Davidson, Mary Janice - Traummann an der Angel
Schwarzen Meer hierhergemacht – wo zum Teufel ist eigentlich das Schwarze Meer? Hört sich an, als sei es weit weg. Jetzt kannst du ihn doch nicht einfach so abschieben!“
„Doch, kann ich.“ Dann fügte sie hinzu: „Am Balkan. Und Kleinasien.“ „Wie bitte?“
„Das Schwarze Meer. Ist mit dem Mittelmeer durch den Bosporus und dem Marmarameer verbunden und mit dem Asowschen Meer durch …“ „Das ist nicht der Punkt …“ „… die Straße von Kerch“, endete sie.
Sie ignorierte sein verzweifeltes Stöhnen und pickte das letzte Stück Tofu aus ihrer Suppenschale. Tatsächlich jagten ihr Thomas und Artur Angst ein. Sie war nicht daran gewöhnt, dass Männer ihr viel Aufmerksamkeit schenkten. Und sie hatte kein Interesse an einer Dreiecksbeziehung. Obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass das passieren würde, ohnehin gegen null tendierte. „Wann hattest du dein letztes Date?“, wollte Jonas jetzt wissen. „Und wenn du mir jetzt mit deinem patentierten Mir-doch-egal-Achselzucken antwortest, bringe ich dich um.“
Sie lachte ihn an. Dann dachte sie nach. Und dachte nach. Dachte lange nach … „Dr. Barbs Exmann“, sagte sie schließlich.
„Oh Gott, das stimmt. Den hatte ich ganz vergessen. Du kannst froh sein, dass du deswegen deinen Job nicht verloren hast.“
„Sie war es doch, die das arrangiert hatte“, erinnerte ihn Fred. Was keinem von ihnen in Erinnerung gerufen werden musste, war, dass der ganze Abend eine einzige Katastrophe gewesen war. Dr. Barbs Ex, dessen Namen Fred mittlerweile sogar vergessen hatte, hatte die Hälfte des Abends damit verbracht, eindeutige Annäherungsversuche zu machen, und die andere Hälfte, seiner Frau hinterherzutrauern. Das Treffen hatten sie mit einem Händeschütteln beendet, und er war schließlich mit einem blauen Auge nach Hause gegangen, nachdem er zu hartnäckig auf etwas mehr als diesem bestanden hatte.
„Und seitdem steckst du in der Windhose einer Trockenperiode, die jetzt … wie lange dauert? Sechs Jahre?“
„Einer Windhose?“
„Und jetzt sind gleich zwei sexy Typen hinter dir her …“ „Sie sind nicht …“
„… und dir fällt nichts Besseres ein, als sie aufeinanderzuhetzen und abzuhauen.“ „Ich habe andere Sorgen.“
„Und deswegen“, sagte er freundlich, „bist du dumm. Genauso wie ein Oktopus. Nein, sag’s nicht; ich will es nicht wissen. Oktopusse sind dumm.“
Gut gelaunt trottete Jonas seiner besten Freundin und ihrem riesigen, lächerlich gut aussehenden neuen Freund hinterher. Er betrachtete die Menschen um sich herum, wie sie sich auf zwei Beinen auf der Straße fortbewegten, und fragte sich, ob sie auch nur die leiseste Ahnung hatten, dass vor ihm zwei Wassermenschen gingen. Selbst ihm fiel es manchmal schwer, das zu glauben, und er war mit einer von beiden aufgewachsen.
Artur beugte sich immer wieder zu Fred hinunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie scheuchte ihn jedesmal mit der Hand fort, als sei er eine besonders hartnäckige Fliege. Jonas schüttelte den Kopf. Es war ganz offensichtlich, dass Artur – ein Prinz! Ein verdammter Prinz! – scharf auf seine Freundin war. Die Einzige, die das nicht merkte, war Fred. Und wenn doch, wäre es ihr wahrscheinlich egal. Weil sie nämlich verrückt war.
Aber Fred wäre nicht Fred, wenn es anders gewesen wäre.
Er erinnerte sich noch gut an den Tag, als sie sich kennengelernt hatten. Als alle großen Kinder auf einmal auf ihn losgegangen waren, hatte er es ziemlich mit der Angst zu tun bekommen und das kleine, stockdürre, blauhaarige Mädchen, das an einem Baum lehnte und ein Buch las, kaum bemerkt.
Bis heute wusste er nicht, ob sie sich beim Lesen gestört gefühlt hatte oder nicht hatte mitansehen können, wie die Chancen so ungleich verteilt waren (wahrscheinlich Letzteres) – aber das spielte auch keine Rolle. Sie war einfach aufgestanden und hatte sich die großen Kinder geschnappt, die auf einmal durch die Luft segelten. Dann hatte sie sich wieder ihrem Buch zugewandt und die Blicke und das Flüstern ignoriert. Fast, als würde sie im reifen Alter von sieben Jahren auf solche Dinge nicht mehr achten, oder als hätte sie es möglicherweise nie getan. Vielleicht interessierte es sie auch einfach nicht, was andere über sie dachten.
Den Rest des Tages hatte er keine Ruhe gegeben, bis sie ihn mit zu sich nach Hause genommen hatte. Und seitdem waren sie Freunde. Er hatte es immer gewusst. Nicht, dass sie eine Meerjungfrau war, aber selbst als Kind war
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