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Davina

Titel: Davina Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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mit. Der Fahrer war zwar wie ein Londoner Taxichauffeur gekleidet, aber er hatte eine Pistole bei sich. Er war ein hervorragender Schütze und in Karate ausgebildet. Sein Taxi gehörte zu etwa einem Dutzend Spezialfahrzeugen, die eingesetzt wurden, um sicherheitsmäßig hochgefährdete Passagiere über kurze Entfernungen zu transportieren.
    Auf dem Rücksitz betrachtete sich Davina im Spiegel ihrer Puderdose. Statt der praktischen Dinge wie Notizbuch und Kugelschreiber hatte sie in ihrer Handtasche jetzt lauter Gegenstände weiblicher Eitelkeit. Sie war zu der strengeren Frisur zurückgekehrt, die Sasonow nicht leiden konnte. Sie war blaß und abgespannt, aber ihr Spiegelbild mit der dunklen Schminke, die ihren großen Augen schmeichelte, war sorgfältig hergerichtet. Sie merkte gar nicht, wie sich ihr Äußeres verändert hatte, bis sie Whites Arbeitszimmer betrat und den anerkennenden Blick auffing, den dieser ihr zuwandte. Grant schaute sie prüfend an; sie hatten sich nie leiden können. Sie war zu reserviert und zu ehrgeizig; und er gab sich kühl und sarkastisch, wenn sie verschiedener Meinung waren. Dieser kleine Zank machte dem Brigadier keine Sorgen, denn er war der Meinung, es sei besser, kleine Zwistigkeiten zu dulden, wenn er die ihm unterstellte, sehr verschiedenartige Gruppe von hochintelligenten Individualisten fest in der Hand behalten wollte. Er schüttelte ihr herzlich die Hand. »Sie sehen sehr gut aus«, sagte er. »Ich hatte deutlichere Spuren von Strapazen bei Ihnen erwartet, da Sie so lange schon in dieser öden kleinen Wohnung eingesperrt sind. Und es ist wohl auch eine Strapaze.«
    »Allerdings, aber nicht für mich«, sagte Davina. »Aus diesem Grund habe ich auch, ohne Rücksicht auf die Tarnung, darauf bestanden, mit Ihnen zu sprechen. Sasonow läßt sich nicht länger hinhalten. Wir brauchen jetzt eine Antwort aus Moskau.«
    Sie sah ihn herausfordernd an. Er fand, daß Grant noch untertrieben hatte, als er ihm meldete, mit Davina Graham sei eine Veränderung vor sich gegangen. Die Art, wie sie mit steifem Rücken, leicht nach vorn geneigt, vor ihm saß und die Hände zu Fäusten geballt hatte, zeigte eher eine Widersacherin als eine Kollegin.
    »Könnten Sie das vielleicht etwas genauer erläutern?« warf Grant ein, »was wollen Sie damit sagen?«
    Sie drehte sich zu ihm um, und der intern gebräuchliche und so zutreffende Spitzname für ihn schoß ihr durch den Kopf. Der Unbestechliche. Er hatte das totenähnliche Gesicht eines Robespierre, mit der gleichen bleichen, farblosen Haut. Er würde kein Fünkchen Mitleid für Sasonow aufbringen. Er hatte noch nie auf menschliche Schwierigkeiten Rücksicht genommen, es sei denn, er konnte diese zum Vorteil seiner Abteilung in die Waagschale werfen. In seinen Augen war Sasonow lediglich eine der vielen Schachfiguren, die in der politischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West hin- und hergeschoben wurden.
    »Ich wollte damit sagen, daß er die Hoffnung aufgibt«, erklärte sie. »Er wird immer apathischer, unglücklicher. Früher war er rastlos und schwierig. Jetzt habe ich das Gefühl, daß er innerlich abstirbt.«
    Einen Augenblick trat Stille ein. Dann hüstelte der Brigadier leise.
    »Drücken Sie sich nicht etwas zu dramatisch aus?« fragte Grant. »Das Bild, das wir von Iwan Sasonow als Mitarbeiter des KGB gewonnen haben, paßt wenig auf den Menschen, den Sie hier schildern. Was sagten Sie – er stirbt innerlich ab? Soweit er betroffen war, besorgten andere für ihn das Sterben.« Davina fuhr herum und sah ihn kampflustig an.
    »Ja«, sagte sie, »Menschen wie der Dissident Jacob Belezky, der sein Jugendfreund war. Sein Tod hat Sasonow in den Westen überlaufen lassen. Er hätte für seine Mitarbeit jeden beliebigen Preis von uns fordern können. Ich denke an einige dieser Leute, die als Vorleistung unsererseits zunächst einmal eine halbe Million auf ein New Yorker Bankkonto verlangt haben. Er verlangt nichts als seine Frau und seine Tochter. Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe, und ich sollte es wirklich wissen, Humphrey. Ich bin jetzt seit vielen Monaten Tag und Nacht mit ihm zusammen.«
    »Ja«, warf der Brigadier leise ein, »Tag – und Nacht. Warum haben Sie nicht gemeldet, daß Sie mit ihm schlafen? Das war absolut gegen die Bestimmungen … und töricht.«
    Sie sah ihn kühl an. Sie hatte schon beim Betreten des Arbeitszimmers eine Attacke erwartet und gespürt, daß etwas in der Luft lag.
    »Sie waren derjenige, der

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