Davidson, Mary Janice - Unter Wasser liebt sich's besser
würde.
„Das braucht seine Zeit“, sagte er, als habe er ihre Gedanken gelesen. „Aber wenn du unser Volk kennst, Fredrika, weißt du, dass es den meisten von uns daran nicht mangelt. Relativ gesehen“, ergänzte er mit einem um Entschuldigung bittenden Blick auf Thomas und Jonas.
„Sie sollten bei Fred wohnen, solange Sie noch an der Versöhnung arbeiten“, sagte Jonas. „Fred hat genug Platz.“
Fred hätte beinahe die Coladose, die sie sich gerade an die Lippen gesetzt hatte, zwischen den Fingern zerdrückt. „Wie bitte?“ Das wurde ja immer schöner!
„Ich möchte natürlich niemandem zur Last fallen“, sagte ihr Vater hastig. Jetzt fühlte Fred sich schuldig. Was sie wiederum ärgerte.
Was sie wiederum wütend auf Jonas machte. Genug Platz! Sehr lustig. Wenn sie richtig gerechnet hatte, war noch genau ein Zimmer frei … das sie jetzt gleich ihrem bis vor Kurzem verschollenen Vater anbieten würde. Sie hatte es doch gewusst: Es war ein großer Fehler gewesen, ein Vier-Zimmer-Haus zu mieten.
Von Vorteil war allerdings, dass nun kein Zimmer mehr für einen weiteren Überraschungsgast übrig war. Das war’s. Wahrscheinlich. Vielleicht.
„Du bist keine Last“, log sie und wünschte, sie hätte den Mumm, Jonas jetzt gleich in den Pool zu werfen. „Wir können, Uli …“ Was machten denn Väter und Töchter so miteinander? Würde er ihr das Autofahren beibringen? Herrje, er würde sich doch nicht berufen fühlen, ihr von den Bienchen und den Blümchen zu erzählen, oder? „Erster Stock, letzte Tür zur Linken.“
„Wenn ihr mich dann entschuldigen wollt, ziehe ich mich zurück.“ Farrem erhob sich so schnell, dass sie es beinahe nicht gesehen hätten, und verbeugte sich. „Habt Dank für die freundliche Begrüßung, das Mahl, die Unterhaltung und eure liebenswürdige Gastfreundschaft.“
Sie sahen ihm hinterher, als er die Treppe hinaufstieg. Dann beugte sich Thomas vor zu ihr und sagte: „Dein alter Herr hat Stil.“
„Ich frage mich, ob er genauso höflich war, als er versucht hat, den König zu töten.“
„Komm schon, Fred.“ Jonas schnappte sich ihre Coladose und nahm einen großen Schluck daraus. „Er hat es doch selbst gesagt – als er jung war, war er ein echter Dreckskerl. Das scheint in der Familie zu liegen.“
„Wie würde es dir gefallen, wenn ich dich jetzt in den Pool werfen würde? Aus dem zweiten Stock? Durch das geschlossene Fenster?“
Er tat, als würde er ihre Drohungen nicht hören – so wie er es schon die letzten Jahrzehnte getan hatte. „Das war vor dreißig Jahren. Heute tut es ihm leid. Aber das ist noch nicht einmal das Wichtigste.“
„Oh, klär uns doch auf, Jonas.“ Sie entriss ihm die Coladose. „Was ist denn das Wichtigste?“
„Wir müssen entscheiden, ob wir Moon anrufen oder nicht.“
Ihre Mutter! Oje. Jonas hatte ausnahmsweise mal recht. Ihr wurde ganz blümerant, als sie an den bevorstehenden Anruf dachte.
Und den Besuch.
Besser, sie brachte es gleich hinter sich.
18
„So!“, sagte Moon Bimm energisch. Sie und ihr Mann Sam hatten vom Flughafen einen Leihwagen genommen. „Was soll das alles, Fred? Warum hast du am Telefon so geheimnisvoll getan? Wenn du dich bloß davor drücken willst, Jonas bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen, dann kannst du es gleich vergessen.“
„Aber woher weißt du, dass Jonas …“
„Er hat mich angerufen.“
„Wie bitte?“
Moon machte ein überraschtes Gesicht. „Er ruft mich fast jede Woche an.“
„Oh, um Himmels willen …“
„Hast du Kräutertee da?“
„Nein, ich habe aber Bier und Limonade.“
„Fred, wie kannst du nur so wenig auf deinen Körper achten. Er ist ein Tempel, ein Geschenk – vor allem deiner! Wasser und Salat: So zeigst du deinem Körper am besten, wie dankbar du für dieses heilige Gefäß bist.“
Fred biss die Zähne aufeinander. Moon hatte ihre Hippie-Ansichten nie ganz abgelegt, was sehr nervig sein konnte. Zudem war sie eine reiche Hippiedame, so paradox das auch klang. Sam stammte aus einer wohlhabenden Familie.
Und – auch wenn sie es Jonas gegenüber nie zugeben würde -ihre Mutter sah für eine Fünfzigjährige blendend aus: klein, hübsch, mit silbernen Strähnen im schulterlangen blonden Haar, mit den Rundungen an den richtigen Stellen, Lachfältchen und einem fast nie erlöschenden Lächeln. Sie kleidete sich nicht wie die Frau eines Millionärs, sondern zog verwaschene T-Shirts und Jeans vor.
Sam, Freds Stiefvater, war so
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