm eine Hand auf den Arm, jetzt doch ernst. »Hör zu, Flo, ist schon okay. Kein Wunder, dass du sauer bist. Aber
ein Spiel ist das Ganze eigentlich nicht. Tut mir leid, dass ich dich so hergeholt habe. Hölzemann und Thea haben natürlich
keine Ahnung. Und im Moment kann ich Thea auch nicht sagen, dass es mir gutgeht. Sie weiß von nichts. Das ist besser so. Wegen
der Polizei.«
»Deshalb hat Hölzemann mich auch zu ›Audience‹ geschickt – obwohl der Film gar nicht von dir ist, oder was?«, bohrte Flo nach.
David nickte. »Ich bin schon länger nicht mehr direkt mit ihm in Kontakt, sonst hätte ich das nie zugelassen.« Er überlegte
kurz, bevor er weitersprach. »Weißt du, ich wollte dich nicht einfach anrufen und bitten herzukommen. Ich dachte, dass es
besser wäre, wenn gleich ein Auftrag für dich dabei rausspringt.«
»Und was willst du von mir hier?« Flo runzelte die Stirn.
»Ich brauche deine Hilfe bei dem, was ich vorhabe.«
»Und was hast du vor?«
»Ich will mit dir zusammen an einem Projekt arbeiten. Ich will, dass du mir dabei hilfst.«
»Aha.« Zusammen mit David etwas auf die Beine stellen. Hatte er davon nicht immer geträumt?, musste Flo unwillkürlich denken.
»Willst du wissen, was für ein Projekt das ist?« David sah ihn abwartend an.
Flo antwortete nicht gleich. »Du bist den Weg nach dem ›Metafilm‹ weitergegangen?«
Davids Augen blitzten auf. »Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, Flo!« Er ließ die flache Hand auf den Tresen
klatschen.
Flo musste grinsen. Es funktionierte immer noch. Im Grunde genommen gab es nichts Fesselnderes, als sich mit David zu unterhalten.
»Okay«, sagte er. »Schieß los! Woran arbeitest du?«
»Es stimmt schon, es geht um den Schritt nach dem ›Metafilm‹«, antwortete David.
Flo starrte in sein Glas. Der »Metafilm« war nicht das Ende des Weges. Natürlich nicht!
»Dessen Grundidee war ja recht einfach«, hörte er David neben sich sagen. »Das, was für Schein gehalten wird, unsere Wahrnehmungen,
Meinungen, Überzeugungen – das, was die Wirklichkeit angeblich verschleiert –, ist das, worauf es in Wirklichkeit ankommt. Verstehst du? Der wahre Schein ist der Glaube an eine wahre Wirklichkeit dahinter,
wenn du so willst.«
Flo nickte. »So schlau bin ich aus den Unterlagen in deinem Arbeitszimmer auch schon geworden.«
»Umso besser«, entgegnete David.
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