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"Davon haben wir nichts gewusst!"

"Davon haben wir nichts gewusst!"

Titel: "Davon haben wir nichts gewusst!" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Longerich
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nicht in Erscheinung treten kann. Trotzdem ist der Antisemitismus natürlich der Churchill-Regierung außerordentlich unangenehm. Er ist den antisemitischen Bestrebungen vergleichbar, wie sie früher in Deutschland in den bürgerlichen Verbänden gepflegt wurden. Auch die hätten natürlich zu keinem Ziel geführt, wenn nicht die revolutionäre nationalsozialistische Bewegung sie aufgenommen hätte[...].« 35
    Einen ersten Höhepunkt der antisemitischen Propagandakampagne im Anschluss an Katyn markierte Goebbels’ Artikel »Der Krieg und die Juden« am 9. Mai 1943 im Reich . »Gewisse Kreise in Europa«, so begann Goebbels, »wollen und wollen nicht einsehen, dass dieser Krieg ein Krieg der jüdischen Rasse und ihrer Hilfsvölker gegen die arische Menschheit sowie gegen die abendländische Kultur und Zivilisation ist, dass deshalb auch in ihm alles, was uns Deutschen und Europäer als Verfechtern eines Prinzips der gesitteten Weltordnung lieb und teuer ist, auf dem Spiel steht.« Das »Judentum«, so der Tenor des Artikels, sei der eigentlich Schuldige an diesem Krieg; die Juden bildeten »überhaupt den Kitt, der die feindliche Koalition zusammenhält«. Die weiteren Ausführungen lassen wenig Zweifel daran, welches Schicksal das NS-Regime diesem Feind zugedacht hatte:
    »Es ist deshalb ein Gebot der Staatssicherheit, dass wir im eigenen Lande die Maßnahmen treffen, die irgendwie geeignet erscheinen, die kämpfende deutsche Volksgemeinschaft gegen diese Gefahr abzuschirmen. Das mag hier und da zu schwerwiegenden Entscheidungen führen, aber das ist alles unerheblich dieser Gefahr gegenüber. Denn dieser Krieg ist ein Rassenkrieg. Er ist vom Judentum ausgegangen und verfolgt in seinem Sinne und nach seinem Plan kein anderes Ziel als die Vernichtung und Ausrottung unseres Volkes. Wir stehen dem Judentum doch als einziges Hindernis gegenüber auf seinem Wege zur Weltherrschaft. Würden die Achsenmächte den Kampf verlieren, dann gäbe es keinen Damm mehr, der Europa vor der jüdisch bolschewistischen Überflutung retten könnte.«
    Weiter unten heißt es dann: »Kein prophetisches Wort des Führers bewahrheitet sich mit einer so unheimlichen Sicherheit und Zwangsläufigkeit wie das, wenn das Judentum es fertig bringen werde, einen zweiten Weltkrieg zu provozieren, dieser nicht zur Vernichtung der arischen Menschheit, sondern zur Auslöschung der jüdischen Rasse führen werde. Dieser Prozess ist von einer weltgeschichtlichen Bedeutung, und da er vermutlich unabdingbare Folgen mit sich ziehen wird, hat er auch seine Zeit nötig. Aber aufzuhalten ist er nicht mehr. […]
    Wir sprechen in dieser Frage ohne jedes Ressentiment. Die Zeit ist zu ernst, um naive Rachpläne zu spinnen. Es handelt sich hier um ein Weltproblem erster Ordnung, das von der heute lebenden Generation gelöst werden kann und auch gelöst werden muss. Hier haben sentimentale Erwägungen keinen Platz. Wir stehen im Judentum der Verkörperung des allgemeinen Weltverfalls gegenüber. Entweder brechen wir diese Gefahr, oder die Völker werden unter ihr zerbrechen. […] Als sie [die Juden] gegen das deutsche Volk den Plan einer totalen Vernichtung fassten, unterschrieben sie damit ihr eigenes Todesurteil. Auch hier wird die Weltgeschichte ein Weltgericht sein.«
    Am 9.Mai traf er wieder mit Hitler zusammen. In seinem Tagebuch notierte er zufrieden: »Der Fall Katyn hat dem Führer außerordentlich imponiert. Er hat auch dann wieder erkannt, welche ungeheuren Möglichkeiten heute noch in der antibolschewistischen Propaganda liegen. […] Sehr großen Wert legt der Führer auf eine schlagkräftige antisemitische Propaganda. Er sieht auch hier den Erfolg in der ewigen Wiederholung gegeben. Er ist außerordentlich zufrieden mit der Verschärfung unsrer antisemitischen Propaganda in Presse und Rundfunk.« Laut Goebbels füllte die antisemitische Propaganda 70 bis 80 Prozent der deutschen Auslandssendungen aus. »Der Antisemitismus hat nach Meinung des Führers besondere Chancen in England. Wenn er auch politisch und machtmäßig nicht ausgenutzt werden kann, so ist er doch in der Lage, ungeheuer viel Unruhe und Unzufriedenheit zu stiften und die Kluft zwischen Regierung und Volk zu vertiefen. Wir müssen hier nach genau denselben Prinzipien handeln, nach denen wir früher in der Kampfzeit gehandelt haben.« 36
    Am nächsten Tag, am 10. Mai 1943, betonte Goebbels in der Propagandakonferenz prompt, dass Hitler eine »eingehende Behandlung« der Judenfrage

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