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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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sprang von seinem Stuhl auf und schlug sich die geballten Fäuste gegen die Stirn. Es war die uralte Art, ohnmächtige Wut zum Ausdruck zu bringen.
    »Ich bringe ihn um«, schrie er wieder. »Ich gehe zurück und reiße ihm dafür den Kopf ab – mit diesen meinen Händen!«
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Kidson leise. »Das können Sie nicht tun. Sie kommen nur über uns an Wolkow heran.«
    Sasonow hatte ihn anscheinend nicht gehört. Er war ins Russische verfallen, und Teile seines Ausbruchs waren schwer zu verstehen, weil er über die Worte stolperte. »Fedja, Fedja …« Kidson verstand die ständige Erwähnung des Namens von Sasonows Frau. Er klopfte seine Pfeife aus und stand auf. Er legte dem Russen den Arm auf die Schulter.
    »Ruhig«, sagte er wieder. »Fassen Sie sich. Wir müssen Ihre Tochter retten. Sie sind der einzige Mensch, der uns jetzt dabei helfen kann. Setzen Sie sich, und ich hole uns beiden einen Drink.«
    Sasonow schob ihn beiseite, ließ sich aber dann wieder in seinen Sessel fallen und nahm das Fernschreiben erneut in die Hand. Kidson reichte ihm ein Glas Brandy. Er trank es in einem Zuge aus. Dann sah er zu dem Engländer auf.
    »Kolyma ist der Tod«, sagte er auf englisch. »Wolkow weiß, daß ich mir darüber im klaren bin. Keinen Brandy mehr, ich muß nachdenken. Ich muß mich in ihn hineinversetzen und herausfinden, was er denkt.«
    Er stand auf und ging im Zimmer hin und her, von der Tür zum Fenster und wieder zurück. Dann blieb er plötzlich stehen und begann erneut ruhelos herumzuwandern. Kidson hatte ein kleines Gläschen Brandy vor sich stehen.
    »Wir müssen uns noch einmal überlegen, wie alles angefangen hat«, sagte Sasonow. »Anlass war meine Beziehung zu Belezky. Meine Freundschaft mit ihm war bekannt, ich habe keinen Hehl daraus gemacht. Ich versuchte ihm zu helfen, als er verhaftet wurde, aber ich habe ihm immer geraten, sich schuldig zu bekennen und auf Gnade zu hoffen. Auch das war bekannt. Aber er war für Wolkow eine sichere Beute, und Wolkow wollte ihn vernichten. Deshalb steckte er ihn in die Nervenklinik, und das hat ihn umgebracht. Seine Frau wurde ins Gulag verschickt. Die anderen wurden verhaftet und auf dieselbe Art und Weise bestraft. Wolkow hatte den inneren Kreis der sowjetischen Dissidenten aufgebrochen. Er ist ein ehrgeiziger Mann: er liebt die Grausamkeit und er liebt die Macht. Er will den höchsten Punkt seiner Karriere erklimmen – er will Chef des Staatssicherheitsapparates werden. Er will als Leiter des KGB einen Sitz im Politbüro bekommen. Seine Ambitionen sind allgemein bekannt, und der gegenwärtige Chef des KGB ist nicht mehr jung. Er muß nächstes Jahr in den Ruhestand treten. Aber diesen Posten muß man sich verdienen. Nur ein Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten kann auf solch eine Ernennung hoffen. Wolkow muß also seine Tüchtigkeit unter Beweis stellen. Zunächst hat er festgestellt, daß ich in den Westen übergelaufen bin und in England versteckt gehalten werde. Der Anschlag auf Ihr Versteck in Halldale ist der Beweis dafür. Aber er schlug fehl, auch das weiß er. Dann fand er einen Vorwand, um meine Frau zu verhaften. Warum? Nicht weil sie, wie man von ihr erwartete, die Unwahrheit sagte und mich als den Toten identifizierte – die Sowjetregierung ließ den Leichnam daraufhin offiziell beisetzen. Ihre Verhaftung gehört zu Wolkows Plan, mich zur Rückkehr in die UdSSR zu bewegen. Aus demselben Grund schläft er mit Irina. Er weiß, wie ich darauf reagieren werde. Alles, was er tut, ist gegen mich gerichtet – sehen Sie das denn nicht?«
    »Wieso glaubt er, daß wir Sie gehen lassen könnten?« fragte Kidson.
    Sasonow zögerte.
    »Ich glaube, er denkt an einen Austausch«, sagte er langsam.
    »Er glaubt, Sie veranlassen zu können, mich auszuliefern. Und er kann es, weil er hier einen Agenten hat – denselben Agenten, der den Brandanschlag plante, den Agenten, der weiß, daß sich Irina mit mir in Verbindung setzen kann. Dieser Agent hat ihm gemeldet, daß wir Irina aus der Sowjetunion herausholen wollen. Wieviel er Wolkow darüber gesagt hat, hängt davon ab, wer er ist. Und wo er ist.« Er sah Kidson an. »Deshalb muß ich ihn finden. Sonst behält Wolkow die Oberhand.«
    »Erinnern Sie sich noch an Davina Grahams Schwester?« fragte Kidson. »Ja«, antwortete Sasonow stirnrunzelnd. »Ich entsinne mich. Warum?«
    »Weil ihr etwas aufgefallen ist«, sagte Kidson. »Ihr Vater suchte den Chef auf. Er machte sich Sorgen

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