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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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fuhr Sasonow fort.
    »Ich möchte mich lieber nicht festlegen, bevor ich nicht Spencer-Barrs Erklärung gehört habe«, sagte Kidson nach kurzer Pause. »Es muß eine Erklärung dafür geben.«
    »Gewiß«, sagte Sasonow. »Aber er ist nicht hier, sondern in Russland, und leitet eine Fluchtoperation für meine Tochter. Kann der Chauffeur schneller fahren?«
    »Erst wenn wir auf der Autobahn sind. Wir werden etwas über eine Stunde brauchen.«
    »Ich muß mir die Akten noch einmal ansehen«, murmelte Sasonow. »Irgend etwas ist mir entgangen. Die Antwort auf eine meiner Fragen … Nein, warten Sie einen Augenblick. Wo liegt dieses Lokal – Jules' Bar?«
    Kidson sah ihn verständnislos an.
    »In der Jermyn Street. Warum?«
    »Sagen Sie dem Mann, er soll uns dorthin fahren«, sagte Sasonow. »Schnell!«

11
    Am späten Nachmittag erhielt Spencer-Barr eine Antwort aus London. Er wurde in den Chiffrierraum gerufen, wo er vom Leiter der Chiffrierstelle das entschlüsselte Telegramm erhielt. »Ihre Meldung erhalten. Schnelles Handeln erforderlich. Treff mit Tochter auf 25. vorverlegt. Abreise am selben Tag. Daniel kontaktieren und einweisen. Einzelheiten folgen.«
    Jeremy gab die Nachricht zurück. Sie trug den Vermerk: »Streng geheim – nach Kenntnisnahme vernichten.« Sie wanderte in den Aktenwolf.
    »Vielen Dank«, sagte er zu dem Angestellten und ging wieder hinaus. Er begab sich in sein eigenes, kleines Arbeitszimmer und bat seine Sekretärin, ihm eine Tasse Tee zu holen. Als er allein war, saß er eine Weile regungslos am Schreibtisch. Dann nahm er einen Kugelschreiber in die Hand und begann, leise auf die Tischplatte zu klopfen. Das Mädchen kam mit dem Tee zurück. Sie hatte auch ein paar Kekse mitgebracht. Sie fand Spencer-Barr faszinierend und erwies ihm kleine Aufmerksamkeiten, um sich bei ihm lieb Kind zu machen. Er hatte sie seit seiner ersten Sightseeing-Tour in Moskau nicht mehr ausgeführt, und sie war enttäuscht. Er lächelte sie an.
    »Kekse? Das ist aber wirklich nett von Ihnen, Jane. Welche gesellschaftlichen Verpflichtungen habe ich heute abend?«
    Sie warf einen Blick auf seinen Terminkalender.
    »Hier haben wir einen Empfang«, sagte sie. »Und dann ist da noch ein Dinner mit kleinem Konzert in der französischen Botschaft. Sie müssen an beiden Veranstaltungen teilnehmen.«
    »Hart für die Leber, diese Art von Leben«, sagte er. Sie kicherte verständnisinnig.
    Er hatte aus London einen langen Brief von seiner Freundin Mary erhalten. Er hatte noch nicht geantwortet und fühlte sich schuldbewusst. Der Brief war ganz Mary: vernünftig, liebevoll und ohne irgendwelche Forderungen. Sie schrieb, sie habe sich nach einer Intourist-Reise für den Herbst nach Moskau erkundigt, da sie ihn gerne wieder sehen wollte. Seine Dienstzeit in Moskau würde ja wohl die üblichen zwei Jahre dauern. Er sah die Sekretärin an und dachte an Mary. Er vermißte sie tatsächlich. Wenn es ihm gelang, diesen Einsatz erfolgreich abzuschließen, könnte er vielleicht immer noch nach New York gehen … oder sogar nach Washington. Washington wäre ihm lieber …
    Der 25. war schon in acht Tagen. London hatte den Ablauf der Operation auf sein Telegramm hin offensichtlich beschleunigt. Aber er hatte noch keine Details. Das war eine verdammte Nachlässigkeit, fand er. Bei solchen Operationen mußte doch alles bis in die letzten Einzelheiten vorher ausgearbeitet worden sein. Harrington und Davina Graham warteten in Lavidia. Die Tochter mußte einen Ausweis bekommen, um Moskau verlassen zu dürfen. Er geriet unter Zeitdruck. Gott sei Dank hatte er das Telegramm noch vor dem heutigen Empfang erhalten. Er verließ sein Arbeitszimmer vorzeitig und ging in seine auf dem Botschaftsgelände befindliche Wohnung, um zu duschen und sich umzuziehen.
    Poliakow hatte den Busfahrschein in dem Buch gefunden. Am folgenden Tag traf er Spencer-Barr an dem für Notfälle vereinbarten Treffpunkt, in der Naturwissenschaftlichen Ausstellung auf der Wolgograd-Allee. Es war ein großes, weitausladendes, modernes Gebäude mit einer Reihe kleiner Innenhöfe, die die verschiedenen Abteilungen voneinander trennten. Poliakow begab sich um drei Uhr zu dem Teil, der der Atomenergie gewidmet war. Er fand Spencer-Barr, der sich gerade ein aus Molekülen und den dazugehörenden Atomen bestehendes Modell ansah. Es sah wie ein kompliziertes Spielzeug aus – mit seinen farbigen Kugeln und den ovalen und ausgeklügelten Strukturen. Spencer-Barr wandte nicht

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