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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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foltern lassen …«
    Poliakow strich ihr über die Haare und tröstete sie. Sein blasses Gesicht und seine dunklen Haare verliehen ihm im wechselnden Mondlicht ein geisterhaftes Aussehen. Er flüsterte ihr Liebesworte zu und hielt sie eng an sich gedrückt. Er war von Natur aus ein sanftmütiger Mann, in mancher Hinsicht sogar furchtsam – ein Mann des Geistes, der jede Gewalttat verabscheute. Er hob Irinas Gesicht zu sich empor und küßte sie.
    »Lass dir den Ausweis von ihm geben«, sagte er. »Fahr nach Livadia, und diese Leute werden dich aus Russland hinausbringen. Mehr brauchst du nicht zu tun. Und denk an nichts anderes.«
    »Ich lasse dich nicht zurück«, flüsterte sie. »Ich bitte ihn um zwei Ausweise. Wir können zusammen fahren. Wenn er nein sagt, fahre ich auch nicht«, fügte sie trotzig hinzu. »Er will meinen Vater zurückhaben! Wenn ich den Mut aufbringe, wenigstens dieses eine Mal, bringe ich dich auch hinaus. Nein, bitte jetzt keine Widerrede.« Sie legte ihm die Hand auf den Mund. Sie war stärker als er, vom Charakter her tapferer. Er liebte sie darum um so mehr. Seine Begierde erwachte, als er die Berührung ihrer Fingerspitzen auf seinen Lippen spürte. Er wollte mit ihr nicht streiten; er wollte sie lieben und die Erinnerung daran in seinem Herzen bewahren. Er zog sie zu sich herunter, und unter dem dunklen Nachthimmel gaben sie sich einander hin; Zeuge war nur der Mond, als er hinter den Wolken hervortrat.
    Zwei Ausweise … Antoni Wolkow wußte, wie er andere Menschen unauffällig unter Beobachtung halten konnte. Er fand Irina Sasonowa als Zielperson zunehmend interessanter. Seine Einstellung zu ihr war die des Meisters zu seiner Marionette gewesen. Er hatte kein Verständnis für unerotische Frauen, und wenn er einer begegnete, die klug und ehrgeizig war, konnte er sie nicht leiden. Er blockierte die Beförderung von Frauen in seinem Dienstbereich. Irina schien ganz normal zu sein; sie war zwar intelligent, ließ sich aber leicht verängstigen und zur Unterwürfigkeit zwingen, sobald die Tünche der Feministin von ihr abgefallen war. Aber sie überraschte ihn dennoch, sie überraschte ihn durch ihre Beharrlichkeit. Sobald er glaubte, sie völlig in die Knie gezwungen zu haben, entdeckte sie neue Reserven und neuen Mut in sich selbst. Dann griff sie ihn sogar an … Zwei Ausweise.
    Einige Minuten lang sagte er gar nichts. Sie saßen an seinem Stammtisch im Restaurant zum ›Bären‹, und sie sah hübscher aus denn je.
    »Warum zwei Ausweise? Wer fährt mit dir?« fragte er schließlich.
    »Mein Dozent«, sagte Irina. »Mein Geliebter – mein Geliebter, der mir gezeigt hat, was Liebe bedeutet …« Sie trank einen Schluck Wein und wünschte, sie hätte Wolkow den Inhalt des Glases ins Gesicht schütten können. Sie hätte es nicht für möglich gehalten, Wolkow noch mehr hassen zu können. Aber es schien, daß der Hass im Verhältnis zu ihrer Liebe zunahm.
    »Hat man dir gesagt, du solltest ihn mitbringen?« fragte Wolkow ruhig. Lächelnd wartete er auf ihre Antwort. Sie war versucht, ja zu sagen. Fast hätte sie es getan. Aber da er schon so viel wußte, hätte er die Unwahrheit ohnehin erkannt. Die Wahrheit war zweckmäßiger.
    »Nein«, sagte sie. »Ich bitte ganz allein darum. Ich möchte, daß er mit mir kommt.«
    »Warum?« wiederholte er.
    »Weil ich nicht will, daß er verhaftet wird«, sagte Irina. Sie trank wieder von ihrem Wein, und er merkte, wie nervös sie war. Aber immer noch tapfer. Der Mut stand ihr im Gesicht geschrieben. Sie liebt diesen armen, kleinen Intellektuellen, dachte er bei sich und ärgerte sich einen Augenblick darüber.
    »Warum sollte ich ihn verhaften? Er kann keinen Schaden anrichten. Ich bin über ihn sowieso im Bilde.« Er zuckte verächtlich mit den Achseln.
    »Du wirst es nicht zulassen, daß er weiter gegen dich arbeitet«, sagte Irina. »Und da er unbedeutend ist, möchte ich, daß du ihn Russland verlassen läßt. Bitte, Antoni. Ich tue genau das, was du verlangst. Lass Alexei Poliakow mit mir nach Livadia fahren.«
    »Angenommen, ich sage nein«, gab er zurück. Sie stellte das Glas ab und lehnte sich zurück. Sie verschränkte die Hände unter dem Tisch, um ihre Nervosität zu verbergen.
    »Ich liebe ihn«, sagte sie. »Ich liebe ihn ebenso sehr wie meine Mutter. Ohne ihn fahre ich nicht.«
    Wolkow gab dem Kellner ein Zeichen. »Bring uns Kaffee«, sagte er. »Und polnischen Cognac.«
    »Ich gehe nicht«, sagte sie wieder. »Das ist mein

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