Davina
zu werden, ganz ungemein. Wir müssen sofort handeln.«
»Wolkow wird Vina und meine Tochter festsetzen«, sagte Sasonow. »Ebenso wie meine Frau. Er wird das Angebot machen, sie freizulassen, und Vina im Austausch mit mir abschieben. Er kennt mich gut; er weiß, daß ich meine Frau liebe, und er weiß, wie ich auf das reagieren werde, was er meiner Tochter angetan hat. Und er wird bald entdecken, wieviel Vina mir bedeutet. Sie müssen sich einverstanden erklären, Brigadier. Sie müssen mich zurückschicken. Ich werde Ihnen alles geben, was ich kann, aber wenn die Operation nicht gelingt und sie verhaftet werden, müssen Sie mir versprechen, daß Vina gegen mich ausgetauscht wird.«
White sah ihn einen Augenblick nachdenklich an; schließlich nickte er. »Also gut; ich verspreche es Ihnen. Ich werde eventuell Schwierigkeiten mit unserem Innenminister bekommen, aber wenn er glaubt, das Ganze geschehe auf freiwilliger Basis … Sobald Ihre Frau und Ihre Tochter freigelassen sind und Miß Graham uns überstellt worden ist, werden wir Sie der anderen Seite übergeben. Unter einer Bedingung.«
»Unter welcher Bedingung?« fragte Sasonow.
»Daß Sie eine Zyankalikapsel bei sich haben und sich das Leben nehmen, sobald die Leute Hand an Sie legen. Noch etwas Kaffee?«
»Ich danke Ihnen«, sagte Sasonow. »Das wird kein Problem sein. Ohne meine Familie und ohne Vina will ich sowieso nicht weiterleben.«
»Ich glaube, unsere Fragen über Sasonow sind soeben beantwortet worden«, sagte der Brigadier. Er und Grant saßen in Kidsons Zimmer; sie hatten gebadet und ein Frühstück zu sich genommen. Grant sah nach der schlaflosen Nacht noch grüner aus als sonst. Aber James White hatte rosige Wangen und wirkte frisch. Seine Energie erstaunte Kidson, der ihn noch nie übermüdet gesehen hatte.
»Die Anspannung, seine Aussagen, die er im Gewalttempo machte«, fuhr der Brigadier fort. »Alles Zeichen eines inneren Konflikts, genau wie Sie sagen, John. Aber nicht, weil er uns eine Rolle vorspielte. Er offenbarte uns alles, was ihm nur einfiel, weil er Miß Graham liebt. Und sie war, mit seiner Tochter, eine Art Faustpfand des Schicksals. Je mehr er seine Heimat und seine alten Treuegelöbnisse verriet, desto mehr würden sie, glaubte er, in Sicherheit sein, ist das nicht seltsam?«
»Merkwürdig, wie ein so hochintelligenter Mensch so primitiv reagieren kann«, meinte Grant. »Es beweist nur, wie unendlich abergläubisch der russische Charakter ist.«
»Das trifft nicht nur auf die Russen zu«, sagte Kidson. »Der Wunsch, die Götter zu versöhnen, ist allen Menschen gemeinsam. Der Heide kommt bei verschiedenen Menschen in verschiedener Form zum Vorschein.«
»An mir selbst merke ich das eigentlich nicht«, gab Grant zurück. »Auch nicht an Ihnen …«
James White sagte: »Und wer hätte gedacht, daß Davina Graham eine so starke Wirkung auf einen Mann ausüben könnte? Ich hätte nie geglaubt, daß Sasonow sich wirklich für sie interessierte. Verstehen Sie das, John?«
»Nein. Ich habe sie nie für attraktiv gehalten«, sagte Kidson. »Aber ich habe sie auch nie wirklich kennen gelernt. Keiner von uns. Tatsache ist, daß es einen Mann gibt, der ohne sie nicht weiterleben will. Es liegt auf der Hand, Sir, daß wir unsere Pläne bezüglich des Fluchtwegs ändern müssen. Durch Harrington ist unsere ganze bisherige Planung verraten worden. Das KGB wartet nur darauf, Irina Sasonowa und Davina Graham hochgehen zu lassen. Welche Rolle Harrington dabei spielt, bleibt abzuwarten. Der entscheidende Punkt ist folgender: falls diesen beiden Frauen irgend etwas zustößt, wird sich Sasonow stellen und Selbstmord begehen. Wodurch wir in die schwerwiegendste politische Krise seit dem Bau der Berliner Mauer geraten: sowjetische Pläne zur Gewinnung der Vorherrschaft in den Ölgebieten am Golf und letzten Endes ein Atomschlag gegen die Vereinigten Staaten. Und dann haben wir niemanden mehr, der uns die weitere Entwicklung aufgrund seiner intimen Kenntnis der anderen Seite interpretieren könnte. Wir können auf Sasonow an unserer Seite nicht verzichten. Und das heißt, wir müssen gewährleisten, daß wenigstens eine der beiden Frauen nach England gelangt. Was schlagen Sie vor, Grant? Dies fällt in Ihre Zuständigkeit.«
»Ich schlage vor«, sagte Grant bedächtig, »daß wir die Risiken halbieren. Wir werden den ursprünglichen Plan mit der Flucht über die Krim fallenlassen. Wir können die Tochter zum Beispiel über Polen und
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