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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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ungeduldig; sie waren durch. Jetzt blieb nur noch die Leibesvisitation. Das Handgepäck wurde durch ein Röntgenauge gezogen. Davina sah ihre teure Handtasche aus braunem Leder in der Maschine verschwinden und auf der anderen Seite wieder auftauchen. Keiner der Passagiere besaß eine so elegante Tasche. Sie fiel unter den Plastiktaschen und schäbigen Gepäckstücken auf; auch die Aktentaschen der reisenden Geschäftsleute waren von minderer Qualität. Ich hätte das Ding nie annehmen sollen, dachte sie plötzlich, die Handtasche fällt schon von weitem auf.
    »Hier durch«, wies sie jemand an, und sie schritt durch das Metallsuchgerät, worauf sie von einer uniformierten Beamtin des Sicherheitsdienstes abgetastet wurde. Harrington war vor ihr und wartete. Sie ging auf ihn zu, und er ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    »Braves Kind«, murmelte er. »Du warst großartig. Hier ist deine Handtasche.«
    Sie nahm sie ihm ab und stellte sie unter ihren Stuhl.
    »Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine solche Angst gehabt«, sagte sie. »Als die Papiere geprüft wurden, habe ich gezittert wie Espenlaub.«
    »Das gehört zu ihrer Methode«, sagte er. »Ich hätte dich warnen sollen. Sie haben es gern, wenn die Leute sich fürchten. Ich muß schon sagen – Langham Place versteht sich aufs Fälschen von Ausweisen.«
    »Ich habe gesehen, wie die Leute meine Handtasche betrachteten«, sagte sie. »Ich hätte sie gar nicht mitnehmen sollen. Niemand hatte irgendwelche Waren aus dem Westen.«
    »Reg dich nicht auf«, flüsterte er. »Das bildest du dir nur ein. Die Leute bringen Luxusartikel mit, wenn sie in den Ostsektor zurückkehren.«
    »Kann ich sie nicht einfach hier stehen lassen? Es ist nichts drin außer Make-up und Papiertaschentücher –«
    »Das würde erst recht die Aufmerksamkeit auf uns richten«, sagte er. »Keine Frau, die noch alle fünf Sinne beisammen hat, vergisst eine Handtasche, die fünfhundert Mark gekostet hat. Also, hör bitte mit dem Gejammer auf.« Er klang echt verärgert.
    »Tut mir leid«, sagte Davina, »ich bin bloß nervös, das ist alles.«
    Fünfzehn Minuten später saßen sie angeschnallt an Bord des Iljuschin-Jets und begannen einen zwölf Stunden dauernden Flug, der um drei Uhr morgens durch eine Zwischenlandung unterbrochen werden sollte. Die große Maschine rollte ans Ende der Startbahn; Peter Harrington ergriff Davinas Hand.
    »Beruhige dich jetzt«, sagte er in sanftem Tonfall. »Wir sind unterwegs.«
    Der Jet gewann rasch an Tempo auf dem dunklen Rollfeld, das von den hellen Landelichtern eingesäumt war. Die Maschine hob ab und stieg gleichmäßig in die Dunkelheit hinauf. Davina schaute durch das Fenster auf die blinkenden Lichter der Groß-Stadt hinunter, die allmählich kleiner wurden und schließlich ganz verschwanden.
     … Russland … das Russland von dem Sasonow liebevoll wie ein Dichter gesprochen hatte, weil er meinte, jeder Mensch müsse das Bedürfnis haben, sich mit seiner Heimat zu identifizieren. Sie flogen auf die Krim. Er hatte ihr einmal den unglaublichen Teppich aus Frühlingsblumen geschildert, der sich dort bis in die Unendlichkeit auszudehnen schien. Er hatte von den glitzernden Wellen des Schwarzen Meeres erzählt, die an kilometerlange Strände schlugen, von den Kiefernwäldern, dem subtropischen Klima und der herrlichen Vegetation … Dort hatte er seine Flitterwochen verbracht – mit Fedja. »… Wenn ich dir Russland zeigen könnte«, hatte er zu ihr gesagt, »dann würdest du begreifen. Vielleicht fährst du eines Tages hin. Dann wirst du an mich denken.«
    Sie entzog Harrington die Hand und wandte den Kopf, um aus dem kleinen Fenster in die Finsternis hinauszuschauen. Als die Stewardeß fragte, was sie trinken wollten, mußte er sie zweimal anstoßen, bevor sie ihn bemerkte.
    Poliakow sah Irina Sasonowa über seine gefalteten Hände hinweg an. Sie tranken Tee, und er lehnte sich, mit den Ellbogen auf der Tischplatte, zu ihr hinüber.
    Er hatte von den Studenten Bemerkungen aufgeschnappt. Einige waren so laut gewesen, daß er sie hören mußte. Wenn er Irina nach der Vorlesung zurückhielt, würde das Gerede noch schlimmer werden. Sie war entweder seine Lieblingsstudentin, oder es bahnte sich hier ein Liebesverhältnis an, das zwischen Dozent und Studentin an der Universität verboten war. Er hatte einen Zettel in ihr Buch gelegt und sie gebeten, ihn in einem Café in der Nähe der großen Buchhandlung auf dem Roten Platz zu treffen. Er fand,

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