Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
Vom Netzwerk:
Mutter diesen Text nie aus freien Stücken geschrieben hätte.
    Sie weinte nicht. Sie faltete das Blatt zusammen, steckte es wieder in den Umschlag und trank ihre Milch aus. Dieser Brief würde ihren Vater zurückbringen; Wolkow hatte sehr gut verstanden, die Bestandteile des Briefes geschickt miteinander zu kombinieren. Aber er kannte nicht die Bedeutung der Unterschrift – ›deine Frau und dein Mütterchen‹ … »Glaube nichts, wenn ich schreibe ›Mütterchen‹ … Es wird eine Lüge sein.« Fedja hatte sie bei ihrem letzten Gespräch vorgewarnt, da sie wußte, was ihr bevorstand.
    »Ich könnte ihn umbringen«, murmelte Irina vor sich hin. »Ich möchte ihn bitten herzukommen, und ihn dann im Schlaf erstechen. Ich möchte ihm Gift geben, um seine Todesqualen zu verlängern.« Sie reinigte das Glas, schaltete das Licht aus und ging in das Zimmer ihrer Eltern. Sie blieb stehen und blickte auf das Bett. Wolkow hatte es besudelt. Er hatte sie an dem Ort missbraucht und gedemütigt, wo ihre Eltern sich geliebt hatten. Sie schloß die Tür und ging in ihr eigenes Zimmer.
    In fünf Tagen war sie auf der Krim, und Alexei Poliakow würde bei ihr sein … in fünf Tagen. Schließlich schlief sie ein.
    Es war sechs Uhr morgens, und die Sonne war aufgegangen. Der helle Gesang aller Vögel war verstummt, während die Morgendämmerung dem vollen Tageslicht wich. Man konnte die Vorhänge zurückziehen und das Licht ausmachen. Im Konferenzzimmer hing dichter Zigarettenrauch, und die am Ende des langen Tisches sitzenden Männer sahen müde und abgespannt aus. Vor Sasonow lagen Papierstöße und ein Aschenbecher voll halbgerauchter Zigaretten. Daneben stand ein Tablett mit leeren Kaffeetassen und einer lauwarmen Kanne. Zu beiden Seiten des Russen saßen Grant, der Brigadier und Kidson.
    »Da haben Sie ihren Doppelagenten«, sagte Sasonow.
    »Und wir haben ihn in die Sowjetunion geschickt«, sagte James White langsam und kühl. Er wandte sich Grant zu.
    »Hier haben Sie versagt«, erklärte er, »er ist nie ordnungsgemäß durchleuchtet worden.«
    Grants gelbliche Gesichtsfarbe wurde von leichter Röte überzogen. »Seine Vergangenheit war makellos«, sagte er. »Ich habe nur getan, was mir vernünftig schien. Wir hatten keinerlei Hinweise, daß er verdächtig sein könnte.«
    »Dafür sprach vieles«, fuhr Sasonow ihn an. »Anzeichen dafür gab es genug – Sie haben sie nur nicht genau genug überprüft! Was werden Sie jetzt tun, Brigadier, um Vina und meine Tochter zu retten?«
    Einen Augenblick trat Stille ein, dann schaltete sich Kidson in ruhigem Ton ein: »Wenn Ihre Theorie stimmt, wird Ihre Tochter bei dem Versuch, das Land zu verlassen, verhaftet, und der ahnungslose britische Agent wird als Geisel festgesetzt, damit Ihre Auslieferung erzwungen werden kann. Wolkow hat dann alle Trümpfe gegen uns in der Hand und eine starke Handhabe, um Sie zur freiwilligen Rückkehr zu zwingen. Nach Ihrer Lagebeurteilung wird er mit Sicherheit zum Chef des KGB ernannt, wenn Keremow im Dezember pensioniert wird.«
    »Und unser Verräter kommt zurück und wühlt im Untergrund weiter«, sagte der Brigadier. »Aber wir haben ihn inzwischen entlarvt. Ich würde ihn gern zurückhaben und ihn hierher zu einem Wochenende auf dem Land einladen.« Er sah Sasonow unverwandt an. »Wie wird Wolkow das Finale ablaufen lassen?«
    »Wie? Ich bin mir nicht sicher, aber er wird alle in seinem Netz auf der Krim zusammentreiben. Er ist ein Mann, der gern mit Menschen spielt.«
    »Wie viele, vermuten Sie, wird er ins Vertrauen ziehen?« fragte Grant. »Arbeitet er eng mit seinen Vorgesetzten zusammen? Wieviel vertraut er seinen Untergebenen an?« Er sah Sasonow aufmerksam an.
    Der Russe runzelte die Stirn. »Er arbeitet, soweit es geht, im Alleingang«, sagte er. »Auf diese Weise kann er Risiken eingehen und eventuelle Fehlschläge vertuschen. Er gibt Informationen nur ungern an andere weiter, weil er im Erfolgsfall dann auch das Lob mit anderen teilen muß.« Er hielt inne. »Seine Untergebenen kennen die Zusammenhänge nicht; sie führen nur seine Weisungen aus. Er wird seinen Plan vor allen geheim halten.«
    »Einschließlich des Doppelagenten?« fragte Kidson.
    Sasonow nickte. »Der Doppelagent bekommt seine Anweisungen. Mehr nicht.« Wieder trat Stille ein.
    Er hob den Kopf und sah den Brigadier an.
    »Warum haben Sie Vina nach Russland fahren lassen?«
    James White erwiderte seinen Blick mit freundlichem Gesicht. »Sie hat darum gebeten. Sie

Weitere Kostenlose Bücher