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"Davon haben wir nichts gewusst!"

"Davon haben wir nichts gewusst!"

Titel: "Davon haben wir nichts gewusst!" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Longerich
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Tag instruiert: »Englische und amerikanische Zeitungen befassen sich ausführlich mit der Judenfrage in Deutschland. Nicht beachten.« 209
    Am 9. Dezember brachte Goebbels auf der Konferenz seinen Unmut über Kundgebungen schwedischer Studenten gegen die deutsche Judenverfolgung zum Ausdruck, 210 und am 11. Dezember gab er die Weisung, man solle »nicht eingehen und in gar keiner Weise aufgreifen […] Meldungen über die Drangsalierung des polnischen Staates und über die Ausrottung der Juden.« 211
    Am 12. Dezember erklärte er mit geradezu entwaffnender Offenheit vor den Teilnehmern der Propagandakonferenz, dass die gegnerischen »Gräuelmeldungen« nicht dementiert werden könnten, und gab als neue Direktive den Gegenangriff aus: »Da die gegnerischen Nachrichten über die angeblichen deutschen Gräueltaten an Juden und Polen immer massiver werden, der Fall aber so liegt, dass wir nicht allzu viel an Gegenbeweisen anzuführen haben, empfiehlt der Minister, entsprechend dem Prinzip, dass der Angriff die beste Parade ist, von jetzt an ganz systematisch – gleichgültig, ob die Engländer etwas zu der Frage sagen oder nicht – unsererseits eine Gräuelpropaganda aufzumachen und unter allerstärkster Betonung über englische Gräueltaten in Indien, im Nahen Osten, in Iran, Ägypten usw., überall, wo Engländer sitzen, zu berichten. Genau wie die Engländer können auch wir uns dabei auf ganz vage Quellenangaben beziehen, indem etwa gesagt wird: ›Vertrauenswürdige Männer, die soeben aus Kairo in Lissabon eingetroffen sind, melden, dass soundsoviele führende Ägypter erschossen worden sind, usw.‹ Vor allem in den Auslandssendungen müssen Meldungen dieser Art in größtem Umfange herausgebracht werden; das Thema muss aber auch in der deutschen Presse behandelt werden, um die Dinge zum Tragen zu bringen. Der Minister ist der Ansicht, dass es auf diese Weise gelingen wird, die Engländer von ihrer Gräuelpropaganda abzubringen und sie in die Defensive zu drängen.«
    Eine Bemerkung des Staatssekretärs Gutterer, es würden sehr häufig Fotos von der Front in die Heimat geschickt, »auf denen am Galgen aufgeknüpfte Juden usw. zu sehen« seien, veranlasste Goebbels zu weiteren Auslassungen, die ein bezeichnendes Licht auf die Art und Weise werfen, wie er mit dem Bekanntwerden der »Endlösung« innerhalb Deutschlands umzugehen gedachte: »Der Minister wünscht, dass vom OKW aus zusammen mit unseren Stellen eine Aufklärungsschrift für die Truppe herausgegeben wird, in der noch einmal das verbrecherische Treiben der Juden, die die Kriegführung in der Wirtschaft und Rüstungsindustrie sabotierten, Partisanenbanden anführen, im Ausland Rachepläne gegen Deutschland schmieden, klargelegt wird.
    Abschließend muss dann in dieser Schrift etwa gesagt werden: ›Dagegen sind bestimmte Maßnahmen notwendig, ein solches Treiben können wir uns nicht gefallen lassen, sonst verlieren wir den Krieg. Es handelt sich hier nicht um eine Frage der Sentimentalität, sondern der reinen Zweckmäßigkeit. Entweder hängen wir die Juden auf, die unsere Kriegführung gefährden, oder die Juden hängen uns eines Tages auf. Diese Maßnahmen haben sich sowohl an der Front als auch im rückwärtigen Gebiet als notwendig erwiesen. Es ist nun sehr töricht, solche Dinge zu photographieren und nach Hause zu schicken, um sie so einem Publikum zu zeigen, das von den Gründen unserer Maßnahmen keine Ahnung hat. Das Publikum in der Heimat kann ja nicht wissen, dass ein Jude, der aufgehängt worden ist, vorher hinter einem Baum gesessen und auf einen deutschen Soldaten geschossen oder vielleicht bewusst geschlechtskranke Polinnen mit deutschen Soldaten zusammengeführt hat. Das alles weiß das Publikum ja nicht, sondern das sieht nur den aufgehängten Juden, mit dem Erfolg, dass sich dadurch wieder einmal eine unangebrachte Sentimentalität breit macht. Eine weitere Folge ist noch, dass auf irgendeine Weise durch Spitzel solche Fotos in die Hände des Feindes gelangen und diesem dazu dienen, eine wahnsinnige Gräuelpropaganda gegen Deutschland zu entfesseln. Ihr Soldaten schneidet Euch damit also nur ins eigene Fleisch.‹« 212
    In seiner Tagebucheintragung zum 12. Dezember 1942 ließ Goebbels erkennen, wie sehr ihn dieses Thema beschäftigte: »Die Frage der Judenverfolgungen in Europa wird von den Engländern und Amerikanern bevorzugt und in größtem Stil behandelt. Allerdings geschieht dies hin und wieder nicht mit der Tonstärke, die

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