Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel
Sushi vor Artur hin, eine Schale Miso-Suppe für Fred, nahm Jonas’ Bestellung auf und glitt davon.
„Kommen wir zurück auf die Zweibeiner“, verlangte Jonas. „Was hat es damit auf sich?“
Ruhig aß Artur sein Sushi (mit den Fingern, wie sie bemerkte; wahrscheinlich hatte jemand, der auf dem Grunde des Meeres lebte, nicht sehr viel Übung darin, mit Stäbchen zu essen) und sagte nichts. Daraus entnahm Fred, dass es an ihr war, eine Erklärung zu liefern.
„Jonas, ich weiß mit Sicherheit, dass die Zweibeiner den Planeten kaputt machen. Ihr – sie können nicht anders. Sie fühlen das Meer nicht. Für sie ist es nur eine Sache von vielen, etwas, das sie in Besitz nehmen, befischen, ausweiden und tot zurücklassen können.“
„Hnh“, machte Jonas. Und dann nach einer kurzen Pause noch einmal: „Hnh.“
„Ganz richtig“, bestätigte Artur mit vollem Mund.
„Kommt schon“, protestierte er. „So schlimm sind wir nun auch nicht.“
Fred und Artur starrten ihn mit steinerner Miene an.
Jonas, der Chemieingenieur, gab schließlich klein bei. „Okay, wir sind so schlimm. Wir machen den Planeten kaputt und sind nicht stubenrein. Aber ich glaube nicht, dass irgendjemand schlimme Sachen ins Wasser kippt, um … ich meine, absichtlich …“ Er brach ab, zweifellos, weil er selbst erkannt hatte, wie albern seine Worte klangen.
Fred stürzte die Hälfte ihrer Miso-Suppe auf einmal hinunter und fragte sich, ob ihre Zunge Brandblasen bekommen würde. Dann sagte sie: „Ich weiß immer noch nicht, warum du meine Hilfe brauchst. Ehrlich gesagt …“
„Bitte sei ehrlich“, sagte Artur und warf sich ein Stück Thunfisch-Sushi in den Mund.
„… bin ich nicht daran interessiert, dein kleines Rätsel zu lösen. Alles, was ich will, ist, die Fische zu füttern und mich aus dem Wohnzimmer meiner Mutter bis zu meinem Lebensende fernzuhalten. Wie ich bereits zu Dr. Pearson sagte – oder es zumindest versucht habe –, dafür habe ich nicht die nötigen Kompetenzen.“
„Das Meer gehört auch dir.“
„Oh, na klar. Alle Wasserwesen würden mich sicher mit offenen Armen empfangen.“
„Das würden sie tatsächlich.“ Ein Stück Heilbutt verschwand in seinem Mund. „Und wenn nicht, würden sie sich mir gegenüber verantworten müssen. Möchtest du auch ein Stück? Es ist sehr frisch.“
Fred schauderte und schlürfte ihre Miso-Suppe. „Nein.“ „Fred ist allergisch gegen Fisch und Schalentiere“, erklärte Jonas.
„Du bist … tatsächlich?“ Arturs Kinnlade fiel herunter, was sie über die Maßen ärgerte. „Aber … aber was isst du denn dann?“ „Alles andere.“
„Also, was hast du jetzt vor?“ Jonas tippte mit den Fingern einen irritierenden Rhythmus auf die Tischplatte. „Willst du den Dr. Watson für diesen Sherlock machen?“
Fred schüttelte sich wider Willen.
„Du willst nicht?“ „Es ist mir egal.“
„Dann sag ihm, er soll Leine ziehen.“. „Offenbar“, sagte sie trocken, „bin ich eine seiner Untertaninnen und muss tun, was er sagt.“
„Seit wann hält dich Autorität davon ab, das zu tun, was du willst?“
„Wirklich merkwürdig, dass in den letzten zwei Tagen zwei Typen mir genau dasselbe sagen.“
„Willst du ihn mit dem Postdoc zusammenbringen?“ „Das ist der Plan.“ „Was ist ein Postdoc?“
„Iss deinen toten Fisch“, befahl sie Artur. Und zu Jonas sagte sie: „Die beiden lösen zusammen das Rätsel, und ich gehe wieder an meine Arbeit. Und alle sind zufrieden.“
Jonas vergrub den Kopf in den Händen. Fred beachtete ihn nicht. Artur sah leicht alarmiert aus. „Mein Herr, haben Sie Schmerzen?“ „Artur, könntest du uns einen Moment allein lassen, bitte?“ Ohne ein Wort stand Artur auf, durchquerte den Raum mit vier großen Schritten und ging auf ihre Kellnerin zu, die ihn ansah wie eine Diabetikerin einen großen Sahneeisbecher. „Was ist denn?“
„Fred, was stimmt nicht mit dir?“ „Wieso?“
„Du lernst zwei neue Typen kennen und anstatt, ich weiß auch nicht zu versuchen, eine echte Beziehung mit einem von beiden aufzubauen oder wenigstens von einem von beiden flachgelegt zu werden, steckst du sie zusammen und rennst zurück in dein Aquarium?“ „So ungefähr.“
„Fred, du bist dümmer als ein Oktopus.“
„Oktopusse“, klärte sie ihn mit hochgezogenen Augenbrauen auf, „sind mit die intelligentesten Tiere der Welt.“
„Warum arbeitet ihr beiden dann nicht zusammen, Himmel noch mal? Er hat die lange Reise vom
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